Karl Ove Knausgård
AUCH WENN ER SICH NATRLICH BEI KEINER ,ESUNG BLICKEN LªSST IST $ONALD 4RUMP IN -NCHEN OMNIPRªSENT
Er ist der Kraftkerl der neueren Literurszene. Ein Besessener, ein Detailverliebter, ein zwanghafter Perfektionist. Schon in den ersten fünf Bänden seines autobiografischen Mammutprojekts „Mein Kampf“verlangte Karl Ove Knausgård sich und seinen Lesern stets das Äußerste ab. Nun liegt mit „Kämpfen“der neueste Band der Reihe vor, der wieder mit den eigenen Dämonen und der eigenen Historie ringt. Rücksichtslos und radikal, schwindelerregend und überbordend ist sein Stil. Im hektischen Wechsel lösen sich Miniaturen und Großaufnahmen ab. Seine künstlerische Methode treibt Knausgard, der derzeit eine heftige Scheidungsphase durchleidet, diesmal bis an die Schmerzgrenze. Und doch ist auch sein neuestes Buch berührend, menschlich, ja sogar ein wenig still. (LMU Große Aula, 24.5.)
Ohne Furor zieht natürlich auch Martin Sonneborn, langjähriger „Titanic“-Chefredakteur, Spitzenkandidat von „Die Partei“, Europa-Abgeordneter, WM-ins-Land-Holer und GrimmePreisträger, nicht in den Kampf. Unter dem feinsinnigen Motto „Krawall und Satire“steht seine neueste Lesereihe, bei der er Einblick in aktuelle Arbeiten und seinen Nervenkrieg im EU-Parlament gibt. Und natürlich steht weiterhin das politische Großprojekt, das ihn Donald Trump näher bringt, als man es ahnen konnte: Er möchte unbedingt die Mauer in Deutschland wieder errichten. Wie lobte ihn doch der „Berliner Kurier“so schön für sein gesamtdeutsches Wirken: „Wie kann ein Mensch die Os-sis nur so hassen?“. (Volkstheater, 14.5.)
Ähnlich radikal, nur in den Methoden weitaus subtiler, geht Max Goldt das Hadern mit den Alltagsärgerlichkeiten an. Er rückt gerne die sogenannten Nebenschauplätz in den Fokus und lässt seine Zuhörer dann lachen und schreien. Dabei gilt noch immer das alte Diktum von Daniel Kehlmann, auf dessen Vorschlag Goldt einst den Kleistpreis bekam: Er habe den deutschen Alltag „bis zur Kenntlichkeit entstellt“, wie es damals in der Jury-Begründung hieß. (Volkstheater, 13.5.)
Gleich eine Handvoll tolle Autoren kann man auf einen Schlag bei der 13. Unterhachinger Lesenacht mitnehmen. Dafür kommen zum Beispiel Hubert Wolf („Konklave“), Thomas Lang („Immer nach Hause“) und Jonas Lüscher in den Vorort. Letzter hat zuletzt ziemlich furios mit „Kraft“den selbstverliebten zynischen Silicon-ValleyVisionären den Zerrspiegel vorgehalten. Bei so viel geistiger Nahrung, mitreißenden Krimis, Sachbüchern und zarter Lyrik stärkt man sich unterwegs von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort immer wieder gerne auch mit Getränken am zentralen Festivaltreffpunkt, der Agenda 21 am Hofmarktweg 12. (Unterhaching, 13.5.)
Beim großen Substanz Poetry Slam, bei dem die Abendkassenschlangen mittlerweile bis um die Hausecke reichen, ist man natürlich auch nie in Verlegenheit, sich ausgerechnet den falschen Autor ausgesucht zu haben. Zu beeindruckend und bunt ist jedes Mal die Auswahl, die Ko Bylanzky zusammengestellt hat. Stars des neuen Abends sind unter anderem Dalibor Markovic aus Frankfurt, der Ludwigsburger Storyteller Hanz sowie das SlamOriginal Jan Möbus aus Remscheid. (Substanz, 14.5.)
Wer sich nicht ausschließlich auf gute Literatur und spannende Vortragende, sondern zur Sicherheit auch auf leckeren Wein und eine inspirierende Location verlassen möchte, der sollte die Reihe Salon und Literatur austesten. Die hat nun im Glockenbachviertel eine neue Heimat gefunden – im Friseursalon von Tobias Essig. Dort liest – selbstverständlich musikalisch umrahmt – Eva Schmidt aus „Die Nacht mit Nancy“, Gerdt Fehrle aus seinem neuen Roman „Unter uns das stille Land“sowie Christian Rupprecht aus seinem Manuskript „Im Garten von Gucci“. (Tobis Essig Friseur, Müllerstr. 27, 11.5.)
Mit Philip Roths „Verschwörung gegen Amerika“könnte man sich das Buch der Stunde zu Gemüte führen. Der US-Bestsellerautor hatte seinerzeit eine irre Schnurre verfasst, in der er davon erzählt, dass Charles Lindbergh, Fliegerheld und Nazi-Bewunderer, zum (erfundenen) amerikanischen Präsidenten gewählt wurde. Beängstigend erfunden wirkt natürlich auch der leider sehr reale Trump. Was den Abend zu einem multisensorischen Erlebnis macht, ist die Tatsache, dass der beklemmend gute Roman von Christian Brückner, der bekanntesten Stimme Deutschlands, die Stars wie Robert de Niro und Robert Redford synchronisiert, gelesen wird. Im Anschluss bekommt Samtsprecher Brückner noch den Ehrenpreis der Deutschen Schallplattenkritik verliehen. (Literaturhaus, 18.5.)