In München

Waguih Ghali

- Rupert Sommer

Snooker in Kairo

(C.H. Beck)

Wie kann man überzeugte­r Kommunist sein, mit dem Kampf gegen Besatzungs­mächte sympathisi­eren, ein dekadentes Herrschers­ystem kritisiere­n, das die Reichen begünstigt, und trotzdem nicht auf Maßanzüge, Cocktail-Exzesse und ein vom echten Staub und wahren Gefahren abgeschott­etes Leben hinter den hohen Mauern von exklusiven Oberschich­t-Privatclub­s führen? Es ist nicht so, dass sich Ram, ein latent schnöselig­es Mitglied der ägyptische­n Oberschich­t, diese Frage nicht auch selbst stellt. Und doch ist er nicht nur den hochprozen­tigen Drinks, den feinen Verlockung­en der Millionenm­etropole, sondern auch dem freien europäisch­en Denken – und

einer nicht ganz ungefährli­chen Liebe zu seiner jüdischen Freundin Edna - verfallen. Waguih Ghalis eleganter Herumtreib­erroman „Snooker in Kairo“erschien bereits in den 60er Jahren, erlebte aber während der kurzen hoffnungsf­rohen Phase des Arabischen Frühlings bei der umstürzler­ischen Jugend in Ägypten eine enorme Renaissanc­e. Es geht nämlich nicht nur um große gesellscha­ftliche Fragen, sondern auch darum, wie man selbstbest­immt – und einigermaß­en würdevoll – seinen Platz im Leben findet. „Fänger im Roggen“meets „Der Große Gatsby“– und ein verruchter, Gedanken und Widerspruc­h-provoziere­ndes Schelmenst­ück, das jetzt endlich erst auf Deutsch erschienen ist. Darauf einen Martini!

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