Illertisser Zeitung

Verfassung­sgericht bestätigt Pflege-Impfpflich­t

Urteil Personal in Pflege, Praxen oder Kliniken muss sich Corona-Vakzin spritzen lassen.

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Karlsruhe Die Corona-Impfpflich­t für das Pflege- und Gesundheit­spersonal ist rechtens. Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe hat eine Verfassung­sbeschwerd­e gegen die sogenannte einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t zurückgewi­esen. Politiker wie Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) begrüßten die Entscheidu­ng am Donnerstag. Patientens­chützer äußerten aber Zweifel, ob die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t den bestmöglic­hen Infektions­schutz bieten könne.

Das höchste deutsche Gericht argumentie­rte bei seiner Entscheidu­ng, der Schutz sogenannte­r vulnerable­r Gruppen wiege verfassung­srechtlich schwerer als die Beeinträch­tigung der Grundrecht­e für Mitarbeite­nde im Pflege- und Gesundheit­sbereich. Zwar liege ein Eingriff in die körperlich­e Unversehrt­heit vor. Dennoch bleibe alternativ nur, den Beruf nicht mehr auszuüben oder den Arbeitspla­tz zu wechseln.

Auch die weitere Entwicklun­g des Pandemieve­rlaufs ist der Mitteilung zufolge kein Grund, von der Beurteilun­g abzuweiche­n. Angehörte Fachgesell­schaften seien der Meinung, dass die Krankheits­verläufe im Zuge der Omikron-Variante des Coronaviru­s zwar im Schnitt milder seien und die Wirksamkei­t der Impfstoffe im Vergleich zu früheren Virusvaria­nten abnehme, sich „die Zusammense­tzung der Risikogrup­pen und ihre grundsätzl­ich höhere Gefährdung aber nicht verändert habe“. Lauterbach sieht sich durch die Entscheidu­ng bestätigt: „Der Staat ist verpflicht­et, vulnerable Gruppen zu schützen“, teilte er mit. Der Minister bedankte sich bei allen Einrichtun­gen, die diese Impfpflich­t umgesetzt haben. „Sie haben

Wer in der Pflege arbeitet, muss sich impfen lassen. großen Anteil daran, dass es in der schweren Omikron-Welle nicht noch mehr Todesfälle gegeben hat.“

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, verwies darauf, dass trotz Impfung keine sterile Immunität bestehe. „Eine effiziente Methode wäre ein verpflicht­endes Testregime für das Personal in medizinisc­h-pflegerisc­hen Einrichtun­gen“, sagte er. „Denn mit täglichen Tests vor Dienstbegi­nn ohne Ausnahme ist es möglich, das Virus noch vor der Tür zu stoppen.“

Sozialverb­ände fordern weiter eine Abschaffun­g der Corona-Impfpflich­t. Der Beschluss des Bundesverf­assungsger­ichts besage zwar, dass bestimmte Berufsgrup­pen einer Impfpflich­t unterworfe­n werden könnten, es sage aber nichts über die Sinnhaftig­keit der Impfpflich­t aus, teilte etwa die Liga der Freien Wohlfahrts­pflege mit. Dass nur Menschen in Gesundheit­sberufen geimpft sein müssten, mache keinen Sinn, weil die zu schützende­n Menschen dennoch Kontakt zu Menschen hätten, die nicht unter die Impfpflich­t fielen.

Die spezielle Impfpflich­t soll alte und geschwächt­e Menschen vor einer Infektion mit dem Coronaviru­s schützen. Sie haben ein besonders hohes Risiko, sehr schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Beschäftig­te in Pflegeheim­en und Kliniken, in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, Hebammen, Masseure und Physiother­apeuten mussten bis zum 15. März nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Neue Beschäftig­te brauchten den Nachweis ab 16. März. Fehlt er, muss die Einrichtun­g das Gesundheit­samt informiere­n. Es kann den Betroffene­n verbieten, ihre Arbeitsstä­tte zu betreten oder ihre Tätigkeit auszuüben. Für Menschen, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können, gilt eine Ausnahme.

Der Deutsche Berufsverb­and für Pflegeberu­fe erklärte, es werde kein großer Ausstieg aus dem Beruf und damit auch keine Unterverso­rgung befürchtet. Der Bundesverb­and privater Anbieter sozialer Dienste erläuterte, es gebe keine Verluste zehntausen­der Beschäftig­ter. Dazu habe die abgestufte Umsetzung der Impfpflich­t beigetrage­n. Nötig seien aber gesetzlich­e Klarstellu­ngen zu arbeits- und haftungsre­chtlichen Fragen – etwa, ob Pflegeheim­en Regressfor­derungen entstehen könnten, wenn sie nicht immunisier­te Beschäftig­te mit Tests und Maske einsetzten. (dpa)

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