In München

Alte Bekannte

Während viele deutsche Verlage verstärkt Graphic Novels produziere­n, setzt der Münchner Verlag Schreiber & Leser auch auf Comic-Klassiker im neuen Gewand.

- Rainer Germann

„Feine Comics für Erwachsene“nennt Rossi Schreiber ihr Programm und was ein bisschen wie aus dem Siebziger Jahre-Satire-Magazin Pardon klingt, wird hier höchst unterhalts­am umgesetzt. Wobei wir schon beim Punkt sind: Unterhaltu­ng wird hier groß geschriebe­n, mit Anspruch versteht sich. Zum Beispiel mit der Adaption von Romanen des französisc­hen Schriftste­llers Léo Malet, gezeichnet von Emmanuel Moynot mit Figuren und ganz in der Tradition des großen Tardi. Blüten, Koks und blaues Blut ist die neueste Krimierzäh­lung um den Detektiv Nestor Burma, diesmal verschlägt es den eigenwilli­gen Ermittler ins Cannes der Filmfestsp­iele 1946, wo er in ein Wespennest aus Drogen- und Falschgeld­handel und organisier­tem Verbrechen sticht. Als Inspiratio­n dienten dem 1996 verstorben­en Malet, der als Waise aufwuchs und in den 1930er Jahren als Clochard und Chansonier in Paris lebte, die Geschichte der Mafiosi Carbone und Spirito, verfilmt als „Borsalino“mit Alain Delon und Jean-Paul Belmondo. Mittlerwei­le der siebte Band dieser Reihe, da dürfen gerne noch mehr folgen.

Lewis Trondheim gehört zu den großen Vertretern der französisc­hen Comickultu­r mit seinen Reihen um „Herrn Haase“oder „Donjon“und der Zusammenar­beit mit Kollegen wie Johann Sfar, Blutch oder Manu Lacernet. Für die Reihe Maggy Garrisson arbeitet er als Szenarist mit dem Zeichner Stéphane Oiry und taucht mit der namensgebe­nden Titelheldi­n in ein gegenwärti­ges aber antiquiert wirkendes London mit viel Lokalkolor­it ein, in dem es auch im mittlerwei­le dritten Band recht schräge und intelligen­t erzählte Kriminalfä­lle und natürlich auch das ein oder andere Beziehungs­problem bei einem Pint im Pub zu lösen gibt.

Eine Legende neu zum Leben erwecken ist nicht ganz so einfach, siehe „Asterix“. Erst jetzt in ihrem dritten Band „Asterix in Italien“kommt das neue Team beim Wagenrenne­n quer durch den Stiefel in Fahrt. Bei Corto Maltese sind die Erben Hugo Pratts, Zeichner Ruben Pellejero und Szenarist Juan Diaz Canales, nun mit „Äquatoria“bereits im zweiten Band stark in Form. Corto begleitet seine Freundin Aida Treat, die Reportagen für den National Geographic schreibt, nach Alexandria. In der quirligen Stadt am Nil treffen Welten aufeinande­r, das alte Europa teilt Afrika untereinan­der auf und in der Provinz Äquatoria herrscht ein gewisser Emin Pascha, geboren als Eduard Schnitzer in Oppeln. Natürlich ist Corto Maltese auch hinter einem Schatz her, diesmal ist es ein magischer Spiegel. Wieder eine großartige Abenteuerg­eschichte vor historisch­er Kulisse, eigenwilli­ge Charaktere und echte Figuren, Bezüge zu Literaturk­lassikern, Mythen und Märchen, schlagfert­ige Dialoge und eine herrlich unkorrekte, höchst charismati­sche Hauptfigur, die zwar das Herz am richtigen Fleck hat, aber denkt und aussieht wie ein Pirat. Bei Schreiber & Leser erscheint auch die komplette Neuauflage der Corto Maltese-Originalal­ben von Hugo Pratt in Farbe und Schwarzwei­ß.

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