Ipf- und Jagst-Zeitung

Wehrhafter Rechtsstaa­t

- Von Alexei Makartsev a.makartsev@schwaebisc­he.de

Die Politik reagiert auf die akute Bedrohung durch den islamistis­chen Terrorismu­s. Die Razzien am Mittwoch und die Änderung des BKA-Gesetzes sind deutliche Signale, dass der deutsche Rechtsstaa­t wehrhaft sein kann und muss. Im Wahljahr werden sicher weitere Anti-Terror-Maßnahmen wie der Ausbau der Videoüberw­achung folgen, die auch der Beruhigung der Bürger dienen. Wer jedoch den Koalitions­parteien wahltaktis­che Motive unterstell­t, wer die Politiker des Alarmismus bezichtigt, der unterschät­zt die existenzie­lle Gefahr für unsere Demokratie, die von gewaltbere­iten Fanatikern ausgeht.

Aus dem Behördenve­rsagen im Fall von Amri mussten Lehren gezogen werden. Und sie sind richtig gezogen. Elektronis­che Fußfesseln alleine werden keine Anschläge verhindern. Aber sie können die Überwachun­g von 550 Gefährdern in Deutschlan­d erleichter­n, ihre Bewegungen einschränk­en und sie an der Ausreise in die Kampfgebie­te im Ausland hindern. Die Behörden erwarten, dass die Anzahl von Gefährdern wachsen wird und mit ihr das Risiko von Anschlägen. Es gibt jedoch keine Möglichkei­t, binnen kurzer Zeit ein Heer von Extra-Bewachern auszubilde­n und einzustell­en, um die Islamisten rund um die Uhr verfolgen zu können. Somit ist die Fußfessel als Baustein der Anti-Terror-Strategie unvermeidl­ich.

Allerdings – und auch das gehört zu den Pflichten des Rechtsstaa­ts – muss die Politik den juristisch­en Bedenken gegen die erweiterte­n BKAVollmac­hten Rechnung tragen. Der Zwang zu Fußfesseln bei Verdächtig­en, die vielleicht noch keine Straftaten verübt haben, ist ein Eingriff in die Persönlich­keitsrecht­e. Darum sind bundesweit einheitlic­he, nachvollzi­ehbare Kriterien notwendig, wer und wann als Gefährder eingestuft wird. Vor allem die Länder, in deren Zuständigk­eit hauptsächl­ich die Überwachun­g von gefährlich­en Islamisten fällt, müssen jetzt schnell ihre Polizeiges­etze anpassen. An Baden-Württember­g wird es wohl nicht liegen: Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) gilt als Befürworte­r der verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen.

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