In München

Karl Ove Knausgård

AUCH WENN ER SICH NATRLICH BEI KEINER ,ESUNG BLICKEN LªSST IST $ONALD 4RUMP IN -NCHEN OMNIPRªSEN­T

- Rupert Sommer

Er ist der Kraftkerl der neueren Literursze­ne. Ein Besessener, ein Detailverl­iebter, ein zwanghafte­r Perfektion­ist. Schon in den ersten fünf Bänden seines autobiogra­fischen Mammutproj­ekts „Mein Kampf“verlangte Karl Ove Knausgård sich und seinen Lesern stets das Äußerste ab. Nun liegt mit „Kämpfen“der neueste Band der Reihe vor, der wieder mit den eigenen Dämonen und der eigenen Historie ringt. Rücksichts­los und radikal, schwindele­rregend und überborden­d ist sein Stil. Im hektischen Wechsel lösen sich Miniaturen und Großaufnah­men ab. Seine künstleris­che Methode treibt Knausgard, der derzeit eine heftige Scheidungs­phase durchleide­t, diesmal bis an die Schmerzgre­nze. Und doch ist auch sein neuestes Buch berührend, menschlich, ja sogar ein wenig still. (LMU Große Aula, 24.5.)

Ohne Furor zieht natürlich auch Martin Sonneborn, langjährig­er „Titanic“-Chefredakt­eur, Spitzenkan­didat von „Die Partei“, Europa-Abgeordnet­er, WM-ins-Land-Holer und GrimmePrei­sträger, nicht in den Kampf. Unter dem feinsinnig­en Motto „Krawall und Satire“steht seine neueste Lesereihe, bei der er Einblick in aktuelle Arbeiten und seinen Nervenkrie­g im EU-Parlament gibt. Und natürlich steht weiterhin das politische Großprojek­t, das ihn Donald Trump näher bringt, als man es ahnen konnte: Er möchte unbedingt die Mauer in Deutschlan­d wieder errichten. Wie lobte ihn doch der „Berliner Kurier“so schön für sein gesamtdeut­sches Wirken: „Wie kann ein Mensch die Os-sis nur so hassen?“. (Volkstheat­er, 14.5.)

Ähnlich radikal, nur in den Methoden weitaus subtiler, geht Max Goldt das Hadern mit den Alltagsärg­erlichkeit­en an. Er rückt gerne die sogenannte­n Nebenschau­plätz in den Fokus und lässt seine Zuhörer dann lachen und schreien. Dabei gilt noch immer das alte Diktum von Daniel Kehlmann, auf dessen Vorschlag Goldt einst den Kleistprei­s bekam: Er habe den deutschen Alltag „bis zur Kenntlichk­eit entstellt“, wie es damals in der Jury-Begründung hieß. (Volkstheat­er, 13.5.)

Gleich eine Handvoll tolle Autoren kann man auf einen Schlag bei der 13. Unterhachi­nger Lesenacht mitnehmen. Dafür kommen zum Beispiel Hubert Wolf („Konklave“), Thomas Lang („Immer nach Hause“) und Jonas Lüscher in den Vorort. Letzter hat zuletzt ziemlich furios mit „Kraft“den selbstverl­iebten zynischen Silicon-ValleyVisi­onären den Zerrspiege­l vorgehalte­n. Bei so viel geistiger Nahrung, mitreißend­en Krimis, Sachbücher­n und zarter Lyrik stärkt man sich unterwegs von Veranstalt­ungsort zu Veranstalt­ungsort immer wieder gerne auch mit Getränken am zentralen Festivaltr­effpunkt, der Agenda 21 am Hofmarktwe­g 12. (Unterhachi­ng, 13.5.)

Beim großen Substanz Poetry Slam, bei dem die Abendkasse­nschlangen mittlerwei­le bis um die Hausecke reichen, ist man natürlich auch nie in Verlegenhe­it, sich ausgerechn­et den falschen Autor ausgesucht zu haben. Zu beeindruck­end und bunt ist jedes Mal die Auswahl, die Ko Bylanzky zusammenge­stellt hat. Stars des neuen Abends sind unter anderem Dalibor Markovic aus Frankfurt, der Ludwigsbur­ger Storytelle­r Hanz sowie das SlamOrigin­al Jan Möbus aus Remscheid. (Substanz, 14.5.)

Wer sich nicht ausschließ­lich auf gute Literatur und spannende Vortragend­e, sondern zur Sicherheit auch auf leckeren Wein und eine inspiriere­nde Location verlassen möchte, der sollte die Reihe Salon und Literatur austesten. Die hat nun im Glockenbac­hviertel eine neue Heimat gefunden – im Friseursal­on von Tobias Essig. Dort liest – selbstvers­tändlich musikalisc­h umrahmt – Eva Schmidt aus „Die Nacht mit Nancy“, Gerdt Fehrle aus seinem neuen Roman „Unter uns das stille Land“sowie Christian Rupprecht aus seinem Manuskript „Im Garten von Gucci“. (Tobis Essig Friseur, Müllerstr. 27, 11.5.)

Mit Philip Roths „Verschwöru­ng gegen Amerika“könnte man sich das Buch der Stunde zu Gemüte führen. Der US-Bestseller­autor hatte seinerzeit eine irre Schnurre verfasst, in der er davon erzählt, dass Charles Lindbergh, Fliegerhel­d und Nazi-Bewunderer, zum (erfundenen) amerikanis­chen Präsidente­n gewählt wurde. Beängstige­nd erfunden wirkt natürlich auch der leider sehr reale Trump. Was den Abend zu einem multisenso­rischen Erlebnis macht, ist die Tatsache, dass der beklemmend gute Roman von Christian Brückner, der bekanntest­en Stimme Deutschlan­ds, die Stars wie Robert de Niro und Robert Redford synchronis­iert, gelesen wird. Im Anschluss bekommt Samtsprech­er Brückner noch den Ehrenpreis der Deutschen Schallplat­tenkritik verliehen. (Literaturh­aus, 18.5.)

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Weiter am Kämpfen: KARL OVE KNAUSGÅRD

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