Im Hochsommer steigt das Risiko von Wildunfällen
Besonders in der Dämmerung ist Achtsamkeit geboten – Ausweichmanöver in letzter Sekunde sind gefährlich
Viele AutofA ahrer unterschätzen das Risiko: Unfälle mit Wildtieren sind nicht nur alltäglich, sondern mitunter auch für Menschen gefährlich. Nach den Zahlen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) krachte es 2013 rund 247 000-mal. Dabei entstand ein Schaden von etwa 560 Millionen Euro. Rund 3000 Verkehrsteilnehmer werden jährlich bei Unfällen mit Wildtieren verletzt – meist nur leicht. Doch manchmal endet der Zusammenstoß für Fahrzeuginsassen auch tödlich. „Vorsicht ist das ganze Jahr geboten, nicht nur im Frühjahr oder Herbst“, sagt Hasso Suliak vom GDV.
Mit Beginn der Rehbrunft im Hochsommer wächst das Risiko allerdings noch. Die Ricke lockt mit Fiep-Lauten und einem aphrodisierenden Sekret den Bock. „Verliebte Rehe sind hormongesteuert und geraten bei ihrem Liebesspiel oft in Konflikt mit dem Straßenverkehr“, erklärt Eva Goris von der Deutschen Wildtier Stiftung. Mehr als 200 000 Rehe verenden Jahr für Jahr bundesweit nach Unfällen.
Geschwindigkeit anpassen
„Generell gilt, dass man in Waldgebieten oder entlang von Feldern mit Wild rechnen muss“, sagt Katharina Lucà vom ADAC. Autofahrer müssen deshalb ihre Geschwindigkeit anpassen, bremsbereit sein und ausreichend Abstand zum Vordermann halten. Gibt es eine Beschilderung, die vor Wildwechsel warnt, sollte man doppelte Vorsicht walten lassen, vor allem in den frühen Morgenund Abendstunden. Auch Goris rät besonders in der Dämmerung zur Achtsamkeit, denn gerade im Sommer kämen die Tiere zum Fressen aus der Deckung, wenn es noch kühl ist. „Wenn Autofahrer ein Tier sehen, sollten sie mit mehreren rechnen. Denn die meisten Tiere sind im Rudel unterwegs“, warnt sie.
Wenn ein Tier auf der Straße oder am Straßenrand auftaucht, sollte man sofort abbremsen, abblenden und langsam vorbeifahren. „Einmal kurz hupen führt in der Regel dazu, dass die Tiere weglaufen“, sagt Lucà. In grellem Scheinwerferlicht verharren die Tiere dagegen oft regungslos. Das Blenden mit dem Fernlicht verwirrt sie, sie verlieren die Orientierung und laufen instinktiv auf die Lichtquelle zu.
Umstrittene Wildwarner
Einen wirksamen Schutz gibt es offenbar nicht. Sogenannte Wildwarner an der Fahrzeugfront oder im Motorraum erzeugen zwar ein Ultraschallsignal und sollen so Tiere verscheuchen. Der tatsächliche Nutzen der Geräte ist aber umstritten.
Droht ein Zusammenstoß, gilt: Lenkrad gut festhalten und stark bremsen. Ausweichmanöver in letzter Sekunde sind riskant, denn sie enden nicht selten an einem Baum, im Gegenverkehr oder im Straßengraben. „Nach einem Wildunfall sollten Autofahrer sofort den Warnblinker einschalten, das Warndreieck aufstellen, gegebenenfalls Verletzte versorgen und die Polizei verständigen“, erklärt Lucà. Die Polizei informiert dann den Revierinhaber, der das Tier von der Straße nimmt.
Auch wenn am Auto kein Schaden entstanden ist, muss der Jäger benachrichtigt werden. Oft bleiben Tiere nach einem Unfall nicht liegen, sondern laufen unter Schock davon. Dann sollten sich Autofahrer die Richtung merken, am besten markieren und es anschließend der Polizei melden. Die benachrichtigt dann den zuständigen Revierjäger, der die Fährte aufnimmt.
Bleiben die Tiere liegen, halten Autofahrer besser Distanz. Ein verletztes Wild kann plötzlich aufspringen und seinen Gegner angreifen. Ebenfalls tabu ist, ein getötetes Reh mitzunehmen: „Das ist Wilderei und wird bestraft“, sagt Goris. Außerdem könnte das Tier krank sein. Das Fleisch zu verzehren, ist deshalb unter Umständen gefährlich.
Schon an der Unfallstelle ist es ratsam, an die Schadensregulierung zu denken. Schäden am Fahrzeug, die durch Haarwild wie Rehe und Wildschweine verursacht wurden, zahlt die Teilkaskoversicherung. Einige Versicherer haben ihren Schutz auf alle Wirbeltiere ausgeweitet. Die Vollkaskoversicherung übernimmt jede Art von Unfallschaden, also auch nach einem Wildunfall. „Für eine schnelle Schadenbearbeitung ist die Wildbescheinigung des Försters oder Jagdpächters wichtig“, sagt Suliak. Hilfreich seien Fotos vom Unfallort, vom Tier und vom Fahrzeug.