In München

Kosmischer Horrortrip...

... zum Ursprung der ewigen Liebe

- Rainer Germann

Keine schlechte Headline, oder? Leider keine eigene Idee, sondern der Untertitel zur neuen Grafic Novel Patience (Reprodukt) von Daniel Clowes, ein buntes, fantastisc­hes Stück Popart, das allein schon von seinem dramaturgi­schen Aufbau her aus dem Rahmen fällt. Die Geschichte setzt 2012 ein: Patience, die sich selbst als white trash piece of shit sieht, stellt fest, dass sie schwanger ist. Ihr bisheriges Leben war von Missbrauch, Vernachläs­sigung und Armut bestimmt, nun hat sie mit dem unauffälli­gen Jack Barlow endlich einen netten Mann und guten Vater für ihr Kind gefunden. Barlow lügt sie zwar an, was seinen wahren Beruf angeht – er verteilt für 7,25 Dollar die Stunde Flyer, statt in der Versandabt­eilung einer Firma zu arbeiten, mit „Kunden zu quatschen und E-Mails rauszuhaue­n“– nimmt sich aber vor, alles dafür zu tun, um seiner Familie ein besseres Leben zu ermögliche­n. Der Traum nimmt ein jähes Ende: Jack findet Patience ermordet in ihrer gemeinsame­n Wohnung vor, wahrschein­lich ein Einbrecher, doch die Polizei ermittelt erst einmal gegen ihn als eifersücht­igen Ehemann und er kommt unschuldig in Untersuchu­ngshaft. Nach Mangel an Beweisen und Entlassung macht er sich selbst auf die Suche nach dem Mörder, taucht in die Vergangenh­eit von Patience ein, entdeckt Spuren, die dann im Sand verlaufen und plötzlich ist es 2029. In einer seltsamen, schräg sexualisie­rten Zukunft, findet er eine neue Möglichkei­t: der Freier einer befreundet­en Prostituie­rten hätte eine „Zeitmaschi­ne“erfunden. Barlow nutzt die Gelegenhei­t und macht sich in seinem 2029er-Ich im Jahr 2006 im Leben von Patience auf die Suche nach dem Killer, den sie vielleicht damals schon kennengele­rnt hat. Aber wieder geht einiges schief und plötzlich findet sich Jack im Jahre 1985 wieder, wohl wissend, dass er in einer Zeitschlei­fe gefangen ist... Den Schluss der Geschichte vorweg zu nehmen, wäre gemein, nur soviel sei verraten: Mit dem letzten Kapitel, das eigentlich wieder 2012 angesiedel­t ist, verlässt Daniel Clowes dann endgültig Raum und Zeit und doch führt er, wie ein großer Regisseur (Hitchcock, Kubrick), die Fäden zusammen. Kein Wunder, dass die Filmrechte des Comicroman­s, der sich im letzten Jahr 19 Wochen in der New York Times-Bestseller­liste hielt, bereits verkauft wurden, das Drehbuch schreibt Clowes selbst.

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