Ramones und Bataclan
Wenn die Musik vorbei ist ...
Die Geschichte der wichtigsten Punkband der Welt ist eine traurige – vor allem, wenn sie aus der Sicht des Bassisten Dee Dee erzählt wird. Douglas Glenn Colvin, als Sohn eines GIs und einer deutschen Mutter geboren, wuchs zum Teil auf USMilitärbasen in Pirmasens und Berlin auf. Um seinem zerrütteten Elternhaus zu entfliehen, tröstete er sich als Jugendlicher bereits mit Morphi- um, nach dem Umzug nach New York kam u.a. Heroin dazu. In ihrem Comic One Two Three Four RAMONES (Kne- sebeck) erzählen Xavier Bétaucourt, Bru- no Cadène und Éric Cartier emotional vom Aufstieg und Fall dieser wegweisenden Band und den Mitglieder in schwarz-weißen Bildern, wie sie auch in alten Punk-Fanzines zu sehen waren. Die schwierigen, dilettantischen Anfänge, die Aufnahmen zum Debütalbum, die Gigs im CBGB’s – kurz schaut es danach aus, als wären Johnny, Joey, Tommy und Dee Dee so brüderlich veranlagt, wie es ihr Image suggeriert – doch die Fassade bröckelt schnell, vor allem zwischen dem tyrannischen Bandboss Johnny und dem drogensüchtigen Dee Dee knistert es ständig. In Europa erfolgreich, versuchte die Band durch dauerndes Touren auch in ihrer Heimat groß zu werden – was bis zuletzt nicht gelang. In den späten Jahren redeten Joey und Johnny nicht mehr miteinander und nach einem Konzert vor 90 000 Menschen in Buenos Aires war dann endgültig der Ofen aus. Schade, dass falsche Songtitel wie „53nd & 3rd“statt richtig „53rd & 3rd“den Genuss der Lektüre etwas trüben, trotzdem insgesamt ein unterhaltsames Werk, das aus einer interessanten Perspektive erzählt wird.
Fred Dewilde ist Grafiker, spezialisiert auf medizinische Illustrationen, und Überlebender. Er entkam wie durch ein Wunder dem Blutbad am 13. November 2015 bei einem Eagles Of Death MetalKonzert in dem berühmten Pariser Rockclub Bataclan – 89 Menschen starben, unzählige wurden verletzt. Dewilde war zwar körperlich unversehrt – nun zeichnete und schrieb er sich sein psychisches Leid in dem Band Bataclan – Wie ich überlebte (Panini) von der Seele. Eine eindrucksvolle Lektüre, die man nicht so schnell vergisst.