Auch mit 95 bleibt sie eine echte italienische Mama
Elf Enkel- und elf Urenkelkinder gratulieren Angela Rapino zu ihrem hohen Geburtstag. Ihr Mann kam einst als Gastarbeiter in die Region, sie folgte ihm.
Angela Rapino aus Illertissen hat im großen Familienkreis ihren 95. Geburtstag gefeiert. Liebevoll werden sie und ihr Mann von den Töchtern betreut, ohne die das Ehepaar das kleine Appartement nicht mehr bewohnen könnte. So aber durfte die rüstige Seniorin bis heute eine echte italienische Mama bleiben. Die immer noch Lieblingsgerichte für ihren Mann kocht, ihn umsorgt und nach wie vor mit Ratschlägen den Kindern zur Seite steht, die sie großgezogen hat.
Das fällt jetzt auf die Senioren zurück, indem die Kinder ihnen mit Respekt und Dankbarkeit gegenübertreten. Auch mal mit Augenzwinkern, wenn Angela Rapino sich wieder mit Kochtipps nicht zurückhalten mag: Alles schmecke sehr gut, aber beim nächsten Mal ließe es sich so oder so noch besser machen, merkt die italienische
Mama dann an. Die Frage nach ihrem Lieblingsgericht beantwortet sie ohne zu zögern: „Alles, alle Speisen koche und esse ich gerne.“Innerhalb der Familie wird Italienisch gesprochen, sodass die Töchter teilweise als Übersetzerinnen einspringen, wenn es im Deutschen zu kompliziert wird. Solange das Ehepaar jünger war, habe es in der warmen Jahreszeit auch immer wieder für längere Zeit in ihrem Haus in den Abruzzen Urlaub gemacht.
Gleichzeitig fühlen sich die Rapinos auch in Deutschland und inzwischen in Illertissen beheimatet. Angela Rapino wurde am 1. Februar 1929 in Castel Frentano als eines von acht Kindern geboren, wo sie in der Landwirtschaft ihrer Eltern mitarbeitete. Als sie ihren Mann kennenlernte, zog sie mit ihm in die Stadt Lanciano. 1965 fand ihr Mann als Gastarbeiter in Ulm Arbeit, und 1970 zog sie nach. Die Entscheidung fiel ihr leicht, da ihr Mann in Ulm bleiben wollte. Davor hatte sie ihn aber klar vor die Wahl gestellt, entweder er kehre zu seiner Familie zurück oder sie komme mit den Kindern nach.
Der Neuanfang war für alle nicht einfach. Auch Angela Rapino fand Arbeit, im Zulieferbetrieb Canda in Neu-Ulm für das Kaufhaus C&A in Ulm. Ihr Geschick im Umgang mit Textilien und Handarbeit kam ihr zugute. Das habe sie von ihrer Mutter gelernt, erzählt die Seniorin. So konnte sie ihren Kindern viele Kleidungsstücke nähen, auch die Socken strickte sie selbst. Daher habe ihr der neue Arbeitsplatz auch gut gefallen. Unfallbedingt musste sie im Alter von 58 Jahren das Arbeiten einstellen und es erfolgte eine längere Genesungszeit. Dann wartete sogleich die nächste Aufgabe auf sie: Denn als Oma wurde sie zum Betreuen der Enkelkinder gebraucht, denen sie die gleiche Fürsorge zukommen ließ und wie den eigenen Kindern.
Der Umzug nach Illertissen erfolgte 2017 zu einem Zeitpunkt, als sich das Ehepaar mehr Unterstützung von der Familie wünschte. In Illertissen wohnt eine der vier Töchter. Die übrige Verwandtschaft verteilt sich auf die Region beziehungsweise Italien und sogar Amerika. Gleichwohl wechseln sich die Töchter bei der anspruchsvoller gewordenen Unterstützung möglichst ab. Wobei Angela Rapino mit ihren 95 Jahren in der Pflege ihres Mannes ihre neue Lebensaufgabe gefunden hat.