Larry Brown
Fay (Heyne Hardcore)
„There’s A Bright Side Somewhere“sang die Carter Family in den frühen 1950ern und auch für Fay Jones ist dies die einzige Option: mit zwei Dollar und einem Körper, den Männer begehren, macht sich die hübsche Siebzehnjährige auf den Weg von Mississippi zur Küste an einen Sehnsuchtsort namens Beloxi. Armut, Misshandlung und Ausbeutung lässt sie zurück und auch was vor ihr liegt, hat eher mit der Kehrseite des amerikanischen Traums zu tun. Auf ihrer Suche nach Geborgenheit, gerät Fay in allerlei Schwierigkeiten, die natürlich meist mit Männer zu tun haben. Im Laufe dieser großartigen Erzählung wächst das white trash girl zu einer der eindrucksvollsten amerikanischen Romanfiguren der Neuzeit, ebenso wie ihre Schicksalsgenossin Ree Dolly aus „Winter’s Bone“von Daniel Woodrell ist sie mit einem natürlichen Überlebensinstinkt ausgestattet und braucht auch nicht das Mitleid des Lesers. Dafür ist in der Prosa des bereits 2004 verstorbenen Larry Brown kein Platz, seine glasklare, reduzierte Sprache, die auch mal an Hemingway erinnert, gehört mit zum Besten, was die authentische und bildgewaltige Literatur des amerikanischen Südens zu bieten hat. Kein Wunder, dass nicht nur verwandte Autoren wie Donald Ray Pollock, James Lee Burke, J.R. Landsdale oder Harry Crews dem Mann huldigen, sondern auch Songwriter wie Vic Chesnutt, Alejandro Escovedo oder T-Model Ford auf einem posthum erschienenen Tributealbum („Just One More Time“). Brown verstarb leider zu früh, um seinen Erfolg als einer der ganz Großen der „Rough South“-Literatur zu genießen. 18 Jahre hat es gedauert, bis „Fay“nun auf Deutsch erschienen ist, man darf hoffen, dass seine anderen Romane und Kurzgeschichten bald folgen werden.