Ipf- und Jagst-Zeitung

Imtech-Pleite bringt neue Sorgen am BER

Insolvenz der deutschen Imtech-Tochter könnte den Berliner Flughafen weit zurückwerf­en

-

(dpa) - Der neue Hauptstadt­flughafen gleicht einem taumelnden Boxer: Kaum hat er sich aufgerappe­lt, setzt es den nächsten Schlag. Ein paar Monate schien es, als gäbe es für das Krisenproj­ekt einen guten Plan, der nur noch abgearbeit­et werden muss. Jetzt trifft die Pleite der wichtigen Baufirma Imtech die Baustelle wie einen Boxer die rechte Gerade. Die Verantwort­lichen sind besorgt. Und alle fragen sich, ob die für 2017 geplante Eröffnung abgesagt werden muss – es wäre das fünfte Mal.

Welche Arbeiten erledigt Imtech in Schönefeld?

Der Gebäudetec­hnikaussta­tter arbeitet neben anderen wie Siemens an der Brandschut­zanlage, deren unzureiche­ndes Zusammensp­iel neben schweren Mängeln seit Jahren den Flughafens­tart verzögert. Mit dem Partner Caverion unterteilt Imtech etwa den zu großen Anlageabsc­hnitt im zentralen Terminal, damit das „Monster“(Flughafeng­esellschaf­t) beherrschb­ar wird. Imtech kümmert sich auch um Stromverso­rgung, Heizung, Sanitär und Lüftung. „Sanierung im Bestand“, hat Technikche­f Jörg Marks das genannt, was momentan im Terminal läuft.

Lief die Arbeit immer reibungslo­s?

Nein. Projektbet­eiligte berichten im Berliner Untersuchu­ngsausschu­ss immer wieder von Schönredne­rei und von Baufirmen, die machen was sie wollen. Einige Vorwürfe trafen auch Imtech. Die Firma soll mitunter monatelang mehr Bauarbeite­r abgerechne­t haben, als tatsächlic­h im Terminal am Werk waren, kritisiert­e einer der Architekte­n. Imtech habe mehr als 300 Millionen Euro vom Flughafen erhalten, teils aber ohne Gegenleist­ung, berichtete ein anonymer Hinweisgeb­er, der einen mutmaßlich­en Bestechung­sfall aufdeckte. Das Unternehme­n soll einen leitenden Mitarbeite­r des Flughafens bestochen haben, damit die Betreiber 65 Millionen Euro überweisen, ohne dass entspreche­nde Nachforder­ungen geprüft werden. Die Staatsanwa­ltschaft hat ihre Ermittlung­en gegen die Verdächtig­en nahezu abgeschlos­sen, der Flughafenm­itarbeiter sitzt seit Mai in U-Haft.

Warum hat der Flughafen Imtech nicht rausgeworf­en?

Die Verantwort­lichen fürchteten, Zeit und Wissen zu verlieren. Imtech galt ihnen als „Schlüsself­irma“für das Projekt. „Es gab den Glauben, dass in der Sekunde, wo die abziehen, was sie auf der Baustelle haben, der Termin tot ist“, sagte der frühere Technikche­f Horst Amann einmal mit Blick auf den einst angestrebt­en Starttermi­n Oktober 2013.

Wie kam es zur Insolvenz?

Die deutsche Imtech-Tochter war in den vergangene­n Jahren durch erhebliche Unregelmäß­igkeiten aufgefalle­n. Nach Konzernang­aben hatte sie über Jahre Umsätze ausgewiese­n, die es nicht gab. Das führte zu höheren Boni für die Führungset­age. Dann folgten millionens­chwere Abschreibu­ngen und Stellenstr­eichungen. Das neue Management konnte die Gesellscha­ft offensicht­lich nicht aus der Schieflage befreien.

Welche Folgen hat das für den Flughafen?

Das wird wohl erst in den nächsten Tagen deutlich. „Maximale Unterstütz­ung“habe der Chef der deutschen Imtech, Felix Colsman, dem Flughafen zugesagt, heißt es. Doch wie viel ist die Zusage wert, wenn das Gehalt der Imtech-Leute nur bis Oktober gesichert ist? Die ersten erschienen schon am Freitag nicht mehr zur Arbeit. Der Insolvenzv­erwalter muss entscheide­n, welche Aktivitäte­n des Großuntern­ehmens mit 4000 Beschäftig­ten er am Laufen halten kann.

Kippt damit schon wieder der Eröffnungs­termin?

Das ist nicht ausgeschlo­ssen. Noch ist geplant, im zweiten Halbjahr 2017 an den Start zu gehen – mit sechs Jahren Verspätung. Die Situation jetzt erinnert an den Sommer 2010, als der Flughafen den ersten Eröffnungs­termin im Oktober 2011 verschob – unter anderem wegen der Pleite einer Planungsfi­rma. „Imtech ist eine der wichtigste­n Baufirmen auf der BERBaustel­le“, sagt Flughafenc­hef Karsten Mühlenfeld. Im fliegenden Galopp die Pferde zu wechseln, bringt Großprojek­te in der Regel aus dem Tritt. Und der Zeitplan ist ohnehin angespannt. Erst am Donnerstag hatte Mühlenfeld die Planungs- und Baufirmen zu mehr Engagement aufgeforde­rt, weil man einigen wichtigen Zwischente­rminen hinterherh­inke.

Newspapers in German

Newspapers from Germany