Wie geht es weiter mit den Minarett-Plänen in Memmingen?
Der Stadtrat hat entschieden, dass die türkisch-islamische Gemeinde kein Minarett an die Moschee bauen darf. Das letzte Wort ist nicht gesprochen.
Eine Situation, die im Allgäu nicht alltäglich ist, gibt es gerade in Memmingen. Der Stadtrat hat am Montag gegen den Bau eines Minaretts gestimmt. Bei einer Stimmengleichheit von 20 zu 20 gilt der Bauantrag der türkischislamischen Gemeinde Memmingen als abgelehnt. Endgültig entschieden ist die Sache trotzdem noch nicht.
Der Stadtrat hat gegen den Bauantrag gestimmt, obwohl aus baurechtlicher Sicht nichts gegen ihn spricht, wie es in der Verwaltung heißt. Die Moschee, an der das Minarett gebaut werden soll, steht in einem gewerblich geprägten Bereich Memmingens, für den es keinen Bebauungsplan gibt. In einem solchen Plan ist etwa festgelegt, welche Regeln beim Errichten eines Gebäudes gelten. Weil diese Vorgabe fehlt, musste von der Verwaltung geprüft werden, wie sich das geplante Bauwerk in die nähere Umgebung einfügt. Dabei müssen verschiedene Kriterien berücksichtigt werden, etwa die Höhe. Die Verwaltung kam zu dem Schluss, dass einem Minarett nichts im Wege steht. Obwohl die geplante Höhe von 24 Metern über alle anderen Gebäude dort hinausragt.
„Wir wollen das Votum des Rates nicht einfach vom Tisch wischen“, sagt Jan Rothenbacher (SPD). Deshalb lasse er nun gründlich prüfen, was die nächsten Schritte sein könnten. Es gebe verschiedene Wege. Zuerst habe er Kontakt zur Regierung von Schwaben aufgenommen. Das ist für die Kommunen in Schwaben die Kontrollbehörde. Mit ihr bleibe er in den kommenden Tagen in engem Kontakt, um die Situation zu besprechen, sagt Rothenbacher. Gleichzeitig werde die Stadtverwaltung überprüfen, ob der Beschluss des Stadtrats gegen Recht verstoßen hat. Wenn dem so ist, könne es sein, dass er als Oberbürgermeister die Angelegenheit offiziell an die Regierung von Schwaben melden muss.
Wenn der Beschluss aber rechtlich zulässig ist, sei es eine Möglichkeit, dass die Stadtverwaltung abwartet, was passiert. Ob beispielsweise der türkisch-islamische Verein klagt. Mit ihm will Rothenbacher zudem das Gespräch suchen. Unter anderem will er ihn fragen, ob er weiter an seinem Bauvorhaben festhält. Erste Antworten auf all dies werde es vermutlich erst nächste Woche geben.
Das war Mitte der Woche noch nicht klar. Um das zu besprechen, wollten sich die Vorstandsmitglieder am Abend treffen, sagt Muhammet Kul, Vorsitzender des Vereins.
Nach einer Ablehnung des Bauantrags im Bauausschuss vergangene Woche wundere es ihn nicht, dass nun auch der Stadtrat abgelehnt hat. Die Gegner des Minaretts, darunter viele von der CSU, wollten damit Wählerstimmen sammeln. Sauer sei er deshalb nicht, sagt Kul. Jeder sei in seiner Entscheidung und Meinung frei. Traurig aber sei er schon.
Wäre sie als Rechtsaufsichtsbehörde unter besonderen Umständen
in der Lage, einen Beschluss eines Stadtrats aufzuheben?Auf diese und einige weitere Fragen unserer Redaktion wollte die Regierung nicht antworten. Nur so viel: Hält ein Oberbürgermeister eine Entscheidung des Stadtrats für rechtswidrig, „so muss er den Beschluss ausdrücklich beanstanden (...), den Vollzug des Beschlusses aussetzen (...) und kann die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeiführen“. Ob das heißt, dass die Regierung dann über den Bauantrag entscheiden würde, auch das ließ die Behörde offen. Eindeutig antwortet Jan Rothenbacher nicht darauf. Stattdessen spricht er von einem Spannungsfeld in der Stadt. Einerseits gebe es Bewohner, die große Sorgen wegen eines Minaretts hätten. „Subjektive Gefühle muss man respektieren.“Auch das „Unwohlsein“einiger Memminger gegenüber der Ditib könne er nachvollziehen. Ditib steht für türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion, sie ist der größte islamische Dachverband Deutschlands, dem auch die Memminger Gemeinde angehört.
Ditib steht unter der Aufsicht der türkischen Religionsbehörde Diyanet und wird oft als verlängerter Arm des türkischen Präsidenten Erdogan dargestellt. Er selbst sei auch kein Fan von Erdogan, sagt Rothenbacher. Unter anderem wegen dessen antisemitischen Äußerungen und der Unterstützung der Terrororganisation Hamas.
Andererseits dürfe der Memminger Verein nicht nur als Teil von Ditib gesehen werden. Zu der türkischen Gemeinde gehörten Familien, von denen viele schon seit mehreren Generationen in Memmingen lebten. Der Verein sei offen, die Moschee könne von jedem besichtigt werden.