Neue Beweisanträge im Rockerprozess halten Gericht in Atem
Verteidigung will einige Zeugen erneut hören – Wahrscheinlich noch kein Urteil am Mittwoch
(R.) - Mit umfangreichen neuen Beweisanträgen der Verteidigung ist am Montag die Verhandlung gegen den des Mordes angeklagten Vizepräsidenten der Heidenheimer Rockergang Black Jackets im Landgericht fortgesetzt worden (wir berichteten mehrfach). Zwei von der Verteidigung gewünschte Zeugen hat das Schwurgericht für Mittwoch geladen. Am Mittwoch sind auch die Schlussplädoyers des Staatsanwalts, der Nebenkläger und der Verteidigung geplant. Mit einem Urteil ist aber noch nicht zu rechnen.
Am Montag gab es Anhaltspunkte dafür, dass die Anklage auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung abgeschwächt wird. Dann müsste der geständige Angeklagte nicht mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen.
Als Zeugin geladen ist eine Anwohnerin der Clichystraße, in der am 7. April 2016 die tödlichen Schüsse fielen. Dort hatte der Vizepräsident der Black Jackets auf den Vizepräsidenten der United Tribuns geschossen. Er wurde verletzt, sein Bruder getötet. Verteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf erhofft sich von ihrer Aussage Aufschluss darüber, ob der Tat ein Streit vorausging. Zeugen glaubten gehört zu haben, jemand habe „schieß’ doch, schieß’ doch“gerufen. Doch ihre Aussagen sind widersprüchlich.
Aussagen soll am Mittwoch auch der Inhaber der Heidenheimer Autoarena. In einem Kampf, der dort stattfand, ist der Angeklagte dem Präsidenten der rivalisierenden Rockergang United Tribuns angeblich unterlegen. Diese Demütigung soll ihn zu seiner Tat angestachelt haben.
Der Weltpräsident soll aussagen
Geht es nach der Verteidigung, wird auch der Weltpräsident der Black Jackets vorgeladen. Denn bei einer weiteren Auseinadersetzung am 15. März 2016 auf dem Parkplatz einer Giengener Realschule kam es ebenfalls zu einem Schusswechsel, wobei unklar ist, ob die dort abgegebenen Schüsse ihm oder dem Angeklagten galten.
Auch ein Ex-Mitglied der Black Jackets sähe die Verteidigung gerne erneut im Gerichtssaal. Sie fragt, ob der 23-Jährige wirklich ein Aussteiger ist oder ein Spitzel, der den Jackets Fallen stellte, um sie bei der Polizei ans Messer zu liefern. Dass er der Falschaussage in einem anderen Verfahren überführt wurde, mache ihn nicht glaubwürdiger. Unsäglich sei, sagte Stiefel-Bechdolf gegenüber der Presse, die viel zu enge Verbindung ermittelnder Polizeibeamten und insbesondere eines Kriminalhauptkommissars zur Szene. Dieser gehe wöchentlich mit dem Weltpräsidenten der Black Jackets essen. Der Beamte müsste für weitergehende Auskünfte von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden werden. Ob er noch einmal geladen wird, liegt im Ermessen der Kammer.
Diese entscheidet auch darüber, ob auf Wunsch der Verteidigung ein Black Jacket, der den Friseurladen nach der Schießerei durch eine Hintertür verließ und später zurückkam, noch einmal aussagt. Möglicherweise hat er die verschwundene Tatwaffe über den Hinterhof entsorgt.