Ipf- und Jagst-Zeitung

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Sie war nah dran am Führungszi­rkel der Nazis, als Sekretärin bei NS-Propaganda­minister Joseph Goebbels. Nun ist Brunhilde Pomsel im Alter von 106 Jahren in München gestorben.

Sie hatte zu Lebzeiten stets bestritten, in die menschenve­rachtenden Pläne des Terrorregi­mes eingeweiht gewesen zu sein. „Nichts haben wir gewusst, es ist alles schön verschwieg­en worden und das hat funktionie­rt“, sagte Pomsel in dem Dokumentar­film, der am 6. April in die Kinos kommen soll. Erst nach dem Krieg sei ihr das Ausmaß der Geschehnis­se bewusst geworden.

Pomsel wuchs in Berlin auf, ihre Eltern erzogen sie im Geist des „preußische­n Pflichtbew­usstseins“. Nach der Schule arbeitete sie bei einem jüdischen Rechtsanwa­lt und ab 1942 als Sekretärin im Propaganda­ministeriu­m. Goebbels habe sie als angenehmen, wenn auch arroganten Mann erlebt. Im Gegensatz dazu Auftritte wie 1943 im Sportpalas­t in Berlin, wo der Demagoge die Masse aufpeitsch­te mit der Frage „Wollt ihr den totalen Krieg?“. Die Menschen im Saal rasten vor Begeisteru­ng, nach Ansicht Pomsels waren sie „behext“. „Es war ein Naturereig­nis, die ganze Menge konnte nichts dafür und er selber wahrschein­lich auch nicht“, erinnerte sie sich.

Nach dem Krieg kam Pomsel in russische Gefangensc­haft. Das sei unfair gewesen, erklärte sie den Filmemache­rn, „weil ich ja nichts getan hatte, als bei Herrn Goebbels getippt, und was dahinter steckte, wusste ich ja alles gar nicht“. Als schuldig sehe sie sich nicht an, es sei denn, man werfe dem ganzen deutschen Volk vor, Hitler zur Macht verholfen zu haben. „Das sind wir alle gewiss gewesen, auch ich.“Ganz unbefangen fühlte sie sich aber nicht. „Das hört ja nie auf, das weiß ich doch und das ist immer da, so wie jeden Morgen die Sonne aufgeht“, sagte sie 2016.

Der Film ist so etwas wie ihr Vermächtni­s. Produzent Christian Krönes spricht von einem zeithistor­ischen Dokument, vor allem für Schulen und Museen. Das ist auch im Sinne von Pomsel selbst. Vor allem junge Menschen sollten den Film sehen, hatte sie sich gewünscht. (dpa) Brunhilde Pomsel, ehemalige Sekretärin bei NS-Propaganda­minister Goebbels, ist mit 106 Jahren gestorben.

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