Vom „Alten Kreuz“zum „Grünen Baum“
Ein augustinischer Aufstieg im Mönchsbräugeiste
aum schlägt man nach reiflicher Überlegung und mühsamer Recherche einen harten Arbeitsbesuch in einem der neuen oder neu renovierten Augustiner-Wirthäuser vor, gibt es immer wieder böse Zungen (oft weiblich), die spöttisch süffisant anmerken: Was – da hin? Das soll neu sein? Deine Wirtshäuser (gemeint sind die oben genannten) schauen doch mittlerweile alle irgendwie gleich aus! Das ist unseres Erachtens von Damenseite her schon arg übertrieben, um nicht zu sagen höchst unsachlich und völlig unnötig überspitzt. Na gut: Dunkel gebeizte Holzverkleidungen umgeben einen in letzter Zeit durchaus häufiger. Na schön: Auch hell abgeschliffene Holz-Biertische sind nicht mehr ganz so selten wie früher. Und zugegeben: Hirschgeweihe und Wagenrad-Lampen, die obenrum ins gastronomisch-rauchfreie Lüfterl ragen, werden aus unerklärlichen Gründen gerade hier auch nicht wirklich weniger. Aber jetzt mal ganz ehrlich unter uns Brüdern und Schwestern im Mönchsbräugeiste: Im Gegensatz zu in früheren Zeiten häufig anzutreffenden augustinischen ResopalBruchbuden sind diese „neu“gestylten Augustiner-Wirtshäuser doch häufig sogar wahre Bereicherungen landeshauptstädtlicher Viertelbewirtungsgaststätten der bayrischen Art. Und natürlich sollte man unbedingt genau hinschauen, denn: Nicht alles, was ähnlich ausschaut, ist auch gleich!
Kulinarischer Lichtblick kurz vorm „Schwaben-Autoput“
Derart hinreichend motiviert machten wir uns auf den Weg nach Obermenzing in eines der noch unaufgeregten und eher ruhigen Viertel im Westen. Hier, an der vielbefahrenen Verdistraße Richtung „Schwaben-Autoput“, steht das alte Augustiner-Wirtshaus „Zum grünen Baum“– eine „echte“Traditionsgaststätte mit „richtigem“Biergarten und durchaus wechselhafter Erfolgsgeschichte. Letztes Jahr wurde es von der Brauerei behutsam renoviert und siehe da: Dieses Mal sind sogar die Damen angetan ... Schöne, alte Holzverkleidungen rundherum in allen drei Gasträumen, blankpolierte Wirtshaustische, alt-ehrwürdige Eichenparkett-Böden und eine sehr angenehme Lichtstimmung durch die reichlich vorhandenen Fenster. Die auch hier scheinbar unverzichtbaren hornigen Jagdtrophäen haben die neuen Wirtsleute Anna Sperl und Calin Brezean erfreulicherweise gerade konsequent zu Ostereier-Halterungen umfunktioniert. Die sympathischen Wirtsleute (man kennt sich aus dem „Alten Kreuz“in der Au) haben sich hier in ihrem „neuen“, sehr viel größeren Wirtshaus schon ein bisschen eingelebt, besser gesagt eingearbeitet. Wir sitzen an einem sonnigen Sonntagmittag auf der gut besuchten und bedienten Außenterrasse und freuen uns des Lebens. Der erste Spargel steht auf der Tageskarte – also nichts wie her damit: einmal mit Hollandaise, einmal mit Butter (13,50), dazu jeweils ein kleines Schnitzel „Wiener Art“(5,50). Außerdem das Schäufele (11,80) und weil doch Sonntag ist auch einmal den Zwiebelrostbraten (17,50). Bei einem gepflegten und sauber eingeschenktem Augustiner-Hell (3,50) und einem feinen Weißbier (3,70) genießen wir den ersten Freiluft-Frühschoppen. Noch ist es hier hinter dem Haus ruhig – im Biergarten mit fast 800 Plätzen kann man zwar schon sitzen, aber die Selbstbedienungstheken müssen noch „überholt“werden. Wenn das mal läuft, werden die Wirtsleute sich an schönen Tagen vermutlich nicht über zu wenig Arbeit beklagen können. Aber man ist gut vorbereitet und alle freuen sich schon drauf, erzählt Calin gutgelaunt. An Ostern soll’s losgehen – diverse Rutschen, Schaukeln und ein kleines Karussell warten schon auf die Kleinen. Und für die Großen soll draußen dann immer frisches Holzfassbier ausgeschenkt werden. Auch innen gibt’s viel Amüsement: Man sieht unterschiedlichste Kartenspieler-Runden, kann sich sportiv in der Kegelbahn im Keller betätigen oder zur kulturellen Erfrischung an jedem zweiten Dienstag im Monat den Volksmusikanten-Stammtisch besuchen. Aber zurück zu unserem Essen: Der Spargel ist perfekt gegart und von guter Qualität, die Hollandaise fein und cremig, die Kartoffeln richtig wohlschmeckend und das panierte Schnitzel genauso, wie man es sich wünscht. Der Zwiebelrostbraten (eine Medium-rare bestellte Rinderlende) kommt auf den Punkt gebraten an den Tisch, dazu gute Bratkartoffeln und knusprige Zwiebelringe – ein feines Essen. Das Schäufele war außen leider leicht angetrocknet, dafür aber innen noch schön saftig. Zum Fleisch gab es nicht nur eine astreine Schweinsbratensoß, sondern auch noch zweierlei kleine Knödel und einen fein geschnittenen, leicht süßlichen Krautsalat mit knusprigen Speckscheibchen. Unser Fazit: Alles aufgegessen, alle satt, alle glücklich – so dürften Sonntage kulinarisch immer daher kommen. Aber auch Wochentags konnte die Küche halten, was sie am heiligen Sonntag versprochen hatte: Die Pfannkuchensuppe (3,80) wurde mit selbst gemachten Pfannkuchenstreifen und einer kräftigen Fleischbrühe serviert und schmeckte fast wie daheim. Und die große, schön mürbe Rinderroulade (14,60) mit hervorragender Bratensauce und handgefertigten Eier- und Tomatenspätzle konnte die triste Arbeitswoche durchaus erhellen.
„Leut, versaufts net Euer ganzes Geld – kaufts liaber Bier dafür“steht als angeblicher Karl-Valentin-Gedenkspruch auf der Getränkekarte vom „Grünen Baum“. Dem möchten wir uns natürlich anschließen, würden aber in diesem Fall noch gerne ergänzen: Hebt’s euch noch a bisserl vom Diridari auf – denn hier gibt’s auch noch was G‘scheits zum Essen!