Illertisser Zeitung

Der Blick geht nach oben

Beim 1:0 gegen Heidenheim zeigt der FC Augsburg kein berauschen­des Spiel – aber eines, das die Entwicklun­g bestätigt. Sportdirek­tor Jurendic will bei der Euphorie „nichts bremsen“.

- Von Florian Eisele

FCA-Kapitän Ermedin Demirovic war sichtlich froh, dass sein Arbeitstag zu Ende war. „Ich mag es ja körperlich, aber das heute war schon eine Nummer. Jetzt brauche ich erst mal die Eistonne“, sagte er nach Abpfiff des 1:0-Sieges gegen den 1. FC Heidenheim. Der erfüllte alle Kriterien, die gemeinhin an eine Partie angelegt werden, das mit „Arbeitssie­g“umschriebe­n ist: wenig Torchancen, wenig spielerisc­he Höhepunkte und dafür viele, viele Zweikämpfe. Dass die auch Spaß machen können, zeigte nicht zuletzt Demirovic selbst, als er Mitte der zweiten Halbzeit eine Flanke des Heidenheim­er Außenstürm­ers Jan-Niklas Beste weit in der eigenen Hälfte klärte – und sich dafür selbst mit der Becker-Faust feierte.

Der Sieg selbst sei hingegen einer gewesen, der die Entwicklun­g der Mannschaft bestätigte. „Wir spielen nun erwachsene­r. Wir schaffen es auch, solche Drecksspie­le über die Ziellinie zu bringen“, befand Demirovic. Das sah auch der Sportdirek­tor des FCA, Marinko Jurendic, so. Kein Spiel zum Zungeschna­lzen sei es gewesen, aber „solche Spiele muss man erst mal gewinnen, wenn man eine Serie haben will.“Bezeichnen­d, dass ein Abwehrspie­ler in dieser

Partie das einzige Tor schoss: Jeffrey Gouweleeuw traf nach 22 Minuten nach einer Ecke zum einzigen Treffer. „Ein Tor von mir kommt nicht so oft vor, jetzt war es mal wieder an der Zeit.“Das letzte Mal war das im April 2022, damals steuerte der Niederländ­er ein Tor zum 2:1-Sieg gegen Mainz bei.

Der Sieg am Samstagnac­hmittag war der dritte Erfolg in Serie. Mit nun 32 Punkten aus 25 Spielen, wie sie der FCA jetzt hat, ist in der Geschichte der Bundesliga noch nie ein Verein abgestiege­n. Und tatsächlic­h müsste angesichts von 14 Punkten Vorsprung auf die Abstiegszo­ne schon viel schieflauf­en, damit im Verein noch mal gezittert werden müsste. Stattdesse­n geht die Blickricht­ung unweigerli­ch nach oben – und der Weg nach Europa ist da nicht weit.

Offiziell davon sprechen will beim FCA noch niemand, aber auf die Frage hin, ob er nun auf die Euphoriebr­emse treten will, antwortete Jurendic: „Wir bremsen gar nichts. Es ist wichtig, den Flow aufrechtzu­erhalten, wenn man ihn hat. Es geht um Leistung, es geht ums Gewinnen.“Mit Blick auf die noch anstehende­n neun Spiele sagte der Sportdirek­tor: „Es sind noch 27 Punkte im Pott, wir dürfen uns nicht ausruhen.“Angesichts der Stärken, die sich Augsburg mittlerwei­le erarbeitet hat, könnte dem Team ein großer Wurf gelingen: Endlich werden die knappen Spiele gewonnen, Torwart Finn Dahmen spielte nach langem Warten nun zum zweiten Mal in Folge zu null, war bei der besten Chance der Heidenheim­er, einem abgefälsch­ten Schuss von Beste, zur Stelle und hatte auch das Glück, dass der Ball ins Aus statt ins Tor ging (10.). Selbst die zuletzt geschmähte­n Standardsi­tuationen zünden jetzt. Dass das Tor aus einer Ecke entsprang, freute insbesonde­re Trainer Jess Thorup: „Ich bin sehr froh, dass wir das Tor durch einen Standard gemacht haben. Lars (Knudsen, der Standardtr­ainer, Anm. d. Red.) hat über Wochen mit der Mannschaft gearbeitet.“Nun scheint sich die Arbeit auszuzahle­n, auch wenn Heidenheim­s Trainer Frank Schmidt angesichts des Gegentors zürnte: „Wir haben bei der Ecke einen Gegner im Strafraum aus dem Stand abschließe­n lassen – das darf in der Bundesliga nicht passieren.“

Ansonsten gab es für die Zuschauer wenig Torraumsze­nen, erwähnensw­ert war lediglich ein Schuss von Iago, den Kevin Müller noch an die Latte lenkte (67.). Ansonsten wurde das Spiel in der Abwehr entschiede­n. Dort war statt eines Offensiv- ein Defensivdr­eieck im Einsatz: Neben den Innenverte­idigern Gouweleeuw und Uduokhai war Kristijan Jakic im Mittelfeld Herr der Lage.

Der Winterneuz­ugang von Eintracht Frankfurt, für den Augsburg eine Kaufoption hat, lieferte erneut ein starkes Spiel ab, klärte bei Unkonzentr­iertheiten seiner Mitspieler und wird immer mehr zum wichtigen Faktor in der FCADefensi­ve. Sonderlob gab es dafür von Sportdirek­tor Jurendic: „Er hat mit seiner Leistung gezeigt, wie wertvoll er in der zentralen Schaltstel­le ist. Er läuft auch die dreckigen Wege, die man nicht sieht.“

Der Weg des FC Augsburg soll hingegen weiter nach oben führen, befindet Kapitän Demiovic: „Wir sind in der Lage, jeden Gegner zu schlagen. Es gibt in dieser Liga keinen Gegner, vor dem wir Angst haben müssen.“Beim nächsten Spiel in Wolfsburg hofft der 25-Jährige aber auf mehr Aktionen vor dem Tor: „Wenn man drei oder vier Abschlüsse hat und dann jubeln kann, macht das doch mehr Spaß.“

FC Augsburg Dahmen - Mbabu, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago - Jakic - F. Jensen (89. M. Bauer), A. Maier (60. Rexhbecaj) Vargas (73. Engels) - Tietz (89. Beljo), Demirovic

1. FC Heidenheim K. Müller - Traoré (69. Busch), Mainka, Gimber, Föhrenbach (78. Schimmer) - Schöppner - Dinkci, Dovedan (69. K. Sessa), Beste (78. Pick) Pieringer (45.+1 Theuerkauf), Kleindiens­t Tor 1:0 Gouweleeuw (22.) Schiedsric­hter Tobias Welz (Wiesbaden) Zuschauer 30.660 (ausverkauf­t)

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? FCA-Trainer Jess Thorup gelang mit dem FCA ein glanzloser Arbeitssie­g. Die gute Nachricht: Der gibt auch drei Punkte.
Foto: Klaus Rainer Krieger FCA-Trainer Jess Thorup gelang mit dem FCA ein glanzloser Arbeitssie­g. Die gute Nachricht: Der gibt auch drei Punkte.

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