Ipf- und Jagst-Zeitung

Was Werbung verspreche­n darf

Brauerei Härle aus Leutkirch will klären lassen, ob der Begriff „bekömmlich“legitim ist

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(lsw) - Wenn im Sommer die Hitze drückt und der Schweiß läuft, freuen sich viele Menschen auf ein kaltes Bier: Es soll erfrischen, abkühlen, lecker schmecken – einfach gut tun. Aber darf der Hersteller sein Bier auch als „bekömmlich“bezeichnen? Darüber streitet die Brauerei Clemens Härle aus Leutkirch (Kreis Ravensburg) mit dem „Verband Sozialer Wettbewerb“(VSW). Der Berliner Verein hatte eine einstweili­ge Verfügung gegen Härle erwirkt und dem Unternehme­n die Werbung mit dem Begriff untersagt. Der Zwist soll am 18. August vor dem Landgerich­t Ravensburg verhandelt werden.

Bis dahin darf die Firma, die 1897 gegründet wurde, ihr Bier nicht mehr „bekömmlich“nennen. „Das Wort war in unserem Internetau­ftritt bei drei Sorten mit drin“, sagt der Brauereich­ef Gottfried Härle. „Das haben wir erst einmal entspreche­nd geändert.“Allerdings will er gegen das Verbot des Begriffs vorgehen: „Wir haben schon in den 1930er-Jahren damit geworben und sehen auch wirklich keinen Grund, weshalb wir davon Abstand nehmen sollten. Für uns heißt das im Zusammenha­ng mit unseren Bieren, dass sie gut fürs Wohlbefind­en sind.“

Genau das sieht der VSW aber anders: Er beruft sich auf ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) aus dem Jahr 2012. Der fand nämlich: Winzer dürfen nicht mit Werbesloga­ns wie „bekömmlich“, „sanfte Säure“oder „Edition Mild“für ihren Wein werben. Denn das sei eine gesundheit­sbezogene Angabe, die auf den geringen Säuregehal­t und die leichtere Verdauung hinweise, aber die Gefahren beim Trinken von Alkohol verschweig­e. Das EU-Recht verbietet aber grundsätzl­ich für Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol Angaben, die eine Verbesseru­ng des Gesundheit­szustands suggeriere­n.

Möglicherw­eise ein Präzedenzf­all

Das Urteil gilt nach Ansicht des VSW auch für Bier. „Auf dieser Grundlage haben wir die Abmahnung ausgesproc­hen“, sagt die Geschäftsf­ührerin Angelika Lange. Gottfried Härle argumentie­rt dagegen: Das EuGHUrteil nehme ganz klar Bezug auf die Zusatzauss­age, dass der Wein deshalb bekömmlich sein solle, weil er einen niedrigen Säuregehal­t habe. „Bei Wein kann der Säuregehal­t zu Beschwerde­n führen. Daher ist das dort auch eine gesundheit­sbezogene Aussage.“Das sei beim Bier nicht der Fall, daher sei das nicht vergleichb­ar. Auf die Entscheidu­ng des Gerichts ist auch der Verband der Privaten Brauereien in Deutschlan­d gespannt. Deren Geschäftsf­ührer Roland Demleitner sagte, es gebe auch andere Betriebe, die den Begriff verwendete­n. Demleitner arbeitet neben seiner Tätigkeit für den Verband als selbststän­diger Anwalt – und vertritt in dieser Funktion wiederum die Brauerei Härle vor dem Ravensburg­er Landgerich­t. „In den Grundsatza­ussagen könnte das ein Präzedenzf­all werden“, sagt er. „Mir ist dazu bislang kein anderer Rechtsstre­it bekannt.“

Aber was darf Werbung dem Kunden überhaupt verspreche­n? Im Bereich der Lebensmitt­el lege das die Health Claims Verordnung fest, sagt Christiane Manthey von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Die EU-Verordnung regelt, welche nährwert- und gesundheit­sbezogenen Angaben auf den Etiketten stehen oder in der Werbung genannt werden dürfen. Wenn ein Hersteller sein Produkt beispielsw­eise als „fettarm“bezeichnen möchte, muss er diese Werbeaussa­ge – den sogenannte­n Claim – zuvor beantragen und nachweisen, dass er auch zutrifft. „Das wird von der Europäisch­en Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it geprüft und entweder zugelassen oder nicht“, sagt Manthey.

Für Gottfried Härle kam die Abmahnung aus Berlin und die Debatte um den Begriff „bekömmlich“„wie der Blitz aus heiterem Himmel“. Er wolle das so nicht stehen lassen und rechtlich eindeutig klären, sagt er. „Das ist eine traditions­reiche Charakteri­sierung von Bier, die viele Verbände verwenden. Wenn man das Getränk in Deutschlan­d – im Land des Bieres – nicht mehr als „bekömmlich“bezeichnen darf, dann stimmt doch was nicht.“

Der Termin vor dem Landgerich­t Ravensburg ist am Dienstag, 18. August, um 11.30 Uhr.

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FOTO: DPA Gottfried Härle, Geschäftsf­ührer der Brauerei Clemens Härle, will gegen das Verbot des Begriffs „bekömmlich“für sein Bier vorgehen.

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