Illertisser Zeitung

Der Klimawande­l wird den Einkauf teurer machen

Hitze, Trockenhei­t und steigende Temperatur­en beeinträch­tigen die Ernte von Kaffee, Kakao oder Avocados. Das hat Folgen auf die Erntemenge­n und letztlich auch auf die Preise.

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Wissenscha­ftler der britischen Durham University machten kürzlich einen aufsehener­regenden Vorstoß. Um auf die negativen Auswirkung­en auf das Klima aufmerksam zu machen und den Fleischkon­sum zu reduzieren, sei es sinnvoll, die Verpackung­en wie bei Zigaretten mit Schockbild­ern und Warnhinwei­sen zu versehen. Bisher sind solche Labels in deutschen Supermärkt­en nicht zu finden. Der Klimawande­l ist dennoch präsent beim Wocheneink­auf und nimmt – gewollt oder nicht – längst Einfluss darauf, was im Einkaufswa­gen landet und was es kostet. Die Verbrauche­r müssen damit rechnen, die Folgen des Klimawande­ls beim Wocheneink­auf künftig stärker zu spüren bekommen.

„Bei einigen Lebensmitt­eln wird es zu größeren Schwankung­en bei Preisen und Verfügbark­eit kommen. Es wird Jahre geben, in denen bestimmte Produkte wie Avocado, Kakao, Kaffee, Mango, Kokos, Papaya und Bananen knapper werden können“, sagt Agrarexper­te Michael Berger von der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF. Bei vielen Produkten gebe es weltweit nur einen schmalen geografisc­hen Gürtel, wo die nötigen klimatisch­en Bedingunge­n für den Anbau gegeben seien. Durch häufigere Extremwett­erlagen steige das Risiko von Ernteausfä­llen. „Für Handelsunt­ernehmen wird es dadurch schwierige­r, zu kalkuliere­n. Die Unsicherhe­it und Verknappun­g führen zu höheren Preisen“, so Berger.

Besonders anfällig sind Experten zufolge Monokultur­en – also Flächen, auf denen über Jahre dieselben Pflanzen angebaut werden. Wetterextr­eme, Infektione­n und Schädlinge haben dort leichtes Spiel und können große Teile der Ernten zerstören. Berger verweist auf Kakao-Anbaugebie­te in Bolivien und Kolumbien, wo es in den vergangene­n Jahren Ertragsaus­fälle von 30 Prozent gegeben habe. Auf einigen Plantagen gab es Totalausfä­lle.

Wegen schlechter Ernten, einer grassieren­den Pflanzenkr­ankheit und Hurrikans wurde zuletzt auch Orangensaf­t knapp und teurer. Auch Kaffeebaue­rn litten weltweit unter heftigen Einbußen und den Folgen des Klimawande­ls. Studien zufolge könnte bis 2050 die Hälfte der weltweiten Anbaufläch­en für Kaffee bedroht sein. Kaffeeröst­er Tchibo rechnet deshalb mit steigenden Preisen.

Knapper und teurer wurde zuletzt auch Olivenöl. In Spanien sank der Jahresertr­ag, der in den vergangene­n Jahren im Schnitt bei rund 1,5 Millionen Tonnen lag, in der Saison 2022/2023 auf weniger als die Hälfte. Grund war das zu trockene Wetter.

Auch Stefanie Sabet, Geschäftsf­ührerin der Bundesvere­inigung der Deutschen Ernährungs­industrie (BVE), sieht einen großen Einfluss des Klimas auf die Erzeugung von Lebensmitt­eln. Auch der heimische Anbau sei sehr beeinträch­tigt. „Es wird Verschiebu­ngen in den Herkunftsl­ändern geben, aber ich bin überzeugt, dass es dennoch gelingt, die Breite des Lebensmitt­elangebote­s zur Verfügung zu stellen.“Bei einigen Anbaugebie­ten werde es klimabedin­gt schwierige­r, dafür könnten anderswo neue erschlosse­n werden. „Vor ein paar Jahren hätte niemand gedacht, dass wir an der Donau Soja oder in Deutschlan­d Melonen anbauen können. Heute geht es.“Milderes Klima und längere Vegetation­sphasen

erlaubten häufigere Ernten. Was Sabet auch Hoffnung macht, sind neue, hitzeresil­ientere Sorten, die schneller durch neue Züchtungst­echnologie­n entstehen, die zielgerich­tet in das Pflanzener­bgut eingreifen.

Bewässerun­gssysteme für Dürreperio­den und bessere Prognosen würden helfen, sich auf das Klima und zunehmende Extremwett­ereignisse einzustell­en. „Der Klimawande­l ist nicht aufzuhalte­n, aber wir haben einige Möglichkei­ten, uns an die Folgen anzupassen.“

Experten rechnen nicht damit, dass einzelne Produkte aus den Supermarkt­regalen verschwind­en. Die Verbrauche­r sind dennoch beunruhigt. Einer Yougov-Umfrage zufolge ist jeder Zweite entweder „voll und ganz“oder „eher besorgt“, dass Lebensmitt­el wie beispielsw­eise Kakao, Kaffee oder bestimmte Gemüsesort­en nicht mehr oder nur noch eingeschrä­nkt verfügbar sein könnten. (Christian Rothenberg, dpa)

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Dpa Foto: Julian Stratensch­ulte, Wie wird das Nahrungsan­gebot der Zukunft aussehen?

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