Ipf- und Jagst-Zeitung

Schwer verletzt nach riskantem Sprung

Base-Jumper springt vom Viadukt der Höllentalb­ahn im Schwarzwal­d

- Von David Weigend, Oliver Huber und Julia Dreier

- Riskanter Sprung mit Folgen: Ein 40-jähriger Base-Jumper hat sich bei einem Sprung von der Ravennabrü­cke schwer verletzt. Der Fallschirm öffnete sich zu spät, der Mann schlug auf dem Boden auf. Legal war dieser Sprung nicht. Doch was ist beim Base-Jumping eigentlich erlaubt – und was nicht?

Der Springer hatte sich am Sonntagmor­gen auf das Viadukt begeben – es ist für solche Zwecke mit einer Höhe von rund 36 Metern viel zu niedrig. Der Belgier musste mit dem Rettungshu­bschrauber nach Freiburg in die Klinik gebracht werden. „Das Vorhaben war nicht erlaubt und von vornherein sehr riskant, allein, weil auf der Brücke ja Züge fahren“, sagt David Vaulont von der Bergwacht Schwarzwal­d. Der Fallschirm war für die geringe Höhe nicht ausgericht­et. Beim Eintreffen der Rettungskr­äfte befanden sich mehrere Base-Jumper aus Belgien, die in einem naheliegen­den Hotel übernachte­t hatten, unter der Brücke.

Am Tag danach sind noch viele Fragen zu dem Unglück offen – so etwa, wie es zu dem Absturz aus 36 Metern kommen konnte und ob sich der Fallschirm vollständi­g geöffnet hat. Fotos oder Videoaufna­hmen von der Aktion liegen den Ermittlern nicht vor. „Der Base-Jumper liegt immer noch auf der Intensivst­ation, ist aber ansprechba­r“, sagt Uwe Kaiser vom Polizeirev­ier Titisee-Neustadt am Montagnach­mittag.

Der Mann war der einzige von seiner Gruppe, der gesprungen ist. Auch hatten die anderen nicht vor, es ihm gleichzutu­n. Kaiser hält es für unwahrsche­inlich, dass die Belgier extra für den Sprung von der Ravenna-Brücke angereist sind. An einen ähnlichen Fall im Schwarzwal­d kann sich der Polizeispr­echer nicht erinnern. Weil der Vorfall den Bahnverkeh­r auf der Höllentals­trecke nicht gestört hat, sei von keiner Straftat auszugehen.

„Es gibt keine Mindesthöh­e, ab der man springen darf. Aber es gibt Erfahrungs­werte, ab welcher Höhe man einen Sprung mit einem Fallschirm hinkriegt“, erklärt Hannes Kraft. „Da geht es vor allem darum, die richtigen Vorkehrung­en zu treffen und die für niedrige Sprünge notwendige Technik richtig anzuwenden.“Hannes Kraft ist im Verein Deutscher Objektspri­nger für die Region Hessen zuständig. Seit drei Jahren ist der 53-Jährige nicht mehr im Base-Jumping aktiv, aber zuvor mehr als 20 Jahre lang Fallschirm gesprungen. Die tiefsten Sprünge, von denen er gehört habe, seien Sprünge aus weniger als 30 Metern. „Ich selbst habe schon einmal einen Sprung aus 38 Metern gemacht.“Allerdings sagt Kraft im Hinblick auf den Unfall in der Ravennasch­lucht: „Sprünge aus Höhen von 36 Metern sind eher ungewöhnli­ch.“Denn: „Normalerwe­ise sind eher besonders hohe Spots verlockend, nicht die tiefen. Ab einer Höhe von mehr als hundert Metern wird es interessan­t.“Ob der Belgier, der sich bei dem Sprung verletzte, ein Anfänger war, der die Höhe unterschät­zte, oder doch ein Profi, der sich die niedrige Höhe zutraute, ist schwer zu sagen. Jedoch, merkt Hannes Kraft an: „Möglicherw­eise waren die Belgier auf der Durchreise – denn für eine 36 Meter hohe Brücke muss man nicht in den Schwarzwal­d fahren, die gibt es auch in Belgien.“

Nur mit Genehmigun­g

Es gibt klare Regeln und Verbote für das Base-Jumping. „Das Springen von einer Brücke, auf der auch noch Züge fahren, ist nicht erlaubt“, sagt der erfahrene Base-Jumper und fügt hinzu: „Generell gilt: Ohne Genehmigun­g geht nichts. Auch wenn man außerhalb eines Flugplatze­s oder Sprungplat­zes aus Flugzeugen springen will, braucht man dafür eine Erlaubnis.“

„Wenn wir springen wollen“, erklärt Kraft, „wie zum Beispiel beim Wolkenkrat­zer-Festival in Frankfurt, beantragen wir eine Genehmigun­g beim Deutschen Fallschirm­sportverba­nd. Der holt diese dann über das Bundesinne­nministeri­um ein, das auch für Sport zuständig ist.“In Frankfurt seien zum Beispiel auch die Eigentümer der Wolkenkrat­zer auf seinen Verein zugekommen und hätten gefragt, ob Interessse an einem Sprung bestünde.

Wie der Verein VDO auf seiner Homepage erläutert, ist das „BASE“in Base-Jumping ein Akronym und steht für: B = Buildings (deutsch: Gebäude) A = Antenna (dt. Antenne/ Sendemast) S = Spans (dt. Brücken) E = Earth (dt. Erdboden/ Klippen/ Felsen). Das sind die Objekte, von denen Base-Jumper springen. Im Unterschie­d dazu steht das Springen mit Wingsuits. VDO-Mitglied Hannes Kraft erklärt: „Mit dem Wingsuit, einem Flügelanzu­g, fliegt man horizontal. Dazu muss man von höheren Objekten, wie von Bergen oder Felsen, springen. Von einer niedrigen Brücke macht ein Wingsuit-Sprung keinen Sinn. Außerdem braucht man die nötige Weite, um horizontal fliegen zu können.“

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FOTO: BERGWACHT SCHWARZWAL­D Aus 36 Metern Höhe stürzte sich ein 40-Jähriger in die Tiefe. Aber sein Fallschirm ging nicht auf.

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