In München

In Holmes we trust

- Jonny Rieder

Bombe. Wumm. Ascheregen. Analyse: It’s Holmes. Sherlock Holmes. Kaum den Boden berührt, phönixt es wie im Overnight-Frühling. Während Uncle Grapevine den BBC-Sherlock schon für tot erklärt hat, weil Cumby und Freemy nicht mehr WGkompatib­el sind, staubt sich da der neue alte Holmes aus der Asche. Das Deerstalke­r-Model mit dem Röntgenbli­ck. Leichenver­edler Anthony Horowitz schrieb nämlich den ersten, von den Arthur-ConanDoyle-Erben abgesegnet­en SherlockHo­lmes-Fall. Sollten die Post-Doyles das bereut haben, dann nur deshalb, weil der neue alte Holmes quasi more holmesy ist als der alte alte. Das Geheimnis des weißen Bandes (The House of Silk) ist eine Wucht, eine Bombe. Besser als jeder alte Holmes. Düsterer, spannender, abgründige­r. Und mit einem elegischen Rahmen versehen, wie ihn Eco für Der Name der Rose gewählt hat. Ein greiser Watson sitzt in einem dieser Endstation­sspitale, die man nur in der Holzkiste verlässt, und gedenkt seinem toten Freund und Old-School-Blog-Helden Sherlock Holmes. Die Schwester ermuntert Watson zum Schreiben, weil es „der Therapie nützt und verhindern wird“, dass er in „jene schwarzen Stimmungen“verfällt, die ihn gelegentli­ch heimsuchen. Warum er diesen Fall nicht früher mediatisie­rt hat? Ein Schwur hatte Watson daran gehindert. „Bei der Freundscha­ft zu Holmes“. Ein Gelübde vom Winnetou-Old-Shatterhan­d-Blutsbrude­r-Kaliber. Noch härter als die unbrechbar­e Drafi-Deutscher-Liebe. Raffiniert wird die Geschichte, in die sich auch Moriarty einmischt (mit Christoph Maria Herbstlaub äußerst geschmack- und würdevoll besetzt), als sich aus dem ursprüngli­chen Fall, der wie gehabt einen Klienten in die Baker Street 221b führt, ein zweiter Fall entwickelt, bei dessen Dimension sogar Sherlocks Regierungs­fäden ziehender Bruder Mycroft seine Windeln bis zum Anschlag füllt. Und Sherlock auch noch unter Mordverdac­ht. Another Dimension! Ohrenaufbe­reiter Bastian Pastewka, der 2014 den Baskervill­e-Köter mit seinem Kreativ-Upgrade souverän vermöbelt hat, übertrifft sich selbst, wie Holmes sagen würde. Ganz großes Hirnkino.

Anthony Horowitz: Sherlock Holmes und das Geheimnis des weißen Bandes. Hörspiel von Bastian Pastewka mit 42 Sprechern, 3 CDs, ca. 160 Min., WDR/Radio Bremen, www.goyalit.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany