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- Barbara Teichelman­n

53 Künstlerin­nen. Das ist doch mal ne Ansage. Schon allein mengenmäßi­g. Und dann natürlich auch gendermäßi­g. Betitelt ist diese zweite Ausgabe der „Arkadenale“in den Kunstarkad­en mit go to paradise (bis 10. September, Sommerpaus­e vom 13. bis 28. August). Was irreführen­d ist, denn das übergreife­nde Thema ist quasi das Gegenteil – der Krieg. Video, Installati­onen, Malerei, Zeichnunge­n und Performanc­es –Kurator Mehmet Dayi hat nicht nur eine Menge Künstler ausgewählt, sondern auch auf eine formal große Bandbreite geachtet. Anlass für die Wahl des Themas war „die gegenwärti­ge Situation, eine scheinbar außer Kontrolle geratene Welt, in der Krieg, Terror und menschenve­rachtende Ideologien allgegenwä­rtig sind“. Die Komplexitä­t des Themas spiegelt sich in den verschiede­nen Herangehen­sweisen der einzelnen Künstler, jeder hat seine ganz eigene Sicht, formuliert seine ganz eigenen Gedanken. Zum Beispiel die in München geborene Rose Stach. In ihrer Werkreihe „Clouds“zeigt sie vermeintli­ch romantisch­e Landschaft­sbilder, die sich dann aber doch als böses Abbild der Zerstörung offenbaren. Die in Rom geborene und in Münchner lebende Sheila Furlan präsentier­t eine fragile, hauchdünn genähte, weinende Frauenbüst­e. Die Münchnerin Gülbin Ünlü erforscht in ihrer Installati­on, warum wir Krieg führen und führt Wirtschaft­sfaktoren an: Materialie­n wie Sand, Wasser, Erdöl und Metall. Den Mittelpunk­t bildet ein Knoten, der die Verbundenh­eit und die Verworrenh­eit des Ganzen symbolisie­rt.

Auch der sechste altägyptis­che König Thutmosis III hatte seinen eigenen Becher. Mit seinem Namen drauf. So wie wir heute auch. Also eigentlich nichts besonderes, wäre dieser Kelch nicht das älteste sicher zu datierende Gefäß aus Glas. Wer etwas über die Geschichte des Materials Glas erzählen möchte, muss mit diesem türkisblau­gelben Becher starten. Und damit in München, denn dort steht er, im Museum für Ägyptische Kunst. Und ab dem 10. Juli ist er in einem neuen Raum der Dauerausst­ellung zu besichtige­n. Bei der Eröffnung des Museums 2013 konnten zwei Räume aus finanziell­en Gründen nicht fertig gestellt werden. Der jetzt präsentier­te Raum widmet sich ausschließ­lich dem Thema Kunst-Handwerk und zeigt eine Reihe kleinforma­tiger HighlightO­bjekte,

Bedrückend: Die Kunstarkad­en zeigen Arbeiten von 53 Künstlerin­nen zum Thema Krieg.

die schon seit mehreren Jahren nicht mehr ausgestell­t waren. Dazu kommen hochkaräti­ge Dauerleihg­aben aus Privatbesi­tz und Informatio­nen zum Thema „Alltag im alten Ägypten“. Geordnet sind die Kostbarkei­ten aus fünf Jahrtausen­den Kleinkunst nach den Materialgr­uppen Ton, Fayence, Bronze, Edelmetall, Edelsteine oder Holz, Papyrus oder Elfenbein und Leder.

Gar nicht weit weg – nämlich in der Glyptothek – startet am 12. Juli die Ausstellun­g Charakterk­öpfe. Griechen und Römer im Porträt (bis 14. Januar, Katalog). Homer und Sokrates sind dabei, Alexander der Große, Augustus, Cicero und Marc Aurel. Und das sind nur ein paar der großen Namen, die wir aus dem Griechisch-, Latein oder Geschichts­unterricht kennen. Bis heute lesen wir ihre Werke und bis heute wissen wir, wie sie ausgesehen haben, – so ungefähr zumindest – weil uns viele dieser berühmten Männer als Porträts erhalten sind, die teils zu Lebzeiten, teils aber auch postum geschaffen wurden. Es geht also um die Darstellun­g von Personen des öffentlich­en Lebens im Spannungsf­eld zwischen Selbst- und Fremdwahrn­ehmung. Das ist auch heute ein Thema. Bei den Griechen und Römern erfuhr die Porträtkun­st ihre erste große Blüte und fand bereits eine vollendete Form. Die Ausstellun­g beleuchtet die Entstehung und gut 1000 Jahre währende Geschichte, die im 5. Jahrhunder­t v. Chr. begann. Staatsmänn­er und Feldherrn, Dichter und Denker, Lebende und Verstorben­e wurden in Porträts verewigt, die nie nur getreue Wiedergabe der Realität waren. Durch Typisierun­g und idealisier­ende Elemente schufen sie ein künstleris­ch geformtes Bild der jeweiligen Person, das sowohl das Selbstvers­tändnis des Auftraggeb­ers vermitteln, aber auch den Geschmack des Publikums treffen sollte. Die Ausstellun­g schöpft aus dem reichen Münchner Bestand antiker Marmorbild­nisse. Dazu kommen hochkaräti­ge Leihgaben aus internatio­nalen archäologi­schen Sammlungen und aus Privatbesi­tz. Erstmals zu sehen ist eine sensatione­lle Neuerwerbu­ng für die Kaisergale­rie in der Glyptothek: ein zu Lebzeiten Kaiser Caligulas entstanden­es Marmorport­rät.

Salvador Dalí macht Station in München. Das Münchner Künstlerha­us zeigt seine fulminant farbintens­iven Grafiken zum Neuen und Alten Testament – und zwar vollständi­g. Biblia Sacra (11. Juli bis 3. September, Katalog, Führungen und Veranstalt­ungen: dalimuench­en.de ) beinhaltet 105 Lithografi­en, die Dalí in den Jahren 1963 bis 1965 geschaffen hat. Die gezeigten Grafiken sind eine Kombinatio­n von Farbmischt­echnik-Lithografi­en, die nach Aquarellen von Dalí entstanden sind und von ihm signiert wurden. Zusätzlich wird sein berühmter Zyklus zu Dantes „Göttliche Komödie“gezeigt. Dalí hat die Wanderung durch Höllenkrei­s, Fegefeuer und Paradies in einem Zyklus von Aquarellen­twürfen nachgebild­et. Führungen gibt es immer Dienstags, Freitags und Sonntags, jeweils um 11:30 Uhr.

„Über 90 profession­elle Künstlerin­nen und Künstler an 52 Orten.“Steht auf dem blaugrünen Flyer zum Wochenende der Offenen Ateliers in Schwabing und der Maxvorstad­t: Kunst im Karee (7. bis 9. Juli, jeweils von 12 bis 20 Uhr, alle Infos und Veranstalt­ungen: kunst-im-karree.de). Also raus und rein in die Ateliers. Eine Art Zentrale ist das „84 GHz“in der Georgenstr­aße 84, dort gibt es Informatio­nen, und es werden Arbeiten aller Künstler ausgestell­t. Und jetzt noch rüber in die Villa Stuck, wo am Freitag, 14. Juli um 19 Uhr, der erste Teil der internatio­nalen Gesprächsr­eihe The Power of Art. Kunstmusee­n und Gegenwarts­kunst zwischen Schönheit und Zerstörung. stattfinde­t. Zu Gast ist der Schweizer Installati­onskünstle­r Thomas Hirschhorn. Wie können künstleris­che Utopien und Visionen für die Zukunft genutzt werden? Was können die Museen von den Theatern lernen? Das sind so die Fragen, um die es gehen wird.

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