Die Serie
- Im düsteren Licht der Baulampen ist die Ausdehnung der Kaverne nicht sofort zu erkennen. Aber nach und nach wird klar: Bergleute brechen einen riesigen Raum aus, fast eine unterirdische Kathedrale, gut 800 Meter im Innern der Silvretta-Berge in Vorarlberg gelegen. Hier entsteht das Herz des Pumpspeicherkraftwerks Obervermunt II: der Maschinenraum mit den Turbinen. 2018 soll alles fertig sein.
Eine halbe Milliarde Euro investieren die 1924 gegründeten Vorarlberger Illwerke AG in den Bau von Obervermunt II – und dies in einer Zeit, in der Pumpspeicherkraftwerke bei vielen Energiekonzernen als Verlustbringer gelten. Oder politisch nicht durchsetzbar sind. So sagte in Baden-Württemberg die grün-rote Landesregierung den Bau eines bereits fertig geplanten Werks im Südschwarzwald wieder ab. Dabei braucht Deutschland solche Anlagen für die Energiewende. Weil es dort einen Mangel gibt, kommen die Illwerke ins Spiel: „Für unsere Pumpspeicherkraftwerke ist Deutschland der Markt“, erklärt Christof Germann, einer der beiden Vorstände des zu 95,5 Prozent im Vorarlberger Landesbesitz befindlichen Unternehmens.
Die Hälfte der erzeugten Energie nimmt vertragsgemäß die Energie BadenWürttemberg (EnBW) ab. Dass die Illwerke auf dem deutschen Markt aktiv sind, ist jedoch nicht neu. Schon 1930 wurden Wasserkraftwerke in die Vorarlberger Gebirgslandschaft gestellt, um über Überlandleitungen die Schwerindustrie des Ruhrgebiets mit Strom zu versorgen. Heutzutage geht es vor allem darum, die wetterbedingten Unregelmäßigkeiten beim Erzeugen von Wind- und Solarenergie abzufedern. „Wir brauchen dazu Speichermöglichkeiten“, so Germann. „In unserer Vorarlbergs Wirtschaft läuft. Unternehmen von Weltrang, aber auch viele unbekannte
bescheren dem kleinen österreichischen Nachbarn hohes Wachstum und Exportrekorde. In loser Folge stellt die „Schwäbische Zeitung“in den kommenden Wochen wichtige Unternehmen aus Österreichs kleinstem Bundesland vor, darunter der Seilbahnhersteller Doppelmayr, der Fruchtsaftproduzent Rauch, die Textilfirma Wolford und die Spedition Gebrüder Weiss. Alle Serienteile unter: strategischen Ausrichtung spielen deshalb Pumpspeicherwerke eine ganz wesentliche Rolle.“
Die Illwerke liefern Spitzen- und Regelenergie. Dies ist jener Strom, der die oft kurzzeitig wechselnden Belastungsspitzen deckt. Durch den Ausbau von Wind- und Solarenergie in Deutschland hat sich für das Unternehmen aber ein weiteres lukratives Geschäftsmodell ergeben. Immer wieder steht zu viel Energie auf dem Markt zur Verfügung. Sie wird von den Illwerken günstig eingekauft, um Wasser für die erneute Verwendung wieder den Berg hinaufzupumpen. Immer wieder kommt es aber auch zu einer Situation, in der zu viel erzeugte Energie dringend aus dem Netz genommen werden muss. Dies können die Illwerke mittels ihrer Pumpspeicherkraftwerke machen. Sie lassen sich die Abnahme des Stroms dann bezahlen. Wird wieder Energie auf dem Markt benötigt, lassen sie das hochgepumpte Wasser einmal mehr durch die Turbinen strömen – und verdienen nochmals Geld. Wirtschaft in
Vorarlberg Energiewende in
Österreich
Weshalb auch der künftige Betrieb von Obervermunt II lukrativ sein dürfte. Beim Bau profitieren die Illwerke davon, dass sie auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen können. Zwei benötigte Stauseen existieren bereits. Sie wurden in den 1930er und 1940er-Jahren für andere Kraftwerke gebaut. Dies reduziert die Baukosten. Zugleich ist es möglich, praktisch alle Installationen wie etwa den Maschinenraum unterirdisch unterzubringen. Nach der Fertigstellung wird von außen kaum mehr als ein Tor in einer Felswand von dem Kraftwerk sichtbar sein, weshalb sich der Widerstand in der Bevölkerung bei den Genehmigungsverfahren in Grenzen hielt. Eine Bürgerinitiative scheiterte mit ihren Einsprüchen vor Gericht.
Neben dem traditionellen Geschäft mit den Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken haben sich die Illwerke bereits 2001 breiter aufgestellt. Seinerzeit übernahmen sie die Vorarlberger Kraftwerke (vkw). Dieser Energieversorger ist mit rund 170 000 Kunden in Vorarlberg und dem Westallgäu der größte Stromverkäufer der Region. Die Illwerke und die Vorarlberger Kraftwerke sind zwar nach wie vor eigenständige Aktiengesellschaften, befinden sich aber unter dem Konzerndach der extra für diese Konstruktion eingeführten Bezeichnung Illwerke vkw. Das Gesamtunternehmen hat gegenwärtig gut 1300 Mitarbeiter. Es kam im vergangenen Jahr bei der Stromerzeugung auf 2753 Gigawattstunden. Die Bilanzsumme lag bei 1,648 Millionen Euro. Der Umsatz betrug 600 Millionen Euro, womit er das zweite Jahr hintereinander zurückgegangen ist. Dies liegt nach Angaben der Illwerke an den gegenwärtig ständig niedrigen Großhandelspreisen für Energie.
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