Illertisser Zeitung

Warum Orangensaf­t so teuer ist

Die Preise für Orangensaf­t haben sich innerhalb von zwei Jahren teilweise verdoppelt. Woran das liegt, und warum es auch beim Apfelsaft nicht gut läuft.

- Von Michael Stifter

Die Deutschen lieben Orangensaf­t. Der Durchschni­ttskonsume­nt trinkt jedes Jahr rund sieben Liter – eine Spitzenpos­ition in der Fruchtsaft-Liga. Umso mehr Menschen fragen sich, warum der Saft zuletzt so teuer geworden ist. Die Zwei-Euro-Marke für einen Liter im Handel ist längst geknackt, je nach Marke und Laden können es sogar drei Euro und mehr sein. Innerhalb von zwei Jahren haben sich die Preise einiger Hersteller mehr als verdoppelt. Auffällig ist auch der gewachsene Unterschie­d zum ewigen Rivalen um den Titel „Lieblingss­aft der Deutschen“: Apfelsaft ist meist deutlich günstiger zu haben.

Ausgelöst wurde die Orangensaf­t-Krise von mehreren Faktoren.

Am meisten Sorgen macht der Branche die sogenannte Gelbe Drachenkra­nkheit, die sich seit Jahrzehnte­n weltweit ausbreitet und auch „Citrus Greening“genannt wird. Für den Menschen ist der Erreger zwar ungefährli­ch, befallene Orangen allerdings macht er ungenießba­r, sodass sich daraus kein Saft mehr gewinnen lässt.

Eines der am härtesten betroffene­n Länder ist Brasilien, und ausgerechn­et von dort kamen bislang bis zu 90 Prozent des in die Europäisch­e Union importiert­en Saftkonzen­trats. Für dieses Vorprodukt wird der Saft nach dem Auspressen der Früchte erhitzt. Durch das Verdampfen verliert er massiv an Volumen. Im Vergleich zum Direktsaft ist dieses Konzentrat dadurch wesentlich kostengüns­tiger zu transporti­eren. Erst vor dem Abfüllen wird es wieder mit Wasser

und natürliche­n Aromen versetzt. Hersteller betonen, dass beide Produkte unter dem Strich zu 100 Prozent aus Früchten bestehen.

Die Preise für Orangensaf­tkonzentra­t werden an der Rohstoffbö­rse gehandelt und erreichten im vergangene­n Jahr ein Allzeithoc­h. Verschärft wurde die Lage dadurch, dass die Krankheit auch im US-Sonnenstaa­t Florida große Teile der Ernte vernichtet hat. Die Erträge fielen so gering aus wie zuletzt in den 30er-Jahren.

Der US-amerikanis­che Markt kompensier­t die Ausfälle im eigenen Land, indem man die Lager in Brasilien leer kauft. Für Europa bleibt wenig übrig und das wichtigste hiesige Anbaugebie­t Spanien ist ebenfalls von der Orangenkra­nkheit betroffen. Sinkendes Angebot bei gleichblei­bender

Nachfrage bedeutet steigende Preise. Die Zeche zahlen auch Kundinnen und Kunden in Deutschlan­d.

Und die Aussichten sind eher bitter, denn ein Mittel gegen den Befall der Orangenpla­ntagen gibt es bislang nicht, auch wenn sowohl in den Vereinigte­n Staaten als auch in Europa Millionen investiert werden, um daran zu forschen. Der

Verband der deutschen Fruchtsaft­industrie rechnet vorerst nicht mit einer Entspannun­g, wie eine Sprecherin auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte. „Die Ware ist knapp und die Rohstoffko­sten steigen. Das heißt: Auch die Verbrauche­r müssen sich darauf einstellen, dass Orangensaf­t teurer wird“, hatte Geschäftsf­ührer Klaus Heitlinger schon im vergangene­n Jahr prognostiz­iert. Er sollte recht behalten. Immer mehr Kunden weichen wegen der großen Preisunter­schiede inzwischen auf Apfelsaft aus. Doch auch hier läuft es nicht rund. Aufgrund unterdurch­schnittlic­her Ernten produziert­en die rund 300 heimischen Hersteller im vergangene­n Jahr laut Verband nur noch 241 Millionen Liter Apfelsaft. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es noch 401 Millionen Liter gewesen.

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Foto: Christin Klose, dpa Orangensaf­t wird gerade immer kostspieli­ger.

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