Illertissen kann sich weiterhin viele Wünsche erfüllen
Der zweite Rekordhaushalt in Folge, eine hohe Schlagzahl bei den Investitionen: Gerade deshalb löst der Etat für 2024 bei einer Fraktion Bauchgrimmen aus.
Mit fast 75 Millionen Euro ist der Haushalt für das laufende Jahr 2024 veranschlagt. Das sind noch einmal sechs Millionen mehr als im auch schon glänzend verlaufenden Vorjahr. Der Verwaltungshaushalt nimmt davon rund 54 Millionen in Beschlag, doch satte 21 Millionen Euro – drei mehr als 2023 – können für Investitionen ausgegeben werden. Etwa die Hälfte davon fließen in den Tiefbau, also vor allem in die Sanierung von Straßen und Kanälen, erläuterte Kämmerer André Lassen bei den finalen Haushaltsberatungen am Donnerstag. Beim Hochbau schlagen vor allem der Dorfladen Jedesheim, die neue Kita in der Franz-Mang-Straße und die Sanierung der Vöhlinhalle mit großen Beträgen zu Buche. Das hohe Investitionsniveau hängt nicht zuletzt mit dem Geschick der Verwaltung zusammen, Fördergelder zu akquirieren.
Bürgermeister Jürgen Eisen nutzte das Zahlenwerk als Steilvorlage für eine persönliche Bilanz seines Wirkens. Seit zehn Jahren ist er nun der Chef im Rathaus. Das Straßennetz damals sei marode gewesen, seither seien 50 Straßen saniert worden, spann er einen zeitlichen Bogen weit über das aktuelle Haushaltsjahr hinaus. Die Investitionen „seit meinem Amtsantritt fast verdreifacht“, „Schulden abgebaut“, „massiv in Immobilien und Grundstücke investiert“und dabei „Werte im hohen zweistelligen Millionenbereich geschaffen“, so ging das eine ganze Weile weiter.
Einzig die Freien Wähler hatten zuvor Makel in dem Zahlenwerk entdeckt. Für die Investitionen würden nahezu sämtliche Rücklagen aufgebraucht, monierte Susanna Oberdorfer-Bögel, was der Kämmerer jedoch anders darstellte. Vor allem wähnt sie die Bauverwaltung
in Anbetracht der vielen Projekte am Anschlag. Jetzt schon komme es regelmäßig zum Verzug beim Baubeginn, zu viele Planungsleistungen müssten nach Geschmack der FWG nach außen vergeben und somit teuer eingekauft werden. Eisen münzte diese Kritik später um in einen dringenden Wunsch: dem nach einer personellen Aufstockung der Hochbau-Abteilung.
Weitere in den Haushaltsreden der Fraktionen geäußerte Kritikpunkte
waren im Vergleich dazu dann doch eher Marginalien. Genutzt wurden diese vor allem, um eigene Duftmarken zu setzen und Schwerpunkte der eigenen Fraktion zu markieren. Bei der SPD ist dies der kommunale Wohnungsbau. Andreas Fleischer wünschte weitere Aktivitäten der Wohnungsbau GmbH, an der die Stadt einen 60-Prozent-Anteil hält, für „bezahlbare Wohnungen“speziell für junge Familien. Gleichzeitig stellte er sich hinter die in den kommenden Jahren anstehenden Großvorhaben: Nautilla-Sanierung und Rathaus-Areal.
Rüdiger Stahl, der für die Fraktion ÖDP/AB/Grüne sprach, legte einen Akzent auf die stellenweise gefährliche Situation für Radelnde. Verbesserungen an Memminger und Dietenheimer Straße seien daher dringend geboten, sie kommen allerdings in diesem Jahr nicht mehr. Er freue sich, dass die Freiflächen-Photovoltaik inzwischen auf eine hohe Akzeptanz stoße, „wir wünschen uns weitere mutige Maßnahmen“. Nicht allein von Stahl wurde das hohe Defizit bei der Kinderbetreuung thematisiert. Um es verringern, wolle seine Fraktion eine Erhöhung der Beiträge „nicht ausschließen“.
Ewald Ott (CSU) sieht Illertissen auf einem guten Weg. Der aktuelle sei ein „Haushalt mit Schubkraft“, der noch viele Spielräume belasse. Er rühmte eine „hervorragende Liegenschaftspolitik“der Stadt und rechnete vor, dass die Rücklagen (5,6 Millionen Euro) den anvisierten Schuldenstand von vier Millionen deutlich überstiegen. Die richtigen Prioritäten gesetzt und eine „klare Vorstellung von der Zukunft Illertissens“zu haben, nahm er für seine Fraktion in Anspruch. Den Kreistag, dem er selbst angehört, forderte Ott zu sparsamem Haushalten auf, „denn die Kreisumlage macht fast ein Viertel unseres Verwaltungshaushalts aus“.
Demonstrativ stellte sich Ott hinter die Linie der Stadt, Kitas nach Möglichkeit unter städtischer Regie zu betreiben: „Durch die zentrale Steuerung aus dem Rathaus spart uns das fast eine halbe Million pro Jahr“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Inzwischen betreibe die Stadt 21 Gruppen mit 500 Kindern gleich 60 Prozent aller betreuter Kinder, griff der Bürgermeister diesen Faden in seiner Rede wieder auf. Vor zehn Jahren seien es lediglich 216 gewesen. Mit einem Seitenhieb auf die FWG-Kritik markierte Eisen schließlich eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit. Mit der Verschiebung von Investitionen gingen keine Verbesserungen bei den Haushaltszahlen einher und später werde es auch nicht günstiger. Die FWG stimmte dem Haushalt anders als 2023 diesmal dennoch zu, so wie die anderen Fraktionen ebenfalls: „Einstimmig“, wird deshalb im Protokoll stehen.