Tausende Deutsche betroffen
Bundesstaat will gegen Einreiseverbot in die USA klagen
(dpa) - Zehntausende Doppelstaatler sind in Deutschland vom umstrittenen Einreiseverbot des USPräsidenten Donald Trump direkt betroffen. Das Innenministerium gab am Montag in Berlin Zahlen von 2011 bekannt, aktuellere Daten existierten nicht. Neben dem deutschen Pass besaßen circa 80 000 Menschen eine iranische Staatsangehörigkeit, 30 000 eine irakische, 25 000 eine syrische und 1000 eine sudanesische. Die Verbote gegen Somalia, Libyen und Jemen würden jeweils rund 500, 300 und 350 Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit betreffen.
Der Generalstaatsanwalt des nordwestlichen Bundesstaates Washington teilte mit, dass er Klage gegen Trump, das Heimatschutzministerium und mehrere hochrangige Mitarbeiter der Trump-Regierung einreichen werde. In einer Mitteilung von Ex-Präsident Barack Obama hieß es: „Der Präsident ist fundamental dagegen, Menschen wegen ihres Glaubens oder ihrer Religion zu diskriminieren.“
- Nach den von US-Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverboten für Flüchtlinge sowie Bürger mehrerer muslimischer Staaten wächst die Anti-Trump-Front. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag, der Anti-Terror-Kampf rechtfertige keinen „Generalverdacht“gegen Muslime. In den USA hatten am Wochenende Tausende Menschen gegen das Dekret protestiert.
Große Verunsicherung herrscht in Deutschland unter den sogenannten Doppelstaatlern, die auch einen Pass eines der betroffenen sieben Länder besitzen. Das Bundeskanzleramt setze gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt alles daran, besonders für sie „die rechtliche Lage zu klären und deren Interessen mit Nachdruck zu vertreten“, sagte Merkel. Nach Angaben des Innenministeriums sind davon allein in Deutschland Zehntausende Menschen betroffen. Sie erhalten derzeit kein US-Visum von der Botschaft oder den Konsulaten in Deutschland.
Trump hatte am Freitag per Dekret angeordnet, dass Bürger der mehrheitlich muslimischen Länder Irak, Iran, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen für 90 Tage keine Visa erhalten dürfen.
Kamyar Sarshar vom DeutschIranischen Akademikerbund weist vor allem auf die Problematik für Menschen mit iranischem Pass hin. Denn in diesem Fall haben die Betroffenen keine Wahl: Iran entlässt seine Bürger nicht aus der Staatsbürgerschaft. „Viele sehen sich als Deutsche, sind hier geboren“, so Sarshar. Niema Movassat, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, besitzt neben dem deutschen einen iranischen Pass. Movassat sitzt im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Da habe ich viel mit den Vereinten Nationen zu tun“, sagt Movassat. Eine Reise zu deren Sitz in New York wäre derzeit wegen Trumps Einreiseverbot nicht möglich.
Von der Bundesregierung wünscht sich Movassat deutlichere Signale an Trump. „Das Auswärtige Amt sollte den höchsten Repräsentanten ins Auswärtige Amt einbestellen, um so ein Zeichen zu setzen“, sagt Movassat. Außerdem müsse die Bundesregierung versuchen, möglichst schnell eine Sonderregelung für Doppelstaatler zu verhandeln.
Unternehmen warten ab
Auf global agierende Unternehmen im Südwesten wie zum Beispiel den Stuttgarter Autobauer Daimler hat das Einreiseverbot bisher scheinbar keine Auswirkungen. „Soweit wir das überblicken können, ist von unseren Mitarbeitern niemand betroffen“, so eine Daimler-Sprecherin. Ähnlich sieht es beim Heidenheimer Technikkonzern Voith und dem Automobilzulieferer ZF aus Friedrichshafen aus. „Wir müssen nun abwarten, wie sich dieses dynamische Thema entwickelt“, so ein ZF-Sprecher. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagte hingegen am Montag in Berlin: „Das schadet der amerikanischen Wirtschaft enorm.“Denn Washington verändere den Rechtsstaat so, „dass er an Vertrauen verliert“. Auch das irakische Außenministerium bezeichnete das Einreiseverbot als falsch und traurig. Der Irak sei kein Exporteur von Terror oder extremistischen Ideen, sagte ein Sprecher am Montag. Die Regierung des Jemen erklärte, im Kampf gegen Terroristen seien Dialog und Kommunikation wichtiger als Schranken zu errichten.
Mehrere US-Diplomaten, die gegen die Einreiseverbote protestiert haben, hat das Weiße Haus zum Ausscheiden aus dem Dienst aufgefordert. Sie sollten entweder mitmachen - „oder sie können gehen“, sagte Trumps Sprecher Sean Spicer.
Die Diplomaten hatten über einen internen Kommunikationskanal ihres Ministeriums ein Protestschreiben gegen das Dekret verbreitet. Um wieviele Mitarbeiter es sich handelte, war zunächst unklar. Laut US-Medienberichten waren es mehrere Dutzend.