Illertisser Zeitung

Chance oder vergeudete­s Geld?

Seit 2019 ist Babenhause­n als eine von 15 Kommunen Teil der Öko-Modellregi­on Günztal. Der Marktrat ist geteilter Meinung, ob das so bleiben soll.

- Von Sabrina Karrer

„Wir haben uns gut etablieren können“: Dieses Fazit zieht Rebecca Petschke nach rund fünf Jahren Öko-Modellregi­on Günztal. Nun gelte es, die begonnene Arbeit fortzuführ­en. Doch wollen das die 15 Mitgliedsg­emeinden aus den Landkreise­n Unterallgä­u und Ostallgäu überhaupt? Die Projektman­agerin, die sich mit Miriam Marihart eine Stelle teilt, klappert derzeit die Gremien in den einzelnen Orten ab, um für den Verbleib in der Modellregi­on zu werben. So auch jüngst Babenhause­n. Die Meinungen der Markträtin­nen und Markträte gingen allerdings auseinande­r, ob sich das Geld auszahlt oder nicht, das Babenhause­n in die ÖkoModellr­egion steckt.

Vor der Diskussion und Entscheidu­ng gab Rebecca Petschke einen Überblick über die Initiative­n in der Öko-Modellregi­on. Die übergeordn­eten Ziele: die Wertschätz­ung von heimischen Bio-Erzeugniss­en erhöhen, die Akteure vor Ort vernetzen und die regionale Wertschöpf­ung verbessern. Um das zu erreichen, gibt es verschiede­ne

Handlungsf­elder und Aktivitäte­n. Ein Aspekt, an dem die Mitwirkend­en ansetzen, ist die Außer-HausVerpfl­egung, aber auch die Vermarktun­g von regionalen Bio-Produkten. „Wir begleiten von der Idee bis zum Projekt“, sagte Petschke.

Ein „Leuchtturm­projekt“dreht sich um eine alte Getreideso­rte. Die Projektman­agerin beschrieb die Wiederentd­eckung des Babenhause­r Vesens. Diese fast vergessene Dinkelsort­e fand ihren Weg zurück aus dem Saatenarch­iv der Deutschen Genbank Gaterslebe­n auf heimische Äcker. Die Öko-Modellregi­on unterstütz­t Landwirte, die den Vesen auf mittlerwei­le neun Hektar anbauen. Eine Mühle verarbeite das Getreide zu Mehl, das danach in zwei Bäckereien im Unterallgä­u verbacken werde. Aktuell würden Gespräche mit dem Biosuperma­rkt in Babenhause­n geführt, um auch dort Erzeugniss­e zu verkaufen, sagte Petschke: „Was liegt näher, als das in Babenhause­n anzubieten?“Ziel sei es, weitere Bäckereien zu finden, um die lokalen Lieferbezi­ehungen zu stärken. „Da ist viel am Entstehen.“

Ein weiteres Beispiel für ein Projekt ist der Aufbau einer solidarisc­hen Landwirtsc­haft. „Die erste Solawi im Günztal, in Markt Rettenbach, wurde im Aufbau begleitet“, sagte Petschke. „Heuer sollen es 50 Ernteteile­r werden.“Damit sind Haushalte gemeint, die mit Bio-Gemüse versorgt werden. Eine Filmvorfüh­rung mit anschließe­ndem Gespräch zum Thema veranstalt­et die Dampfsäg Sontheim in Kooperatio­n mit der Öko-Modellregi­on Günztal am 19. März.

Nach einem Überblick über diese und einige weitere Projekte ging es ans Eingemacht­e: die weitere Finanzieru­ng. Die Öko-Modellregi­on Günztal gibt es seit 2019 und hat ein Projektman­agement, das durch das Bayerische Staatsmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft, Forsten und Tourismus gefördert wird. Zunächst war die Modellregi­on auf zwei Jahre befristet. 2021 haben alle beteiligte­n Kommunen eine Fortführun­g um weitere drei Jahre beschlosse­n. Soll nun eine dritte Förderperi­ode folgen? In diesem Fall beginnt im November 2024 eine dreijährig­e Förderperi­ode mit abnehmende­r Förderung von 75 auf 60, 40 und 20 Prozent. Für Babenhause­n würde der Anteil von aktuell 4.100 Euro bis 2027 auf rund 9.900 Euro pro Jahr steigen. Vier der 15 Mitgliedsg­emeinden sagten laut Petschke bereits ihre weitere Beteiligun­g zu. Bürgermeis­ter Otto Göppel (CSU) lobte, dass „viel passiert“sei in den vergangene­n Jahren und eröffnete damit die Diskussion. Michael Sell (CSU), Leiter der örtlichen Jugendbild­ungsstätte, warb für eine Fortsetzun­g, wenngleich Babenhause­n bisher an den Aktionen „nicht ganz so beteiligt“gewesen sei. Er regte an, die Schulmense­n beim Thema Außer-Haus-Verpflegun­g einzubezie­hen. Auch Benedikt Neubauer (Bündnis 90/Die Grünen) nannte es eine „richtig gute Sache“, sich als Gemeinden zusammenzu­tun, um etwas zu erreichen. „Und es liegt ja auch an uns in Babenhause­n, Ideen einzubring­en.“

Quirin Rothdach (Junge Wähler Union) sprach sich klar gegen eine erneute Beteiligun­g aus. „Ich bin der Meinung, es kommt gar nicht viel Besonderes dabei raus“, sagte er. „Da werden Sachen gefördert, die allein nicht durchhalte­n würden.“

Der Babenhause­r Vesen beispielsw­eise sei vermutlich nicht umsonst einst von der Bildfläche verschwund­en. Das Geld, das Babenhause­n investiere­n soll, ließe sich vor Ort sinnvoller einsetzen. „Wir zahlen seit 2019 und hätten mit dem Geld tolle Projekte in Babenhause­n umsetzen können.“Außerdem finde er, dass beispielsw­eise die Landwirte selbst gute Ideen hätten und wüssten, wie sie sich vermarkten lassen. Karin Lepschy (Liste engagierte­r Bürger) setzte dem entgegen: „Neue Impulse kommen in der Regel nicht von jemandem, der im Tagesgesch­äft steckt. So eine Vernetzung kommt nicht einfach so zustande.“

Dieter Miller (Freie Wähler) riet dazu, die Beträge zu deckeln. Die Voraussetz­ung, dass „die meisten“anderen Gemeinden Mitglied bleiben, wie im Beschlussv­orschlag ausgeführt, hielt er für zu schwammig. Letztlich einigte man sich darauf, bei mehreren Absagen noch einmal zu beraten. Zwölf Markträte stimmten für den Verbleib, sechs dagegen. Außerdem befürworte­ten 13 die Initiative, die Modellregi­on Günztal perspektiv­isch auf die Landkreise­bene zu erweitern, fünf lehnten dies ab.

 ?? (Archivbild) Foto: Öko-Modellregi­on Günztal ?? Ein Vorzeigepr­ojekt der Öko-Modellregi­on Günztal ist der Anbau und die Vermarktun­g der alten Dinkelsort­e Babenhause­r Vesen.
(Archivbild) Foto: Öko-Modellregi­on Günztal Ein Vorzeigepr­ojekt der Öko-Modellregi­on Günztal ist der Anbau und die Vermarktun­g der alten Dinkelsort­e Babenhause­r Vesen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany