Gartenkultur-Museum hat Zukunft im Blick
Mit Matthias Rausch stellt die Stiftung auf der Illertisser Jungviehweide erstmals einen Geschäftsführer ein. Er war zuvor Klimaschutzmanager des Landkreises.
Nach zehn Jahren Museumsarbeit mit wechselnden Ausstellungen und historischen Museumsgärten geht der Blick bei der Stiftung der Gartenkultur jetzt in Richtung Zukunft. Dazu gehört auch, dass mit Matthias Rausch erstmals ein Geschäftsführer eingestellt wird. Zu seinem neuen Arbeitsplatz in Illertissen sagt der 51-Jährige: „Die Gärten mit ihrem Jahreskreislauf sind für mich Gegenwart, und meine Aufgabe sehe ich darin, das auf der Jungviehweide Geschaffene für die nächste Generation nutzbar zu machen.“Er will zeigen, dass nach dem Fokus auf Computerarbeit und digitale Welt jetzt wichtig werde, den Blick wieder der Natur zuzuwenden, denn ohne sie gebe es keine humane Gesellschaft.
Für den Weg von Ulm zu seiner Halbtagsstelle in Illertissen nutzt Matthias Rausch öffentliche Verkehrsmittel oder er fährt gleich mit dem Fahrrad. Der vormalige Klimaschutzmanager des Landkreises Neu-Ulm und selbstständige Berater für Nachhaltigkeits- und
Organisationsentwicklung nahm zum 1. April seine neue Arbeit auf und hat schon erste Ideen. Im Museum ist eine Dauerausstellung geplant, die 2025 eröffnet werden soll. Dazu werde es Raum geben für Wechselausstellungen sowie thematisch passende Wandersammlungen von auswärts, etwa um eigene Themen zu ergänzen.
Wie bisher würden sich die Museumsinhalte jedoch über den Ausstellungsraum hinaus erstrecken, etwa in die Gartenbibliothek oder aufs Gelände, ergänzt Dieter Gaißmayer. Und trotz Umstrukturierungen wollten sie auch heuer nicht ohne Ausstellung auskommen: „Wir haben eine kleine, aber feine Bohnenschau“, sagt er und zieht demonstrativ einen Regalwagen mit Dutzenden von Bohnenschnippelmaschinen heran. „Aus meiner persönlichen Sammlung“, sagt er und erläutert, dass die mit Handkurbel versehenen Geräte die Bohnen fachgerecht schräg zerkleinerten: „Damit holen wir das meiste Aroma aus ihnen heraus.“Als Stiftungsvorsitzender erhofft sich Gaißmayer vom neuen Geschäftsführer Unterstützung in Rat und Tat. Schließlich habe er die 70 Jahre schon überschritten, gibt der Staudengärtner zu bedenken. Er schmunzelt und rudert gleich wieder zurück: „Ganz weg werde ich ja nie sein.“
Zusammen wollen sie das rund ums Museum angesammelte Gartenwissen für die nächsten Jahrzehnte aufbereiten. Denn künftig werde jeder Quadratmeter Garten an Bedeutung gewinnen. Der Stiftungsvorsitzende sagt, dass bayernund sogar deutschlandweit die Naturschutzfläche etwa so viel Areal umfasse wie die der Privatgärten. Daher gelte es, „in ihnen die Natur zu kultivieren“, sagt Gaißmayer. Er nennt es Umorientierung, indem in der Stiftung vom Sammeln und Bewahren zum Gestalten übergegangen werde. Zwei wegweisende Projekte würden bereits verfolgt – einmal die Klimabäume und dann die Kletterpflanzenprojekte für Innenstädte mit einjährigem Grün. Es gelte, Wissen zu vermitteln, Begeisterung zu wecken und zu begleiten, denn der Zugang zu Pflanzen bedeute Zugang zum Leben, formuliert Gaißmayer die Ziele der Stiftung.
Als neuer Geschäftsführer sieht sich Rausch somit auch als Pionier in Sachen Nachhaltigkeit. Er will den Blick öffnen, etwa für Biodiversität, warum altes Saatgut für die Zukunft so bedeutend ist. Der Mensch soll wieder mehr mit der Natur in Verbindung gebracht werden: Die einen würden das Ried aufsuchen, die anderen wollten mit ihren Händen etwas in die Erde pflanzen. Solche Kontakte seien in den vergangenen Jahren etwas verloren gegangen, findet Rausch. Die Frage nach der Gartenkultur fordere die Gesellschaft heraus, indem es um ihre Enkelkinder gehe, sagt Rausch, der frühere Klimaschutzmanager.
So sieht der Geschäftsführer seine Aufgabe auch in der Pflege grüner Netzwerke seitens der Stiftung etwa zum Verein der Freunde und Förderer der Gartenkultur, der Staudengärtnerei, den Obst- und Gartenbauvereinen, der Stadt Illertissen, den Imkern oder dem Bund Naturschutz. Es zähle aber auch die Mittelbeschaffung dazu ebenso wie die Aufgabe, über die drei großen Veranstaltungen hinaus die Jungviehweide mit Leben zu erfüllen. Die Stiftung der Gartenkultur gehöre der 13 Mitglieder zählenden Allianz der bayerisch-schwäbischen Naturschutzstiftungen an, die kürzlich auf der Jungviehweide tagte. Auch am 1. Oktober, dem bundesweiten Tag der Stiftungen, sei eine Teilnahme geplant, sagt der Geschäftsführer. In seiner neuen Aufgabe will er fürs Erste zuhören, Gespräche führen oder Erwartungen erkennen, um die Lücken zu finden, die er dann füllen möchte.
Ganz zum Schluss meldet sich in der Dreierrunde noch Schatzmeister Jens Hinrichs zu Wort, nicht etwa zu Finanzfragen, sondern ganz pragmatisch zur Gartenkultur selbst: „Wir wollen mithelfen, die vielen Schottergärten aufzubrechen, sogar die Stadt Illertissen hat sich schon dagegen ausgesprochen.“Damit erinnert er auch an die vor Jahren schon auf der Jungviehweide initiierte Aktion „Entsteint euch.“Der neue Geschäftsführer dreht das Bild mit den Steinen um: „Wir wollen in den Gärten vielmehr Trittsteine schaffen für mehr Biodiversität.“
Schottergärten sollen weniger werden.