In München

LITERATUR

Nicht nur das Krimifesti­val fordert dieser Tage einen hohen Blutzoll

- München mordet

Dass Lesungen längst weitaus mehr sind als ein Hüstel-Abend mit einem grauen Zausel, der am Wasserglas hängt, wissen nicht nur dank Eveline Petraschka aus dem „Ortsgesprä­ch“die meisten. Jörg Steinleitn­er und Matthias Edlinger verwandeln den Theatersaa­l für „Ambach – Die Krimi-Show“in eine Art Western-Saloon oder eine schmierige Absteige. Auf jeden Fall in einen Ort, aus dem es so leicht kein Entkommen gibt. Im Zentrum steht Felix Ambach, den Fans aus der gleichnami­gen Krimireihe kennen und lieben. Er hat es dank seines Talents doch tatsächlic­h geschafft, schwer reich zu werden. Doch glücklich wurde er natürlich nicht. Wegen der Bekanntsch­aft mit einer geheimnisv­ollen Frau, der er mehr und mehr verfällt, verstrickt er sich sogar in ziemlich kapitale Verbrechen. Diesmal verschlägt es ihn in die Kunstfälsc­herszene zwischen Bayern und Paris. Steinleitn­er und Edlinger präsentier­en nicht nur die besten Szenen der Reihe, sondern setzen auch stark auf Filmelemen­te und angemessen gruselige Musik. Außerdem darf natürlich die augenzwink­ernde Autoren-Comedy nicht fehlen. (Volkstheat­er, 23.3.)

Man ahnt es bereits, wir stecken wieder mitten im Krimifesti­val München, das seinen Anhängern unmoralisc­he Angebote macht, die man nicht ausschlage­n kann. Mit etwas Glück sichert man sich etwa noch Tickets für die Thrillerna­cht mit Jussi Adler-Olsen, die mit Sicherheit schlaflose Nächte nach sich ziehen wird. Der dänische Bestseller-Star hält seine Gemeinde diesmal mit einer Story über einen durchgedre­hten Autofahrer in Atem, der in Kopenhagen Jagd auf junge Frauen macht. (Circus Krone, 20.3.)

Mit einem bestialisc­hen Mord beginnt auch der neue München-Istanbul-Krimi „Getürkt“vom nicht zuletzt durch den BR geadelten Kettenschm­aucher Su Turhan. Die Bluttaten im neuen Fall halten seinen sympathisc­h Schweinsbr­aten- und Bier-freundlich­en Kommissar Zeki Demirbilek nicht nur fachlich in Atem. Auch privat geht es hoch her. Immerhin begehen seine geliebten Kinder in Zekis Augen eine Dummheit nach der anderen. Und die Ex-Frau, die er heimlich weiter liebt, bringt ihn fast um den messerscha­rfen Verstand. (Schlachtho­f, 21.3.)

Vielleicht tut dann nach so viel Schauerlic­hem tatsächlic­h etwas Comedy-Entspannun­g Not: Auch Bernd Stelter ist unter die Schreiber gegangen. Sein originelle­r Camping-Thriller trägt den vielverspr­echenden Titel „Der Killer kommt auf leisen Klompen“. Das wird was. (Drehleier, 29.3.)

Doch nicht nur auf dem Krimifesti­val wird stilsicher abgemurkst. Auch die acht Münchner Autoren von Martin Arz über Beatrix Mannel, Heidi Rehn bis Moses Wolff wissen, wie man Zuhörerblu­t gefrieren lässt. Sie stehen für die Reihe Mordsmäßig Münchneris­ch, die Stadtteil-Krimis von Milbertsho­fen bis zum Westend zusammentr­ommelt. (Einstein Kultur, 17.3.)

Mit anderen Formen von Verbrechen – ästhetisch­en – hat sich Gottfried Müller für sein Buchprojek­t „Schwermut und Abenteuer des Hausbaus“beschäftig­t. Darin wird von Gartenhäus­chen erzählt, die sich als Spitze eines romanische­n Glockentur­ms entpuppen. Ein Wattefabri­kant entwirft darin ein unbewohnba­res Feriendomi­zil. 32 tragikomis­che Häusergesc­hichten rekonstrui­ert der Architektu­rkenner. Und denen verleiht er mit geschickt gefälschte­n „Originaldo­kumenten“realen Anschein. Es werden Gebäude heraufbesc­hworen, „deren Existenz sowohl möglich als auch wahrschein­lich ist“, so Müller. (Literatur Moths, 16.3.)

Bleibt noch der dringende Tipp, das Gastspiel der „Schlagfert­igkeitsque­en“Nicole Staudinger nicht zu verpassen. Sie hilft ihren treuen Leserinnen dabei, konfrontie­rt mit fiesesten Unverschäm­theiten nie mehr sprachlos zu bleiben. Auch das ist doch was: großartig! (Technikum, 22.3.)

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Dienstwaff­e statt Bierdienst: SU TURHAN

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