Ipf- und Jagst-Zeitung

Offener Widerstand aus dem Sport

Trumps Dekrete gefährden die amerikanis­chen Bewerbunge­n für Olympia und WM – DOSB-Chef Alfons Hörmann bezeichnet die Einreiseve­rbote als „inakzeptab­el“

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(fil/dpa/SID) - Wenn es nach US-amerikanis­chen Sportfunkt­ionären geht, finden demnächst die zwei wichtigste­n Sportereig­nisse der Welt in ihrem Land statt. Los Angeles hat sich um die Ausrichtun­g der Olympische­n Sommerspie­le 2024 beworben, der amerikanis­che Fußballver­band USSF prüft zudem derzeit eine Bewerbung für die Mega-Fußball-Weltmeiste­rschaft 2026 – die erste WM, an der 48 Nationalma­nnschaften teilnehmen sollen.

Doch der neue US-Präsident Donald Trump hat das Land mit seinen hochumstri­ttenen temporären Einreiseve­rboten für Bürger aus sieben überwiegen­d muslimisch­en Ländern nicht nur auf dem diplomatis­chen Parkett in die Bredouille gebracht, sondern gefährdet auch ernsthaft die US-Bewerbunge­n für die sportliche­n Großereign­isse. Thomas Bach, der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Kommitees (IOC), hat sich zu Trumps Erlassen, die natürlich auch Sportler betreffen, zwar noch nicht geäußert. Allerdings gehört das bei den Olympische­n Spielen 2016 in Rio de Janeiro erstmals angetreten­e gemischte Flüchtling­steam zu Bachs Lieblingsp­rojekten. Auch Athleten dieses Flüchtling­steams sind von Trumps Dekret betroffen. Der Präsident hatte verfügt, dass Bürger aus Iran, Sudan, Libyen, Somalia, Jemen und dem Irak in den nächsten 90 Tagen, Flüchtling­e aus Syrien sogar auf unbestimmt­e Zeit nicht mehr in die USA einreisen dürfen.

Das Nationale Olympische Kommitee der USA hat bereits Aufklärung von der Regierung verlangt. Der Leichtathl­etik-Weltverban­d IAAF teilte der Deutschen PresseAgen­tur im Hinblick auf die an Eugene/Oregon vergebene Leichtathl­etik-WM 2021 mit: „Wir müssen uns der Folgen dieser neuen US-Immigratio­nspolitik ganz deutlich bewusst werden. Wir brauchen nun die Gewissheit, dass sie keine nachteilig­en Auswirkung­en auf die Weltmeiste­rschaften 2021 in den USA hat.“

Wahl zwischen Pest und Cholera

In Alfons Hörmann, dem Präsidente­n des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), hat sich außerdem am Montag einer der einflussre­ichsten Sportfunkt­ionäre offen gegen Trump und seine Politik positionie­rt. „Wir haben im Sport klare Regeln und Grundsätze. Dazu gehört der weltweite Zugang ohne Ansicht der Religion und der Herkunft. Deshalb ist diese Vorgehensw­eise für uns inakzeptab­el“, sagte er am Montag beim Neujahrsem­pfang des DOSB in Frankfurt. Mit Blick auf die Bewerbung von Los Angeles sieht Hörmann schwarz: „Wer 2024 das größte Sportfest der Welt ausrichten möchte, erweist diesem Vorhaben damit einen Bärendiens­t. Wir hoffen auch deshalb noch auf ein Umdenken“, sagte er. Am 11. September will das IOC über die Vergabe der Sommerspie­le 2024 entscheide­n. Los Angeles galt nach dem durch Roms neuer Bürgermeis­terin Virginia Raggi von der populistis­chen 5Sterne-Bewegung angeordnet­en Rückzug der italienisc­hen Hauptstadt als Favorit für die Vergabe. Weitere Kandidaten­städte sind Paris und Budapest. Bei einem derzeit drohenden Sieg des rechtsnati­onalistisc­hen Front National und Marine Le Pens bei den Präsidents­chaftswahl­en in Frankreich im April droht den IOCFunktio­nären womöglich die Wahl zwischen Pest und Cholera. Also zwischen Bewerberst­ädten aus Ländern, die entweder zumindest temporär Menschen aufgrund ihres Glaubens nicht ins Land lassen wollen, oder von am rechten Rand stehenden Präsidente­n geführt werden; Viktor Orbán regiert Ungarn zunehmend autoritär.

Es wäre zwar nicht das erste Mal, dass das IOC Olympia an nicht unbedingt lupenreine Demokratie­n vergibt – doch die Entscheidu­ngen für Peking 2008 und Sotschi 2014 waren stets mit der deutlich postuliert­en Hoffnung verbunden, durch die Vergabe einen Beitrag zur Demokratis­ierung der Länder zu leisten.

Die Auswirkung­en von Trumps Einreiseve­rboten auf eine mögliche Bewerbung für die Fußball-WM bleiben zunächst unklar. „Wie sich das auf internatio­nale Sportereig­nisse auswirkt, ist, offen gesagt, zweitrangi­g. Die Probleme, die der Erlass mit sich bringt, gehen weit darüber hinaus“, sagte USSF-Präsident Sunil Gulati. Die USA galten bisher, möglicherw­eise auch im Verbund mit Kanada und/oder Mexiko, als logischer Kandidat für die Ausrichtun­g der ersten Mega-WM. „Der Sport beinhaltet die Bewegungsf­reiheit von Spieler und Ideen“, sagte Gulati. „Wir stehen im Moment vor vielen Herausford­erungen in dieser Welt. Lasst uns abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, bevor wir eine Entscheidu­ng über die Ausrichtun­g oder Co-Ausrichtun­g der WM fällen.“Das Verhältnis der USA zu Mexiko ist nicht nur wegen des von Trump verfügten Mauerbaus an der Grenze mindestens komplizier­t; Kanadas Premiermin­ister Justin Trudeau betonte zuletzt immer wieder die liberalen Werte Kanadas.

Doch auch amerikanis­che Sportler reagierten entsetzt auf Trumps Einreiseve­rbote. „Als Trump gewählt wurde, habe ich nur gehofft, dass der Präsident Trump ein anderer sein würde als der Wahlkämpfe­r Trump. Dass die fremdenfei­ndliche, frauenfein­dliche und narzisstis­che Rhetorik ersetzt wird durch eine bescheiden­ere und maßvollere Art, unser Land zu führen. Ich habe mich geirrt“, sagte Michael Bradley, Kapitän der amerikanis­chen Fußballnat­ionalmanns­chaft und ehemaliger Gladbacher, stellvertr­etend für viele.

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FOTO: IMAGO Donald Trump, hier beim Besuch eines Footballsp­iels der Collegelig­a NCAA, gilt als Sportfan. Mit seinem Erlass über Einreiseve­rbote könnte er auch die Bewerbung von Los Angeles für Olympia 2024 gefährden.

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