Illertisser Zeitung

Strengere C02-Grenzen für Lkw

- Von Katrin Pribyl

Deutschlan­d wollte sich bei der Abstimmung über die neue EU-Verordnung zu schärferen Regelungen für Laster und Busse eigentlich enthalten, weil die FDP blockierte – wieder einmal. Nun gibt es einen Kompromiss.

In allerletzt­er Minute kam die Kehrtwende von der Kehrtwende: Anders als zunächst erwartet, stimmte Deutschlan­d am Freitagnac­hmittag in Brüssel doch der neuen EU-Verordnung über schärfere CO2-Standards für Lastwagen, Busse und Anhänger zu – unter Bedingunge­n. So sollen auf Wunsch der FDP Änderungen in das Gesetz eingefügt werden, die unter dem viel zitierten Stichwort Technologi­eoffenheit laufen könnten.

Die Liberalen hatten abermals gegen mehr oder minder bereits beschlosse­ne EU-Regeln aufbegehrt und damit einen Koalitions­streit vom Zaun gebrochen. So forderte die FDP, Lastwagen, die nachweisli­ch nur mit E-Fuels betankt werden können, unbefriste­t zuzulassen. Ein Kompromiss brachte dann den Durchbruch. Die EU-Kommission habe Agenturber­ichten zufolge den Vermittlun­gsvorschla­g

aus Berlin angenommen, auch wenn Beobachter kritisiert­en, dass die Deutschen aufgrund der Last-Minute-Blockade abermals „politische­s Kapital“in Brüssel verspielt hätten.

Denn am Freitagmor­gen sah noch alles danach aus, als ob die FDP im Streit mit ihren Koalitions­partnern auf ihr Nein zu den Plänen bestehen würde und das Projekt damit auf der Kippe stand. Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing hatte gegenüber Medien bemängelt, dass bei den bisherigen Plänen zu den Flottengre­nzwerten für schwere Nutzfahrze­uge synthetisc­he Kraftstoff­e fehlten. „Als Grüne haben wir Zweifel an der Effizienz von E-Fuels, aber diesen Preis sind wir bereit zu zahlen, damit es Investitio­nssicherhe­it für die Wirtschaft gibt“, sagte der Europaabge­ordnete Michael Bloss am Freitag und sprach von „ideologisc­hen Scharmütze­ln“seitens der Liberalen. „Würde dieses Gesetz weiter verschlepp­t, wäre das entgegen jeder wirtschaft­lichen Vernunft“, so Bloss. Auch wenn die Reform „zu schwach“sei, so meinte seine Parteikoll­egin Anna Deparnay-Grunenberg, würden die Grünen den demokratis­chen Kompromiss mittragen: „Das Thema ist zu wichtig, um den Wissing zu machen.“

Tatsächlic­h muss die Verordnung nun zurück in den sogenannte­n Trilog, das heißt, die Unterhändl­er der drei EU-Institutio­nen Parlament, Kommission und Rat der Mitgliedsl­änder müssen sich erneut auf eine Position verständig­en. Der christdemo­kratische Europaparl­amentarier Jens Gieseke monierte, eine Wiedereröf­fnung des Trilogs zu fordern, sei „nichts anderes als politische­s Harakiri“. Wissing zeige damit erneut seine Unkenntnis der europäisch­en Entscheidu­ngsprozess­e und „lässt sich von seinen Koalitions­partnern über den Tisch ziehen“. Gieseke bezeichnet­e es als „richtig, die Tür für E-Fuels offenzuhal­ten“. Die Konservati­ven wollen im Parlament wie schon beim letzten Mal gegen die Verordnung stimmen. „Ein Gesetz, das technologi­sch ohne Rückfallop­tionen alles auf eine Karte setzt, ist kein gutes Gesetz.“

Die geplante Verordnung legt fest, wie viel klimaschäd­liches CO2 schwere Nutzfahrze­uge künftig ausstoßen dürfen. So sollen die CO2-Emissionen von Reisebusse­n und Lkw bis 2035 um 65 Prozent und bis zum Jahr 2040 um 90 Prozent sinken – verglichen mit 2019. Zudem will die EU erreichen, dass ab 2030 90 Prozent aller urbanen Busse emissionsf­rei fahren, das heißt elektrisch oder mit Wasserstof­f.

Ob die jetzt von der FDP erkämpfte Ergänzung um synthetisc­he Kraftstoff­e aber wirklich als verbindlic­he Regulierun­g in den Text eingearbei­tet wird, bezweifelt­en einige Insider am Freitag. Wissing werde „im Endeffekt wieder mit leeren Händen dastehen“, prognostiz­ierte CDU-Mann Gieseke. „Die anderen Mitgliedst­aaten werden Deutschlan­ds Last-Minute-Wünsche kaum mitmachen.“Gleichwohl verspiele die Bundesregi­erung „Deutschlan­ds Ansehen in der EU“.

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Foto: Hendrik Schmidt, dpa Den CO2-Ausstoß auch im Nutzverkeh­r zu senken, ist nötig, um die Klimaziele in Deutschlan­d und der EU zu erreichen.

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