Alles zu seiner Zeit
Dunkles Mittelalter, erotische Kunst und schlechtlaufende Mordaufträge
Weniger mit Kitsch wie Marketa Lazarová (Bildstörung/Alive) von František Vláčil, kann kein Film über das Schicksal eines schönen jungen Mädchens im finsteren Mittelalter zu tun haben. Nach 50 Jahren ist der 1967 gedrehte „beste tschechische Film aller Zeiten“(so wird er in seiner Heimat bezeichnet) nun im Heimkino angekommen. 159 Minuten lang reiht Regisseur Vláčil eindringliche und intensive Schwarz/ weiß-Bilder aneinander, die sich jeglichem Vergleich entziehen. Basierend auf einem Roman von Vladislav Vančura ist diese ergreifende, dunkle und poetische Geschichte einer Fehde zweier rivalisierender Räuberbanden zugleich eine wilde und episch bebilderte Parabel über den Kampf von Christenheit und Heidentum, von Mensch und Natur, von Liebe und Gewalt. Anstatt ein herkömmliches Historiendrama, wie meist üblich in der westlichen Welt in Zeiten des Kalten Krieges, zu erzählen, war Vláčil viel mehr daran interessiert, Form und Denkweise einer längst vergangenen Ära wieder zu erwecken – und das ist ihm auch mit Hilfe seiner unglaublichen Bildsprache gelungen. Ein Meisterwerk, für das man sich die Zeit nehmen sollte, um danach festzustellen, dass das westliche Genre-Kino damals oft bloß Strumpfhose mit Pfeil und Bogen war.
„Du derfst ois und I derf nix“, schreit Gerti ihren Bruder Egon an, als dieser ihr verbietet zu heiraten. Nicht ganz ohne Grund: der erotomanische Maler Egon Schiele nahm sich zu seiner Zeit „künstlerische“Freiheiten heraus, die schon Bald die Gesetzeshüter auf den Plan riefen. Egon Schiele (Alamode/ Alive) von Regisseur Dieter Berner ist ein erotischer Kunstfilm, der es (nicht nur wegen der Dialektik) gekonnt vermeidet, in die Kitschfalle zu treten. Berner gelingt es mit seinem Hauptdarsteller Noah Saavedra (erste Rolle!) dem manischen Maler entblößter, junger Frauenkörper, ein Gesicht zu geben. Hin und her gerissen zwischen Modell, Muse und Geliebte haben es die Damen schwer – Schiele lebt „für das Bild“, das er mehr braucht wie jede Liebe. Dass manche seiner Bilder 1912 schon als pornografisch galten, wirft bis heute einen unzureichenden Blick auf das Werk des mit 28 Jahren verstorbenen Künstlers. Höchst sehenswert.
Schneider ist tagsüber Auftragskiller, abends liebender Vater zweier Kind und Ehemann einer ahnungslosen Frau. An seinem Geburtstag nimmt er nur zähneknirschend einen Auftrag von seinem Boss an, der zu erledigende Bax wäre außerdem ein Kindermörder, sagt der Boss. Bax ist aber ebenfalls ein Killer, angesetzt auf Schneider, der natürlich auch ein Kindermörder sei. Was nun kommt in Schneider vs. Bax (Edel) von dem holländischen Regisseur Alex van Warmerdam ist eine der schrägsten europäischen Krimikomödien seit „Brügge sehen... und sterben?“und erinnert natürlich auch an die Werke der Coen-Brüder. Der bekiffte und bekokste Bax, der in einem einsamen Haus im Schilf wohnt und mehr an einen alternden Rockstar erinnert, als an einen Killer, hat Ärger mit seiner Geliebten und seiner depressiven Tochter, dann kommt noch sein pädophiler Vater mit seiner minderjährigen Freundin, die Enkelin bringt den Großvater um, die Geliebte kommt mit Schläger zurück „um ihre Sachen zu holen“und schließlich lauert da auch noch Schneider, der natürlich auch einen Haufen Scheiße am Schuh hat, bis er endlich Bax gegenüber steht. Gelungene schwarzhumorige Unterhaltung, in tollen „Schilf“-Bildern.