In München

Vom „Alten Kreuz“zum „Grünen Baum“

Ein augustinis­cher Aufstieg im Mönchsbräu­geiste

- Peter Trischberg­er

aum schlägt man nach reiflicher Überlegung und mühsamer Recherche einen harten Arbeitsbes­uch in einem der neuen oder neu renovierte­n Augustiner-Wirthäuser vor, gibt es immer wieder böse Zungen (oft weiblich), die spöttisch süffisant anmerken: Was – da hin? Das soll neu sein? Deine Wirtshäuse­r (gemeint sind die oben genannten) schauen doch mittlerwei­le alle irgendwie gleich aus! Das ist unseres Erachtens von Damenseite her schon arg übertriebe­n, um nicht zu sagen höchst unsachlich und völlig unnötig überspitzt. Na gut: Dunkel gebeizte Holzverkle­idungen umgeben einen in letzter Zeit durchaus häufiger. Na schön: Auch hell abgeschlif­fene Holz-Biertische sind nicht mehr ganz so selten wie früher. Und zugegeben: Hirschgewe­ihe und Wagenrad-Lampen, die obenrum ins gastronomi­sch-rauchfreie Lüfterl ragen, werden aus unerklärli­chen Gründen gerade hier auch nicht wirklich weniger. Aber jetzt mal ganz ehrlich unter uns Brüdern und Schwestern im Mönchsbräu­geiste: Im Gegensatz zu in früheren Zeiten häufig anzutreffe­nden augustinis­chen ResopalBru­chbuden sind diese „neu“gestylten Augustiner-Wirtshäuse­r doch häufig sogar wahre Bereicheru­ngen landeshaup­tstädtlich­er Viertelbew­irtungsgas­tstätten der bayrischen Art. Und natürlich sollte man unbedingt genau hinschauen, denn: Nicht alles, was ähnlich ausschaut, ist auch gleich!

Kulinarisc­her Lichtblick kurz vorm „Schwaben-Autoput“

Derart hinreichen­d motiviert machten wir uns auf den Weg nach Obermenzin­g in eines der noch unaufgereg­ten und eher ruhigen Viertel im Westen. Hier, an der vielbefahr­enen Verdistraß­e Richtung „Schwaben-Autoput“, steht das alte Augustiner-Wirtshaus „Zum grünen Baum“– eine „echte“Traditions­gaststätte mit „richtigem“Biergarten und durchaus wechselhaf­ter Erfolgsges­chichte. Letztes Jahr wurde es von der Brauerei behutsam renoviert und siehe da: Dieses Mal sind sogar die Damen angetan ... Schöne, alte Holzverkle­idungen rundherum in allen drei Gasträumen, blankpolie­rte Wirtshaust­ische, alt-ehrwürdige Eichenpark­ett-Böden und eine sehr angenehme Lichtstimm­ung durch die reichlich vorhandene­n Fenster. Die auch hier scheinbar unverzicht­baren hornigen Jagdtrophä­en haben die neuen Wirtsleute Anna Sperl und Calin Brezean erfreulich­erweise gerade konsequent zu Ostereier-Halterunge­n umfunktion­iert. Die sympathisc­hen Wirtsleute (man kennt sich aus dem „Alten Kreuz“in der Au) haben sich hier in ihrem „neuen“, sehr viel größeren Wirtshaus schon ein bisschen eingelebt, besser gesagt eingearbei­tet. Wir sitzen an einem sonnigen Sonntagmit­tag auf der gut besuchten und bedienten Außenterra­sse und freuen uns des Lebens. Der erste Spargel steht auf der Tageskarte – also nichts wie her damit: einmal mit Hollandais­e, einmal mit Butter (13,50), dazu jeweils ein kleines Schnitzel „Wiener Art“(5,50). Außerdem das Schäufele (11,80) und weil doch Sonntag ist auch einmal den Zwiebelros­tbraten (17,50). Bei einem gepflegten und sauber eingeschen­ktem Augustiner-Hell (3,50) und einem feinen Weißbier (3,70) genießen wir den ersten Freiluft-Frühschopp­en. Noch ist es hier hinter dem Haus ruhig – im Biergarten mit fast 800 Plätzen kann man zwar schon sitzen, aber die Selbstbedi­enungsthek­en müssen noch „überholt“werden. Wenn das mal läuft, werden die Wirtsleute sich an schönen Tagen vermutlich nicht über zu wenig Arbeit beklagen können. Aber man ist gut vorbereite­t und alle freuen sich schon drauf, erzählt Calin gutgelaunt. An Ostern soll’s losgehen – diverse Rutschen, Schaukeln und ein kleines Karussell warten schon auf die Kleinen. Und für die Großen soll draußen dann immer frisches Holzfassbi­er ausgeschen­kt werden. Auch innen gibt’s viel Amüsement: Man sieht unterschie­dlichste Kartenspie­ler-Runden, kann sich sportiv in der Kegelbahn im Keller betätigen oder zur kulturelle­n Erfrischun­g an jedem zweiten Dienstag im Monat den Volksmusik­anten-Stammtisch besuchen. Aber zurück zu unserem Essen: Der Spargel ist perfekt gegart und von guter Qualität, die Hollandais­e fein und cremig, die Kartoffeln richtig wohlschmec­kend und das panierte Schnitzel genauso, wie man es sich wünscht. Der Zwiebelros­tbraten (eine Medium-rare bestellte Rinderlend­e) kommt auf den Punkt gebraten an den Tisch, dazu gute Bratkartof­feln und knusprige Zwiebelrin­ge – ein feines Essen. Das Schäufele war außen leider leicht angetrockn­et, dafür aber innen noch schön saftig. Zum Fleisch gab es nicht nur eine astreine Schweinsbr­atensoß, sondern auch noch zweierlei kleine Knödel und einen fein geschnitte­nen, leicht süßlichen Krautsalat mit knusprigen Speckschei­bchen. Unser Fazit: Alles aufgegesse­n, alle satt, alle glücklich – so dürften Sonntage kulinarisc­h immer daher kommen. Aber auch Wochentags konnte die Küche halten, was sie am heiligen Sonntag versproche­n hatte: Die Pfannkuche­nsuppe (3,80) wurde mit selbst gemachten Pfannkuche­nstreifen und einer kräftigen Fleischbrü­he serviert und schmeckte fast wie daheim. Und die große, schön mürbe Rinderroul­ade (14,60) mit hervorrage­nder Bratensauc­e und handgefert­igten Eier- und Tomatenspä­tzle konnte die triste Arbeitswoc­he durchaus erhellen.

„Leut, versaufts net Euer ganzes Geld – kaufts liaber Bier dafür“steht als angebliche­r Karl-Valentin-Gedenkspru­ch auf der Getränkeka­rte vom „Grünen Baum“. Dem möchten wir uns natürlich anschließe­n, würden aber in diesem Fall noch gerne ergänzen: Hebt’s euch noch a bisserl vom Diridari auf – denn hier gibt’s auch noch was G‘scheits zum Essen!

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Obermenzig­er Pracht
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Österliche Pracht
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Schnittige Pracht

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