„Da ist noch Schotter im Getriebe“
Thomas Rühl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Gemeinderat, will ein neues Triumvirat an der Stadtspitze
- Ja, Aalen stehe vor einem neuen Schub, wie einst zu Zeiten von Ulrich Pfeifle, ist Thomas Rühl überzeugt. Und einen solchen Schub brauche die Stadt auch, sagt der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Aalener Gemeinderat im Sommergespräch mit den Aalener Nachrichten/Ipf- und Jagst-Zeitung. Auf der lauschigen Terrasse seines Hauses im Ulmenweg schlägt er aber auch kritische Töne an: Was die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Rathaus und Gemeinderat anbelangt, sei „auf der Skala noch reichlich Platz nach oben“.
Hier, oberhalb der Friedrichstraße und in Sichtweite zum OstalbKlinikum, ein bisschen abgeschieden und doch zentrumsnah, hält sich Thomas Rühl im Sommer am liebsten auf. Wenn er sich nicht gerade ab und zu in den Keller an seinen Flugsimulator zurückzieht. Ein richtiger aber, mit Hebeln und Pedalen, nicht nur mit einem Joystick. Dass manchmal auch noch nachts Rettungshubschrauber direkt übers Haus das Klinikum anfliegen, stört den flugbegeisterten Hobbyflieger nicht sonderlich. Nur mehr solcher Flüge seien es im Laufe der Zeit geworden, wie er feststellt.
„Aalen darf und muss sich wieder etwas gönnen“
Deutlich wieder mehr geworden ist auch, was in Aalen derzeit läuft, angestoßen und auf den Weg gebracht worden ist. „Es läuft auf einen neuen Schub für die Stadt hinaus, und das braucht Aalen auch dringend“, sagt Rühl. Die Nachbarstädte hätten ihre Landesgartenschauen gehabt, nun dürfe und müsse sich auch Aalen etwas gönnen.
Ein neues Wahrzeichen zum Beispiel in Gestalt des Steges hinüber zum Stadtoval nach dem Entwurf des Aaleners und weltweit renommierten Architekten Werner Sobek. Beim Stadtoval selbst hingegen „sind meine Zweifel, ob das mit der Wohnbebauung alles so funktionieren wird, noch nicht völlig beseitigt“, sagt Rühl, „wir müssen es aber jetzt vollenden“. „Durchziehen“müsse man auch andere Dinge, die begonnen wurden: den Ausbau der Ebnater Steige, die neue Innenstadt-Beleuchtung oder das Thema Ostertag-Gelände. „Davon hört man überhaupt nichts mehr“, kritisiert er. Und macht in Aalen einen Sanierungsstau aus, vor allem an den städtischen Gebäuden. „Erhalt der bestehenden Infrastruktur“, das müsse beim Geldausgeben mit Priorität haben. Aber auch Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung in der Innenstadt. Bei aller Attraktivität ufere die Außengastronomie nämlich zunehmend unkontrolliert aus, immer mehr „Kundenstopper“stünden den Fußgängern im Weg, und in verschiedenen Bereichen schlichen sich trotz Sicherheitsdienstes „nächtliche Umtriebe“ein.
„Es fehlt der Stadtverwaltung am nötigen Personal“
Nein, zu viel sei nicht auf den Weg gebracht worden in Aalen, glaubt Rühl, es fehle der Stadtverwaltung nur an Personal, vor allem im Baudezernat und im Ordnungsamt. „Im sozialen Bereich schaffen wir laufend zusätzliche Stellen, aber wir dürfen die Kernbereiche der Verwaltung nicht vernachlässigen“, sagt er. Und: „Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir nicht so vieles nach außen vergeben müssen.“
„Der OB macht genau das, wofür er gewählt wurde“
Thilo Rentschler attestiert Rühl, genau das zu machen, „was die Aalener wollten und weswegen er gewählt wurde. Er hat Dinge angepackt, die jahrelang liegen geblieben sind, er bewegt und drängt nach vorne.“Manches gehe manchem dabei zu schnell, dem OB selbst zu langsam, „das bleibt nicht aus“. Dennoch: „Er muss manchen mehr Zeit geben und sie mehr mitnehmen – nicht alle haben so viel PS wie er.“Den gelegentlichen Vorwurf, Rentschler agiere zu selbstherrlich, will Rühl nicht gelten lassen. „Ich fühle mich von ihm gut mitgenommen“, der OB habe auch den Ältestenrat des Gemeinderats als wichtiges Instrument wieder belebt und die Runde der Fraktionsvorsitzenden.
„Mit zwei neuen Beigeordneten würde auch Rentschlers Arbeit wieder ruhiger und übersichtlicher werden“, positioniert sich Rühl im derzeit spannendsten kommunalpolitischen Thema in Aalen eindeutig. Und Parteipolitik, so ist der Freie Wähler überzeugt, habe auf dieser Ebene schon gar nichts zu suchen. Aalen brauche hier, neben dem OB, nicht nur „nette, sympathische Leute“, sondern in der Summe „ein funktionsfähiges Triumvirat“. Darauf warteten nicht nur viele Bürger, sondern auch Investoren und die Wirtschaft. Gegenseitige Verlässlichkeit und Loyalität stünden für ihn dabei an oberster Stelle. „Die Freien Wähler würden auf jeden Fall einen Neuanfang auch auf dieser Ebene begrüßen“, sagt Rühl.
„Die Leute sind unzufrieden mit der Parteipolitik im Gemeinderat“
Dass hier bislang „Schotter im Getriebe“ist, wirke sich auch auf die Gesamtstimmung im Dreieck von Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft aus. „Die Leute sind unzufrieden mit der Parteipolitik im Gemeinderat und damit, dass der OB noch nicht der Heil versprechende Messias sein kann“, glaubt Rühl zu spüren. Ist aber auch überzeugt: „Gemeinderat und Stadtverwaltung sind wesentlich besser, als viele Bürger das so von sich geben.“
In diesem Super-Sommer kommt keiner am Thema Bäder vorbei. Denn Abkühlung tut oft Not. Dazu rät Rühl auch, wenn es um die Frage der Zukunft von Aalens Bädern geht. „Wir müssen ergebnisoffen diskutieren“, sagt er. Legt sich aber auch schon relativ eindeutig fest: Am sinnvollsten erscheine ihm, die dezentrale Freibad-Struktur zu erhalten, die Bäder zu ertüchtigen und den Sanierungsstau an ihnen zu beseitigen. Beim Hallenbad spricht er sich für einen Neubau am bisherigen Platz aus, „weil das ein sehr zentraler Standort ist“.
„Auch der motorisierte Verkehr muss in Aalen noch fließen können“
Die Arbeit an einem neuen Mobilitätskonzept und am Verkehrsentwicklungsplan für Aalen läuft nach Thomas Rühls Überzeugung derzeit „nicht in die richtige Richtung, weil viel zu viele spezielle Einzelfallwünsche berücksichtigt werden sollen“, wie er meint. Da herrsche momentan „viel zu viel Klein-Klein, und von den Fachleuten kommt relativ wenig rüber“. Und man müsse aufpassen, dass im Rat nicht zu viel Ideologie mit reinrutsche. „Auch der motorisierte Verkehr muss in Aalen noch fließen können“, sagt Rühl.
„Nicht alle haben so
viel PS wie er“, sagt Thomas Rühl über den Aalener Oberbürgermeister Thilo Rentschler. Ein Video dazu finden Sie im Internet unter
www.aalener-nachrichten.de/ ruehl