Nikki Lane
Schmerz, Leid und Liebe – alles dabei
Der Name soll Programm sein: unter dem Motto „Aero-Vederci Baby” wollen sich die US-Rocker Aerosmith zumindest von ihrem europäischen Publikum verabschieden, das Haltbarkeitsdatum dieser Aussagen kennt man natürlich bereits von diversen anderen Bands im Spätherbst der Karriere. Sänger Steven Tyler und Gitarrero Joe Perry stehen doch aber auch schon immerhin 45 Jahre auf der Bühne, anfangs noch als „Stones für Arme“abgetan, schufen sie sich mit Hits wie „Dream On“, „Toys In The Attic“, „Love In An Elevator“und dem Oberkracher „Walk This Way“ihrer eigenen Rockolymp. Mit dabei sind die Kollegen von Foreigner, die ebenfalls mit „Urgent“, „Juke Box Hero“und „ Cold As Ice“ein Hitfeuerwerk abbrennen können. (26.5. Königsplatz)
Hemmungslose Blues-Gitarren, lasziver Singer- Songwriter-Rock und cooler Vintage-Sixties-Country-Pop: Neben all der musikalischen Lässigkeit und derben Sprüchen, überzeugt Nikki Lane aber vor allem mit starken Texten und ihrem einzigartigen Sound. Genau wie ihr eigener Lebensweg, eine Reise durch die unterschiedlichsten US-Städte, ist auch ihre Musik eine bunte Mischung aus verschiedenen Genre-Einflüssen. Das aktuelle Album „Highway Queen“ist eine Reise durch Herzensbrüche und Lebenswendungen, die Nikki zu einer der talentiertesten Country- und Rocksängerinnen unserer Zeit machen, denn sie verkörpert den Sound und Look der neuen Outlaw-Country-Musik. (28.5. Feierwerk Orangehouse)
Ungefähr in die gleiche Kerbe, allerdings mit einer ganzen Portion mehr Blues in der Stimme, schlägt Kollegin Beth Hart. Auch bei ihr schrieb das Leben das Drehbuch für eine starke Musikkarriere, spätestens seit ihrer Kollaboration mit Bluesgitarrist Joe Bonamassa, ist sie auch hierzulande einem breiteren Publikum bekannt. Mit ihren aktuellen Album „Fire On The Floor“zieht sie wieder alle Bluesrock-Register, nicht umsonst wurde Hart bereits in jungen Jahren als Janis Joplin in ihrer Heimatstadt Los Angeles in einem Musical besetzt. Gern gesehener Gast in dieser Stadt, diesmal in der schönsten Halle. (29.5. Circus Krone)
Er ist ein sogenannter Musiker-Musiker, das heißt, ein Künstler, der besonders auch von seinen Kollegen geschätzt wird: Cody Chesnutt. 2002 wurde er bekannt, als The Roots einen seiner Songs neu unter dem Titel „The Seed 2.0“aufnahmen. Der Track wurde in Serien wie „The Wire“und in Filmen wie „Collateral“verbraten, sein Debütalbum „The Headphone Masterpiece“, von dem „The Seed“im Original stammte, gilt als Meisterwerk: Die rund 30 Stücke auf zwei CDs wurden von dem Mann aus Atlanta alleine (eine Drum Machine übernahm die Rhythmusarbeit) daheim im Schlafzimmer auf einem Vier-Spur-Gerät aufgenommen. Wie das klingt? Bitte schön, namedropping deluxe: Die Namen Marvin Gaye, D’Angelo, Prince, Portishead, Al Green, Sly Stone und Modest Mouse fallen oft, eine Mischung aus Neo Soul, HipHop, Blues, Rock und Funk ist angesagt. Nun kommt er vorbei, um die Stücke für sein nächstes Album „My Love Divine Degree“schon mal live auszuprobieren, da darf man doch mal wieder höchst gespannt sein. (29.5. Milla)
Ihre musikalischen Anfänge machten The Builders And The Butchers als sogenannte Funeral Band im nordischen Alaska. Nur konsequent also, dass sie sich eher in den dunklen Ecken der Popmusik eingerichtet haben. Thematisch und textlich bleiben sie dabei traditionell gern metaphorisch bis ominös. Auch auf ihrem fünften Album „The Spark“, das beim Münchner Label Instrument Village erschienen ist, gibt es wieder reichlich Stoff von Tod und Teufel, aus Feldern werden Friedhöfe, und über allem schweben Sünde und Verdammnis. Ihre düster bis morbiden Geschichten verpacken sie in eine stimmungsvolle und facettenreiche Soundwelt zwischen Folk, Rock, Blues und Bluegrass. Darüber liegt Ryan Sollees einnehmende Stimme, die alles zusammenschweißt. Hingehen. (30.5. Feierwerk)
Wer bei Matador veröffentlicht, kann nicht schlecht sein: 2015 hat die gerade mal 21jährige Julien Baker aus Memphis ihr gelungenes und anrührendes Debütalbum „Sprainend Ankle“veröffentlicht, ausgekoppelt wurde die Single „Funeral Pyre“(zu Deutsch „Scheiterhaufen“). Dabei schafft es Baker, einen so makabren Titel herzerweichend und wunderschön zu erzählen und zu instrumentieren. Die ruhige Stimme harmoniert dabei perfekt zur sanften Melodie, die nach und nach immer lauter, immer fordernder wird und schließlich fast die Grandezza eines Orchesters erreicht. Support: Lauren Denitzio (31.5. Milla)
„Wenn Musiker Anfang 20 eine Band gründen, geht es doch meistens um den Spaß an der Sache“, erklärt Sängerin und Gitarristin Julia Kugel a.k.a. Crook Kid Coathanger ihre Motivation, 2006 zusammen mit den Freundinnen Minnie und Rusty Coathanger auf die Bühne zu treten – ohne so richtig spielen zu können. Was sich im Nachhinein als Vorteil herausgestellt hat: Das Trio The Coathangers hat sich richtig reingehängt und über die Jahre eine ganz eigene Vorstellung von Punk und Garage entwickelt. Zehn Jahre nach Gründung veröffentlichten sie letztes Jahr ihr fünftes Studioalbum „Nosebleed Weekend“, das beweist, dass die Ladies aus Atlanta über die Jahre stärker und besser geworden sind. Einflüsse von klassischem Rock werden nun verwendet, poppige Melodien eingesetzt und eine coole Country-Ballade ist auch dabei. (1.6. Feierwerk)
Auf manche Kollaborationen hat man praktisch Jahr(zehnt)e gewartet: Edward Ka-Spel ist der Sänger und Songschreiber der Experimental-Band The Legendary Pink Dots, neben den rund 40 Studioalben, die er mit seiner Band in wechselnder Besetzung aufnahm, produzierte er ähnliche viele Soloplatten, auf denen er von elektronischem Krach über Folk, Kinderlieder, Progressive Rock bis zu herzzerreißenden Balladen ein breites Spektrum abdeckt. Amanda Palmer ist ein Teil der Dresden Dolls, wo sie zusammen mit Brian Viglione sowas wie Cabaret-Goth-Punk macht. Zusammen haben Amanda Palmer und Edward Ka-Spel die Platte „I Can Spin A Rainbow“aufgenommen – endlich kommen die beiden musikalischen Geister zusammen. (1.6. Muffathalle)
Wer Nick Cave mag, könnte sich auch an diesem Mann mit viel Wüstenstaub und Swampblues erfreuen: King Dude. T.J. Cowgill, so der richtige Name des aus Seattle stammenden Prinzen des Düster-Folks, kehrt nun mit seiner Band Demon Brothers (sic!) und seinem jüngsten, schlicht „Sex“(sic! sic!) betitelten Album zurück auf die hiesigen Bühnen. Aber er könnte auch anders: „Die TrueDetective-Storyline ist das, was die Regisseure gesehen hätten, wenn sie in meinem Hirn rumgekramt hätten“, erzählte King Dude dem britischen Guardian. Seine Songs wären fürwahr der perfekte Soundtrack für die beliebte Serie, denn der Dude könnte neben sich selbst Johnny Cash nur als Mann in Grau erscheinen lassen. (7.6. Backstage Club)
Von „People Are People“bis „Spirit” – Depeche Mode wollen es mit ihrem 14. Studioalbum noch einmal wissen und laden in die großen Stadien. 100 Mio. Platten hat die zum Trio geschrumpfte Synthiepop-Band weltweit verkauft und immer noch wirft die Veröffentlichung eines neuen Albums von Dave Gahan, Martin Gore und Andrew Fletcher ihren Schatten bis zu einem Jahr voraus. So auch bei „Spirit“und das Warten hat sich gelohnt: neben Hits versammelt das Werk den der Band eigenen Düsterpop mit tollen analogen Synthie-Sounds, die manifestieren, dass Depeche Mode nicht zum alten Eisen gehören, sondern als ehemalige Visionäre des Genres immer noch Impulse geben können. Dafür allein schon ein großes Bravo. Support: The Horrors (9.6. Olympiastadion)