„Berlinale legt diesmal den Schwerpunkt auf Europa“
Direktor Dieter Kosslick verspricht, dass neben ernsten Themen auch der Spaß nicht zu kurz kommt
(dpa) - Drei deutsche Filme im Bären-Rennen und internationale Stars auf dem roten Teppich. Bei der 67. Berlinale vom 9. bis 19. Februar werden rund 400 Filme gezeigt, darunter viele mit politischer Botschaft. Berlinale-Direktor Dieter Kosslick rät im Interview mit Elke Vogel von der Deutschen PresseAgentur: „Zwischendurch sollte man sich eine Komödie reinziehen, um dann wieder fit für die Herausforderungen der Welt zu sein.“
Welche Probleme brennen den internationalen Filmemachern unter den Nägeln?
Viele Filmemacher machen sich Gedanken darüber, warum die Welt so aussieht, wie sie aussieht, indem sie in die Geschichte zurückblicken. Da ist zum Beispiel das epische Historiendrama „Viceroy’s House“von Gurinder Chadha über die Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien vor 70 Jahren und die damit verbundene Teilung des Landes. Oder Raoul Pecks „Der junge Karl Marx“im Berlinale Special mit August Diehl in der Titelrolle. Im Bären-Wettbewerb haben wir außerdem mehrere lateinamerikanische Filme, die sich mit der Frage der Kolonialisierung beschäftigen und warum sich zum Beispiel auch in Afrika gar nicht so viel verändert hat – die Kolonialmächte von damals sind die Investoren von heute.
Gibt es einen inhaltlichen roten Faden im Festivalprogramm?
Das Festival legt in diesem Jahr auf jeden Fall den Schwerpunkt auf Europa. Es geht um die Geschichte Europas und die Kriege Europas. Im Blick auf das politisch einst in Ost und West geteilte Europa geht es auch um den Verlust der zwei großen Utopien. Die Menschen vertrauen dem Kapitalismus nicht – und dem Kommunismus sowieso schon lange nicht mehr. Man sucht nun nach Menschen, die Mut haben und nach vorne blicken und etwas verändern wollen. Das sind überwiegend Künstler, wie zum Beispiel Joseph Beuys, der im deutschen Wettbewerbsbeitrag „Beuys“von Andres Veiel porträtiert wird. In „Final Portrait“von Stanley Tucci ist es der Bildhauer Alberto Giacometti, den der großartige Geoffrey Rush spielt.
Wird es also dieses Mal eine eher nachdenkliche Berlinale und keine Glamour-Berlinale?
Es wird wieder eine Glamour-Berlinale. Weil wir sehr viele Stars auf dem roten Teppich haben werden. Und es gibt auch wieder viel zu lachen. Zum Beispiel bei der Gesellschaftssatire „Wilde Maus“vom österreichischen Kabarettisten Joseph Hader. Oder bei Sally Potters Komödie „The Party“, in der Patricia Clarkson, Bruno Ganz, Cillian Murphy, Kristin Scott Thomas und Timothy Spall mitspielen. Viel schwarzen Humor gibt es auch in „Pokot“, dem neuen Film der polnischen Altmeisterin Agnieszka Holland.
Aber im Programm finden sich auch sehr viele Filme mit sehr ernsten Themen …
Der Punkt ist: Je lauter das Geschrei aus dem Oval Office in Washington ist, desto nachdenklicher sollten wir werden mit dem Echo auf das, was jetzt passiert. Das Geschrei verdeckt nur, dass in Wahrheit eine unglaublich restaurative Politik installiert wird – gegen Umweltschutz, gegen ethnische Minderheiten. Die Filme zeigen, in welcher Realität wir leben – sie zeigen aber auch, dass es Auswege gibt aus dieser Misere und dass man nicht alles hinnehmen muss, was passiert.
Wie sieht nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche das Sicherheitskonzept der Berlinale aus?
Wir stehen in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden, um die Sicherheit der Festivalbesucher und Gäste zu gewährleisten. Wir freuen uns auf eine friedliche und weltoffene Berlinale, die zeigt, dass Vielfalt schöner ist als Einfalt.