Illertisser Zeitung

Wie geht es weiter mit den Minarett-Plänen in Memmingen?

Der Stadtrat hat entschiede­n, dass die türkisch-islamische Gemeinde kein Minarett an die Moschee bauen darf. Das letzte Wort ist nicht gesprochen.

- Von Andreas Berger

Eine Situation, die im Allgäu nicht alltäglich ist, gibt es gerade in Memmingen. Der Stadtrat hat am Montag gegen den Bau eines Minaretts gestimmt. Bei einer Stimmengle­ichheit von 20 zu 20 gilt der Bauantrag der türkischis­lamischen Gemeinde Memmingen als abgelehnt. Endgültig entschiede­n ist die Sache trotzdem noch nicht.

Der Stadtrat hat gegen den Bauantrag gestimmt, obwohl aus baurechtli­cher Sicht nichts gegen ihn spricht, wie es in der Verwaltung heißt. Die Moschee, an der das Minarett gebaut werden soll, steht in einem gewerblich geprägten Bereich Memmingens, für den es keinen Bebauungsp­lan gibt. In einem solchen Plan ist etwa festgelegt, welche Regeln beim Errichten eines Gebäudes gelten. Weil diese Vorgabe fehlt, musste von der Verwaltung geprüft werden, wie sich das geplante Bauwerk in die nähere Umgebung einfügt. Dabei müssen verschiede­ne Kriterien berücksich­tigt werden, etwa die Höhe. Die Verwaltung kam zu dem Schluss, dass einem Minarett nichts im Wege steht. Obwohl die geplante Höhe von 24 Metern über alle anderen Gebäude dort hinausragt.

„Wir wollen das Votum des Rates nicht einfach vom Tisch wischen“, sagt Jan Rothenbach­er (SPD). Deshalb lasse er nun gründlich prüfen, was die nächsten Schritte sein könnten. Es gebe verschiede­ne Wege. Zuerst habe er Kontakt zur Regierung von Schwaben aufgenomme­n. Das ist für die Kommunen in Schwaben die Kontrollbe­hörde. Mit ihr bleibe er in den kommenden Tagen in engem Kontakt, um die Situation zu besprechen, sagt Rothenbach­er. Gleichzeit­ig werde die Stadtverwa­ltung überprüfen, ob der Beschluss des Stadtrats gegen Recht verstoßen hat. Wenn dem so ist, könne es sein, dass er als Oberbürger­meister die Angelegenh­eit offiziell an die Regierung von Schwaben melden muss.

Wenn der Beschluss aber rechtlich zulässig ist, sei es eine Möglichkei­t, dass die Stadtverwa­ltung abwartet, was passiert. Ob beispielsw­eise der türkisch-islamische Verein klagt. Mit ihm will Rothenbach­er zudem das Gespräch suchen. Unter anderem will er ihn fragen, ob er weiter an seinem Bauvorhabe­n festhält. Erste Antworten auf all dies werde es vermutlich erst nächste Woche geben.

Das war Mitte der Woche noch nicht klar. Um das zu besprechen, wollten sich die Vorstandsm­itglieder am Abend treffen, sagt Muhammet Kul, Vorsitzend­er des Vereins.

Nach einer Ablehnung des Bauantrags im Bauausschu­ss vergangene Woche wundere es ihn nicht, dass nun auch der Stadtrat abgelehnt hat. Die Gegner des Minaretts, darunter viele von der CSU, wollten damit Wählerstim­men sammeln. Sauer sei er deshalb nicht, sagt Kul. Jeder sei in seiner Entscheidu­ng und Meinung frei. Traurig aber sei er schon.

Wäre sie als Rechtsaufs­ichtsbehör­de unter besonderen Umständen

in der Lage, einen Beschluss eines Stadtrats aufzuheben?Auf diese und einige weitere Fragen unserer Redaktion wollte die Regierung nicht antworten. Nur so viel: Hält ein Oberbürger­meister eine Entscheidu­ng des Stadtrats für rechtswidr­ig, „so muss er den Beschluss ausdrückli­ch beanstande­n (...), den Vollzug des Beschlusse­s aussetzen (...) und kann die Entscheidu­ng der Rechtsaufs­ichtsbehör­de herbeiführ­en“. Ob das heißt, dass die Regierung dann über den Bauantrag entscheide­n würde, auch das ließ die Behörde offen. Eindeutig antwortet Jan Rothenbach­er nicht darauf. Stattdesse­n spricht er von einem Spannungsf­eld in der Stadt. Einerseits gebe es Bewohner, die große Sorgen wegen eines Minaretts hätten. „Subjektive Gefühle muss man respektier­en.“Auch das „Unwohlsein“einiger Memminger gegenüber der Ditib könne er nachvollzi­ehen. Ditib steht für türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion, sie ist der größte islamische Dachverban­d Deutschlan­ds, dem auch die Memminger Gemeinde angehört.

Ditib steht unter der Aufsicht der türkischen Religionsb­ehörde Diyanet und wird oft als verlängert­er Arm des türkischen Präsidente­n Erdogan dargestell­t. Er selbst sei auch kein Fan von Erdogan, sagt Rothenbach­er. Unter anderem wegen dessen antisemiti­schen Äußerungen und der Unterstütz­ung der Terrororga­nisation Hamas.

Anderersei­ts dürfe der Memminger Verein nicht nur als Teil von Ditib gesehen werden. Zu der türkischen Gemeinde gehörten Familien, von denen viele schon seit mehreren Generation­en in Memmingen lebten. Der Verein sei offen, die Moschee könne von jedem besichtigt werden.

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Foto: Ralf Lienert An die Moschee in Memmingen darf erst mal kein Minarett gebaut werden. Das hat der Stadtrat entschiede­n. Allerdings wird dieser Beschluss nun überprüft.

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