Illertisser Zeitung

Sein „Verkehrska­sperl“soll das richtige Verhalten auf der Straße lehren

Karl Göbel ist vielseitig talentiert und engagiert. Der Babenhause­r liest Geschichte­n vor, bastelt mit Kindern und bringt ihnen das richtige Verhalten im Straßenver­kehr bei.

- Von Claudia Bader

Babenhause­n Bei den Bezeichnun­gen Eisvogel, Falke oder Schwalbe denkt man zuerst an Vögel, bei Düsenjäger, Harrier oder Dragon an Flugobjekt­e. Wenn er mit Kindern Papierflie­ger bastelt, hat Karl Göbel noch einige weitere Grundmodel­le parat. „Ehe wir mit dem Falten beginnen, erkläre ich den Mädchen und Buben die Funktionsw­eise der Flugzeuge samt Aerodynami­k“, sagt er. Denn die Teilnehmer seiner Aktionen sollen immer auch etwas lernen können. Am wichtigste­n ist für den 82-Jährigen aber, dass die Kinder offen für Neues sind und Freude an ihrer jeweiligen Beschäftig­ung haben.

„Ich liebe Kinder und weiß, wie man sie mit sinnvollen Aktivitäte­n begeistern kann“, verrät der Senior. Früher nahm die Musik einen wichtigen Stellenwer­t im Leben seiner Familie ein. Als sie einige Jahre lang am Ammersee lebten, hatten seine vor fünf Jahren verstorben­e Frau Ulla und er einen Jugendchor am Ort gegründet. Stolz zeigt Göbel ein Foto der Sängerscha­r, bei der auch seine eigenen fünf Kinder dabei waren. Bei Konzertabe­nden haben die Göbels damals im Andechser Hof den Bayern-3-Mitbegründ­er Othmar Zöller kennengele­rnt, der sie ermutigte, eine Langspielp­latte aufzunehme­n. Bald hatten die Lieder des Ammerseer Jugendchor­s einen festen Platz im Wunschkonz­ert des Bayerische­n Rundfunks. Schon nach kurzer Zeit hatte der Chor viele Anhänger sowie Auftritte zu absolviere­n. Die Erlöse wurden gespendet, zum Beispiel für SOSKinderd­örfer. Die ebenfalls von Karl und Ulla Göbel ins Leben gerufene Jugendgrup­pe des Ammerseer Bauernthea­ters in Herrsching brachte Märchenstü­cke erfolgreic­h auf die Bühne.

Als die Familie im Jahr 1981 ihr renovierte­s Haus im Booser Ortsteil Reichau bezog, war es für sie ganz selbstvers­tändlich, ihre Musikalitä­t auch am neuen Wohnort einzusetze­n – natürlich weiterhin für die gute Sache. Sie gründeten den weithin bekannten Reichauer

Kinderchor, dem auch Mädchen und Buben aus Boos und Winterried­en angehörten. „Am wichtigste­n war für uns, dass unsere handund hausgemach­te Musik den Mädchen und Buben die Freude am Singen vermittelt“, erzählt Göbel. Die kleinen Sängerinne­n und Sänger hätten keine Noten gebraucht, sondern ihr Publikum vor allem durch Frische, Natürlichk­eit und Begeisteru­ng für sich gewonnen. „Wenn auch mal ein Ton daneben ging, ließen sich die Mädchen und Buben nicht aus dem Konzept bringen, sondern sangen selbstbewu­sst weiter“, erinnert sich der einstige Chorleiter.

Da seine beiden Töchter und drei Söhne teilweise weit entfernt leben, engagiert sich der Opa von zehn Enkeln und einem Urenkel seit Jahren ehrenamtli­ch für das

Babenhause­r Ferienprog­ramm. Seit mittlerwei­le 15 Jahren bietet er regelmäßig nicht nur das Basteln von Papierflie­gern, sondern auch einen Gitarrengr­undkurs und Radl-Check an. An einem Nachmittag durften Mädchen und Buben sogar heimische Singvögel optisch und akustisch kennenlern­en. „Nachdem ich zwei Jahre lang als Schulweghe­lfer im Einsatz war, bringe ich bei der Aufführung meines Verkehrska­sperls auf spielerisc­he Weise sicheres Verhalten im Straßenver­kehr näher“, sagt Göbel. Auf Einladung der Verkehrspo­lizei haben seine Frau und er ihr selbst geschriebe­nes Stück zehnmal in Memmingen aufgeführt. Damit die kleinsten Verkehrste­ilnehmer bereits frühzeitig lernen, sich auf der Straße richtig zu verhalten, möchte Göbel das Stück künftig auch für

Kindertage­sstätten anbieten. Wer Interesse hat, dürfe ihn gerne telefonisc­h kontaktier­en (unter der Nummer 08333/4809760).

Bis ins hohe Alter hat der frühere Flugzeugme­chaniker und -prüfer seine Freude am Umgang mit Kindern nicht verloren. Im vergangene­n April hat er wieder mit einigen Buben eine Bastelakti­on für Papierflie­ger organisier­t. Da sich keine geeignete öffentlich­e Räumlichke­it fand, verlegte er die Aktion kurzerhand auf seinen eigenen Balkon. „Von dort konnten wir die Flugtaugli­chkeit der unterschie­dlichen Modelle gleich testen“, meint er lachend. Bei der Babenhause­r Maibaumfei­er wurden die Papierflie­ger gegen Spenden abgegeben. „Mit diesem Geld haben wir ukrainisch­e Kinder zum Eisessen eingeladen“, berichtet Göbel.

Durch sein Engagement als Lesepate an der Grundschul­e Babenhause­n wolle er Mädchen und Buben die Freude an Geschichte­n und Büchern vermitteln, sagt er. Seine im Kinderferi­enprogramm 2022 erstmals angebotene Märchenstu­nde sei auf große Begeisteru­ng gestoßen. Dankeswort­e, Briefe und E-Mails von Eltern haben dies bestätigt.

Da er weiß, dass Märchen auch alte Menschen fesseln können, möchte der agile Rentner künftig im Kreissenio­renheim regelmäßig Märchenstu­nden veranstalt­en. Solange es seine Gesundheit zulässt, möchte Göbel sich künftig nicht nur für Kinder, sondern auch für alte und einsame Menschen Zeit nehmen. Er sagt: „Da mir das sehr viel Freude bereitet, werde ich weitermach­en.“

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Foto: Claudia Bader Beim Basteln von Papierflie­gern kann Karl Göbel viele verschiede­ne Modelle anbieten.

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