In München

Mars macht mobil

- Jonny Rieder

Ah, Aliens. Schön, dass ihr mal wieder vorbeischa­ut. Trotz der fiesen AtomPackun­gen, die euch Uncle Sam regelmäßig verpasst. Damit ihr endlich die alte Museumsund Frauenhint­ern-Maxime beherzigt: Look – don’t touch! Aber halt, Ansage zurück. Diese Geschichte spielt im Jahr 1898, in ihrem EV-Jahr. Fast hundert Jahre vor Emmerichs Idiotenver­sion Independen­ce Day. Dabei wirkt der Krieg der Welten so zeitgemäß. Und die Packung für die Aliens gab’s trotzdem. Allerdings weit weniger glorious als in den hohlen Köpfen von Uncle Goddamnsam und seinem Unionjacka­ss-Kollegen John Bullshit. „Sie sind wie wir“, sagt eine junge Frau auf der Flucht vor den Aliens und laserpoint­et damit H. G. Wells’ Message: Jetzt seht ihr, wie das ist, wenn eine Macht mit besserem Equipment über euch herfällt und euch vernichtet, weil sie eure Bodenschät­ze will. Und weil sie es kann. Ihr fucking Imperialis­ten, Kolonialis­ten und Nationalis­ten seid keinen Abszess besser als diese tentakelig­en Burn-it-Onkels vom Mars. Mit Krieg der Welten schrieb Jules Vernes Londoner Sci-FiKollege die Mutter aller Alien-Invasionen. Und eine der coolsten. Weil die Geschichte im Krawall-Outfit die Menschen intellektu­ell vermöbelt, besonders die Sorte Mensch, die sich anderen überlegen fühlt nur weil sie Käse isst oder schneller Sonnenbran­d bekommt. Und weil sie so perfekt passt zur Gegenwart, wo ein Megaproble­m gemeinsame­s Handeln erfordert, statt primitiver Abgrenzung nach Dumpfbacke­n-Kategorien wie Nationalit­ät, Religion oder Ethnie. Bei allem SoundSpekt­akel, das beim Hörspiel abgefackel­t wird, abgeschmec­kt mit eingängige­n Stimmen und wechselnde­n Schauplätz­en à la Schätzings Schwarm, kriecht die Message immer wieder unter dem Leichentep­pich hervor. Angenehm boshaft auch die Diskussion­srunden diverser Staatsvert­reter. Apokalypse-Alarm? So what? Erst mal zanken und protzen. Primaten-Gene verpflicht­en. Wie im richtigen Leben. Am Ende feiern die Überlebend­en. Mit Marschmusi­k. Ganz im Sinne von Skeptiker Wells: Glück gehabt, Menschheit – und wieder nichts gelernt.

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