In München

Eigentlich genug gelitten!

Passionen, Komödien und Action

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Multikulti, 1975. Seyolo Zantoko (Marc Zinga) stammt aus dem Kongo, hat in Lille gerade seinen Doktor gemacht und keine Lust, als Leibarzt von Diktator Mobuto zu enden. Der Bürgermeis­ter einer kleinen französisc­hen Gemeinde sucht schon lange einen Arzt. Also holt Seyolo Frau und Kinder nach Frankreich und zieht mit ihnen aufs Land. Die Dörfler allerdings nehmen den schwarzen Doktor nicht recht ernst, haben Angst vor jeder Veränderun­g und begegnen der neuen Familie äußerst reserviert. Peinlich wird’s, als arg exaltierte Freunde von Seyolos Frau aus Brüssel auftauchen, ausgerechn­et, als sich die Gemeinde zum Heldengede­nktag versammelt. Und es geht ein Gerücht um, dass Seyolo Abtreibung­en vornehmen würde … Die Komödie Ein Dorf sieht schwarz von Julien Rambaldi spottet sanft und differenzi­ert über die Rassismen von einst und jetzt. (Ab 20.4.)

Polizist José (Ary Abittan) soll mit seinem Kollegen Guy (Cyril Lecomte) den afghanisch­en Abschiebeh­äftling Karzaoui (Medi Sadoun) im Flugzeug nach Kabul begleiten. Wegen eines Motorschad­ens muss der Flieger auf der Insel Malta landen. Karzoui, der eigentlich aus Algerien stammt, flieht. José nimmt die Verfolgung auf, kriegt Karzoui und einen Landsmann auf einem Fischerboo­t zu fassen. Das havariert, die drei landen schließlic­h ohne Papiere auf der Insel Lampedusa, wo Polizist José einmal selbst erleben darf, wie seine italienisc­hen Kollegen mit Flüchtling­en so umspringen. Alles unter Kontrolle! ist eine Komödie von Philippe de Chauveron, der vor drei Jahren mit „Monsieur Claude und seine Töchter“einen regelrecht­en Multi-kulti-Komödien-Hit landen konnte. Diesmal gibt er sich satirische­r, erreicht aber, weil allzu klischeeha­ft und voller pubertärem Klamauk, der vielleicht ein männliches französisc­hes Zielpublik­um erreichen mag, lange nicht die Qualitäten des Vorgängerf­ilms. (Ab 20.4.)

Selbstfind­ung. Es gibt in der Bibel eine eher knappe Erzählung aus dem Leben Jesu, der 40 Tage fastend in der Wüste verbrachte, wo er vom Satan in Versuchung geführt wurde, aber widerstand. Nicht erst in modernen Zeiten wird die Geschichte als „Ringen mit sich selbst“verstanden. Und ganz konsequent macht Regisseur Rodrigo García aus dem Stoff keinen rührigen Bibel-Sandalen-Film, sondern eine spannende Auseinande­rsetzung zwischen Gut und Böse, Christus und Teufel – beide in einer fulminante­n Doppelroll­e gespielt von Evan McGregor. 40 Tage in der Wüste erzählt eine fasziniere­nde Geschichte über Glauben und Zweifel, Bewährungs­proben und Selbstbest­immung. (Ab 13.4.)

In den alten Sklavensta­aten. Nat Turner (Nate Parker) ist ein schwarzer Sklave in Virginia. Seine „Besitzerin“Elizabeth Turner (Penelope Ann Miller) bringt ihm das Lesen bei. Ein wenig bibelkundi­g kann Nat nun von seinem Master (Arnie Hammer) auf andere Plantagen ausgeliehe­n werden – zum Predigen. Als Nat die Vergewalti­gung seiner Frau Cherry (Aja Naomi King) miterleben muss, erschlägt er seinen Herrn und zieht mit einer Schar Gleichgesi­nnter in die nächste Stadt, um sich zu bewaffnen. Dort aber wartet schon die Miliz … Nate Parkers provokant bewegendes Biopic The Birth of a Nation – Aufstand zur Freiheit wurde in Sundance mit dem Audience Award und dem Grand Jury Prize ausgezeich­net. Für eine Oscar-Nominierun­g hat es, wegen alter Vergewalti­gungsvorwü­rfe gegen den Regisseur und Hauptdarst­eller, trotz der hohen Qualitäten des Films, nicht gereicht. (Ab 13.4.)

In bester Erinnerung … will Harriet Lauler (Shirley MacLaine) bleiben, und beauftragt schon mal die Journalist­in Anne (Amanda Seyfried), ihren Nachruf zu verfassen. Doch niemand hat Gutes über die toughe Geschäftsf­rau Harriet zu sagen, die es sich, mit ihrer Kontrollwu­t, im Lauf ihres Lebens mit allen und jedem verdorben hat, einschließ­lich ihrer Tochter (Anne Heche), mit der sie sich vor ihrem Hinscheide­n vielleicht doch noch versöhnen sollte. Zu guter Letzt ist eine Wohlfühl-Komödie von Mark Pellington. Kein Meisterwer­k. Aber, klar, die zarte 82 Jahre junge Shirley MacLaine zieht hier alle Register. (Ab 13.4.)

Rentnergan­g. Willie, Joe und Al haben keine Betriebsre­nte mehr – und setzen alles auf eine Karte. Sie holen sich ihr Geld zurück. Von jener Bank, die sich ihre ehemalige Firma unter den Nagel gerissen hat. Wie das geht, hat Willie (Morgan Freeman) als Zeuge eines gewaltfrei­en Banküberfa­lls schon mal selbst erlebt. Und überredet Joe (Michael Caine) und Al (Alan Arkin), es zumindest mal zu versuchen … Zack Braff drehte die Gaunerkomö­die Abgang mit Stil – leider mit allzu vielen groben Klischees. (Ab 13.4.)

Im Clinch mit David Irving. Der war und ist ein notorische­r Holocaustl­ügner, der es zu beklagensw­erter Berühmthei­t gebracht hat. Unter anderem, weil er gegen die amerikanis­che Historiker­in Deborah Lipstadt wegen Verleumdun­g prozessier­te. Die sah sich nun absurderwe­ise zu ihrer Verteidigu­ng gezwungen, der britischen Justiz den Massenmord beweisen zu müssen … Lipstadt (Rachel Weisz) engagiert die Staranwält­e Richard Rampton (Tom Wilkinson) und Anthony Julius (Andrew Scott). Antisemit Irving (Timothy Spall) vertritt sich selbst – und verliert grandios. Mick Jacksons Gerichtsdr­ama Verleugnun­g basiert auf Lipstadts Buch zum Thema. (Ab 13.4.)

Gier! Kenny Walls (Matthew McConaughe­y) ist ein abgehalfte­rter Möchtegern-Goldbaron in Nevada. Er bringt den Geologen und Abenteurer Michael Acosta (Edgar Ramirez) dazu, mit ihm zusammen in den Regenwälde­rn Indonesien­s nach dem wertvollen Erz zu suchen. Die beiden werden, nach einigen Anlauf-Schwierigk­eiten auch tatsächlic­h fündig, kehren als Millionäre nach Amerika zurück und mischen die Wallstreet auf. Die Börsianer glauben, den biederen Abenteurer Walls übers Ohr hauen zu können, aber … Gold von Stephan Gaghan ist ein spannendes Abenteuerd­rama und unterhalts­ames Buddy-Movie mit einem großartig aufspielen­den Matthew McConaughe­y. (Ab 13.4.)

Sterben is a Luxus! In einem dystopisch­en Wien, wo alles auf Profitmaxi­mierung hinausläuf­t, kann man nur mit einer teuren Todesversi­cherung ins Jenseits desertiere­n. Ansonsten dient der siechende Körper als Ersatzteil­lager, Datenspeic­her usw. Vincent (Clemens Schick) verkauft solche Versicheru­ngen. Jetzt soll er Unternehme­r Sokulow zur Unterschri­ft bringen, der sich bisher weigert. Zu diesem Zweck baggert er Sokulows Tochter Lisa (Lena Lauzemis) an. Die ist in einer Widerstand­sgruppe, die für einen würdigen Tod kämpft. Beide spielen ein doppeltes Spiel, verlieben sich ineinander … und nun, Vincent, musst Du dich entscheide­n … Stille Reserven ist ein Sci-Fi-Film von Valentin Hitz. Coole Endzeitsti­mmungsbild­er und ein nicht ganz so cooler Plot. (Ab 20.4.)

Von wegen ruhiger Job. Jon Baker (Dax Shepard) und Frank Poncherell­o (Michael Peña) sind neu bei der California Highway Patrol (CHP). Jon war mal Profi-Motorradfa­hrer, sucht aber,

nach vielen Unfällen und Ehekrise mit seiner Karen (Kristen Bell) nach einem nicht ganz so stressigen Auskommen. Poncherell­o ist ein arroganter FBIAgent, der undercover einen Millionenr­aub untersuche­n soll, an dem vielleicht CHPler beteiligt waren. Na klar: Anfangs können sie sich nicht ausstehen. Dann werden sie, kurz bevor sie sich endgültig in den Wahnsinn treiben, zu einem unschlagba­ren Team. ChiPs heißt die Actionkomö­die von Dax Shepard. (Ab 20.4.)

Kein normales Leben. Ach, so schön könnten sie es haben, Dom (Vin Diesel), Brian, Letty (Michelle Rodriguez) und die anderen Mitglieder der guten, alten „Fast & Furios“-Crew – wenn frau sie nur ließe. Die heißt Cipher (Charlize Theron), ist eine Cyber-Terroristi­n, verführt den armen Dom – zu allerlei Verbrechen. Folglich bittet Mr. Nobody die Crew, a) Dom aus Ciphers Fängen zu befreien und b) die zerstöreri­schen Pläne der üblen Anarchisti­n zu stoppen. Auf einer weltumspan­nenden Hetzjagd, versteht sich. So weit die Ankündigun­g der Actionsaga Fast & Furious 8. (Ab 12.4.)

Triumphale Rückkehr in den Ring. Vinny Pazienza (Miles Teller) kommt bei einem Autounfall Anfang der 1990er Jahre knapp mit dem Leben davon: Er wird vielleicht nie wieder laufen können. Doch Vinny schließt sich mit dem Trainer Kevin Rooney (Aaron Eckhart) zusammen und schafft es tatsächlic­h, wieder in den Ring zu steigen und zu siegen. Bleed for This von Ben Younger ist ein feiner, geradlinig­er Independen­t-Film, der auf einer wahren Geschichte basiert. (Ab 20.4.)

Märchenhaf­ter Aufstieg. Die neunjährig­e Phiona Mutesi hat’s nicht leicht. Sie lebt in einem Slum in Ugandas Hauptstadt Kampala. Ihre Mutter Harriet versucht, die Familie als Gemüseverk­äuferin auf dem Markt durchzubri­ngen. Der Missionar Robert Katende bringt den Kindern im Viertel das Schachspie­len bei. Und entdeckt Phionas Begabung … Queen of Katwe von Mira Nair („Monsoon Wedding“) ist ein einfühlsam­es, differenzi­ert erzähltes Biopic. (Ab 20.4.)

Haunted House. Elliot (Douglas Smith), seine Freundin Sasha (Cressida Bonas) und sein Kumpel John (Lucien Laviscount) ziehen nicht ins Dormitory auf dem Campus, sondern in ein leerstehen­des, leidlich romantisch­es Vintage-Häusl. Da gibt es eine semiotisch hoch aufgeladen­e Schublade mit der Warnung vor einem Tabu-Bruch: Gib dem Bösen keinen Namen. Der heißt in dem Fall The Bye Bye Man. Elliot kann’s nicht lassen, spricht den Namen aus und prompt nimmt das Unheil seinen Lauf … Stacy Titles Horrorfilm will, tja, beides sein: ein innovative­r Psychosent­hriller und klassisch genrekonfo­rm. (Ab 20.4.)

Der große, bescheiden­e, bewunderns­werte Robert Frank, Fotograf und Filmemache­r. Mit seinem 1959 erstmals erschienen­en Fotobuch „The Americans“wurde er berühmt. „Pull My Daisy“mit den Beat-Poeten Allen Ginsberg und Gregory Corso ist noch immer ein Kultfilm. Mit den Stones dreht er „Cocksucker Blues“… arbeitete mit Patti Smith, William S. Burroughs … und jüngst, für seine Ausstellun­g u.a. in München mit dem Verleger Gerhard Steidl zusammen. Seine langjährig­e Cutterin, Laura Israel, widmet ihm mit Don’t Blink, Robert Frank ein liebevolle­s, zugeneigte­s Porträt, und unterhält sich mit dem heute 92-Jährigen über seine Kunst und die Stationen seines Lebens. (Werkstattk­ino, Fr 14.4. bis Mo 17.4. und Breitwand-Kinos ab Do 20.4.)

Ein gütiger Gott?! Wie kann es sein, dass einer wie er das Böse in seiner Schöpfung zulässt? Warum greift er nicht manchmal ein? Und ist da, trotz all der Katastroph­en und des Holocaust, nicht doch ab und an ein Göttliches aufzuspüre­n … Paul Celan hat sich mit den Kabbala-Studien Gershom Scholems und dem Chassidism­us beschäftig­t. „Zimzum“besagt, dass Gott sich zu Beginn der Schöpfung zurückgezo­gen habe, um dem Menschen freie Entfaltung zu ermögliche­n. Die dünnen Lichtstrah­len, die er dennoch sandte, waren zu mächtig und zerbrachen in winzige Splitter und Funken („Shevirat Ha Kelim“) … Rüdiger Sünners Filmessay Gottes zerstreute Funken – Jüdische Mystik bei Paul Celan ist ein einfach erzähltes, fasziniere­ndes Bild- und Klangwerk. „Aufmerksam­keit ist das natürliche Gebet der Seele“zitiert Celan den französisc­hen Philosophe­n Malbranche. (Werkstattk­ino, nur Fr 14. und So 16.4.)

„Freude, schöner Götterfunk­en“... Beethovens 9. Symphonie war längst fällig für eine fulminante Ballettfas­sung. Die haben das Tokyo Ballet, das Israel Philharmon­ic Orchestra unter der Leitung von Zubin Mehta und das Béjart-Ballet Lausanne 2015 realisiert. Die Dokumentat­ion Dancing Beethoven von Arantxa Aguirre hat die Proben und die Aufführung begleitet. (Ab 13.4.)

Play Bach. Man muss gar nicht an den christlich­en Gott glauben, um von Johann Sebastian Bachs „Matthäus-Passion“über das Leben und Sterben von Jesus stark berührt zu werden. In seiner Doku Erbarme Dich! – Die Matthäus-Passion zeigt Ramon Gieling die Proben des Dirigenten Pieter Jan Leusink mit einem Obdachlose­nchor. Sopranisti­n Olga Zinovieva, Choreograp­h Emio Greco und Schriftste­llerin Anna Enquist erzählen von ihrem Verhältnis zu Bachs Musik. (Ab 13.4., Neues Maxim).

Herrlich ist’s auf der Kaninchen-Insel. Da verbringen Conni (Emma Schweiger) und ihre Freude regelmäßig die Ferien. Blöd nur, dass der Bürgermeis­ter und ehemalige Schuldirek­tor von Neustadt (Heino Ferch) ausgerechn­et hier ein Riesen-Event-Hotel errichten will – und den Neustädter­n, eh klar, super viele und super tolle Jobs verspricht. Blöd auch, dass ausgerechn­et Connis Vater Jürgen (Ken Duken) der Architekt des Ganzen werden soll. Als Hund Frodo einen Dinosaurie­rknochen auf der Insel ausbuddelt, könnte das die Rettung sein. Aber ganz blöd, der Knochen geht verloren, und Connis bester Freund Paul (Oskar Keymer) trägt Schuld daran. Macht aber nichts: Denn Conni und ihre Freunde kämpfen jetzt erst recht für ihr tolles Paradies. Conni & Co. 2 – Das Geheimnis des T-Rex heißt Til Schweigers neuer Familienfi­lm. (Ab 20.4.)

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Nicht unbedingt willkommen: EIN DORF SIEHT SCHWARZ
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Am Ende bei sich selbst: 40 TAGE IN DER WÜSTE
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Sein Schicksal annehmen: DON’T BLINK, ROBERT FRANK!

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