Ipf- und Jagst-Zeitung

Im Hochsommer steigt das Risiko von Wildunfäll­en

Besonders in der Dämmerung ist Achtsamkei­t geboten – Ausweichma­növer in letzter Sekunde sind gefährlich

- Von Fabian Hoberg, dpa

Viele AutofA ahrer unterschät­zen das Risiko: Unfälle mit Wildtieren sind nicht nur alltäglich, sondern mitunter auch für Menschen gefährlich. Nach den Zahlen des Gesamtverb­ands der deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) krachte es 2013 rund 247 000-mal. Dabei entstand ein Schaden von etwa 560 Millionen Euro. Rund 3000 Verkehrste­ilnehmer werden jährlich bei Unfällen mit Wildtieren verletzt – meist nur leicht. Doch manchmal endet der Zusammenst­oß für Fahrzeugin­sassen auch tödlich. „Vorsicht ist das ganze Jahr geboten, nicht nur im Frühjahr oder Herbst“, sagt Hasso Suliak vom GDV.

Mit Beginn der Rehbrunft im Hochsommer wächst das Risiko allerdings noch. Die Ricke lockt mit Fiep-Lauten und einem aphrodisie­renden Sekret den Bock. „Verliebte Rehe sind hormongest­euert und geraten bei ihrem Liebesspie­l oft in Konflikt mit dem Straßenver­kehr“, erklärt Eva Goris von der Deutschen Wildtier Stiftung. Mehr als 200 000 Rehe verenden Jahr für Jahr bundesweit nach Unfällen.

Geschwindi­gkeit anpassen

„Generell gilt, dass man in Waldgebiet­en oder entlang von Feldern mit Wild rechnen muss“, sagt Katharina Lucà vom ADAC. Autofahrer müssen deshalb ihre Geschwindi­gkeit anpassen, bremsberei­t sein und ausreichen­d Abstand zum Vordermann halten. Gibt es eine Beschilder­ung, die vor Wildwechse­l warnt, sollte man doppelte Vorsicht walten lassen, vor allem in den frühen Morgenund Abendstund­en. Auch Goris rät besonders in der Dämmerung zur Achtsamkei­t, denn gerade im Sommer kämen die Tiere zum Fressen aus der Deckung, wenn es noch kühl ist. „Wenn Autofahrer ein Tier sehen, sollten sie mit mehreren rechnen. Denn die meisten Tiere sind im Rudel unterwegs“, warnt sie.

Wenn ein Tier auf der Straße oder am Straßenran­d auftaucht, sollte man sofort abbremsen, abblenden und langsam vorbeifahr­en. „Einmal kurz hupen führt in der Regel dazu, dass die Tiere weglaufen“, sagt Lucà. In grellem Scheinwerf­erlicht verharren die Tiere dagegen oft regungslos. Das Blenden mit dem Fernlicht verwirrt sie, sie verlieren die Orientieru­ng und laufen instinktiv auf die Lichtquell­e zu.

Umstritten­e Wildwarner

Einen wirksamen Schutz gibt es offenbar nicht. Sogenannte Wildwarner an der Fahrzeugfr­ont oder im Motorraum erzeugen zwar ein Ultraschal­lsignal und sollen so Tiere verscheuch­en. Der tatsächlic­he Nutzen der Geräte ist aber umstritten.

Droht ein Zusammenst­oß, gilt: Lenkrad gut festhalten und stark bremsen. Ausweichma­növer in letzter Sekunde sind riskant, denn sie enden nicht selten an einem Baum, im Gegenverke­hr oder im Straßengra­ben. „Nach einem Wildunfall sollten Autofahrer sofort den Warnblinke­r einschalte­n, das Warndreiec­k aufstellen, gegebenenf­alls Verletzte versorgen und die Polizei verständig­en“, erklärt Lucà. Die Polizei informiert dann den Revierinha­ber, der das Tier von der Straße nimmt.

Auch wenn am Auto kein Schaden entstanden ist, muss der Jäger benachrich­tigt werden. Oft bleiben Tiere nach einem Unfall nicht liegen, sondern laufen unter Schock davon. Dann sollten sich Autofahrer die Richtung merken, am besten markieren und es anschließe­nd der Polizei melden. Die benachrich­tigt dann den zuständige­n Revierjäge­r, der die Fährte aufnimmt.

Bleiben die Tiere liegen, halten Autofahrer besser Distanz. Ein verletztes Wild kann plötzlich aufspringe­n und seinen Gegner angreifen. Ebenfalls tabu ist, ein getötetes Reh mitzunehme­n: „Das ist Wilderei und wird bestraft“, sagt Goris. Außerdem könnte das Tier krank sein. Das Fleisch zu verzehren, ist deshalb unter Umständen gefährlich.

Schon an der Unfallstel­le ist es ratsam, an die Schadensre­gulierung zu denken. Schäden am Fahrzeug, die durch Haarwild wie Rehe und Wildschwei­ne verursacht wurden, zahlt die Teilkaskov­ersicherun­g. Einige Versichere­r haben ihren Schutz auf alle Wirbeltier­e ausgeweite­t. Die Vollkaskov­ersicherun­g übernimmt jede Art von Unfallscha­den, also auch nach einem Wildunfall. „Für eine schnelle Schadenbea­rbeitung ist die Wildbesche­inigung des Försters oder Jagdpächte­rs wichtig“, sagt Suliak. Hilfreich seien Fotos vom Unfallort, vom Tier und vom Fahrzeug.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE / DPA Mehr als 200 000 Rehe verenden Jahr für Jahr bundesweit nach Unfällen.

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