Elektronische Fußfesseln künftig auch für Gefährder
Bundesregierung erleichtert Überwachung von Terrorverdächtigen – Festnahmen bei Razzien gegen Islamisten
- Ein erfolgreicher Schlag gegen Islamisten in Deutschland: In Hessen und Berlin haben Ermittler am Mittwoch Terrorverdächtige festgenommen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Razzien und den neuen Fußfessel-Plänen der Bundesregierung.
Welches Ziel hatten die Anti-Terror-Razzien in Hessen?
Es geht um 16 Beschuldigte, 13 von ihnen wird vorgeworfen, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet zu haben. Festgenommen wurde ein Tunesier, der für die Terrormiliz IS in seinem Heimatland Anschläge verübt haben soll – unter anderem den auf das Bardo-Museum in Tunis 2015 mit 20 Toten. Der 36-jährige Mann soll der Kopf eines Netzwerks im Rhein-Main-Gebiet gewesen sein und für den IS als Anwerber und Schleuser fungiert haben.
Stand ein Anschlag in Deutschland unmittelbar bevor?
Davon gehen die Ermittler nicht aus. Ein konkretes Ziel für einen Anschlag habe es noch nicht gegeben, wohl aber Vorbereitungen, so die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt. Der festgenommene Tunesier gilt als gefährlich. Er hatte wegen eines Festnahmeersuchens tunesischer Behörden bereits in Abschiebehaft gesessen, wurde aber wieder freigelassen, weil Tunesien keine vollständigen Unterlagen vorgelegt hatte. Seit November 2016 stand der Mann rund um die Uhr unter Beobachtung. Jetzt griffen die Ermittler zu.
Was hat es mit den Festnahmen in Berlin auf sich?
Gegen die drei in der Hauptstadt Festgenommenen, die 21, 31 und 45 Jahre alt sind, wird wegen Terrorverdachts ermittelt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen gibt es Verbindungen zu Anis Amri, dem Attentäter vom 19. Dezember 2016. Wie Amri waren die Männer in der „Fussilet 33“-Moschee in Berlin-Moabit ein- und ausgegangen – einem Salafisten-Treffpunkt. Der Verein soll verboten werden.
Werden islamistische Gefährder nun flächendeckend mit elektronischen Fußfesseln überwacht?
Das bleibt abzuwarten. Das Bundeskabinett hat eine entsprechende Änderung des BKA-Gesetzes auf den Weg gebracht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert die Länder auf, jetzt erleichterte Voraussetzungen für Fußfesseln bei potenziellen Terroristen zu schaffen. Für die Überwachung bedarf es grundsätzlich einer richterlichen Zustimmung, bei „Gefahr in Verzug“kann sie nachträglich eingeholt werden.
Wie funktionieren Fußfesseln?
Die Geräte verfügen über einen Sender, der weitergibt, wo sich der Betroffene befindet. Für Terrorverdächtige soll es jeweils Verbote geben, sich an bestimmten Orten aufzuhalten. Bei Verstößen schlägt die Technik Alarm. Kritiker weisen darauf hin, dass der Anschlag vor Weihnachten in Berlin mithilfe einer elektronischen Fußfessel nicht hätte verhindert werden können. „Fußfesseln sind kein Allheilmittel“, räumt Innenminister de Maizière ein.
Welche weiteren Änderungen sind geplant?
Teil des BKA-Gesetzes sind Beschränkungen für das Abhören und Filmen der Privatwohnungen. Künftig darf es bei Kontakt- und Begleitpersonen von Verdächtigen keine Wohnraumüberwachung mehr geben. Mit der Änderung reagiert die Bundesregierung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Teile des Gesetzes für nichtig erklärt hatte. Innenminister de Maizière hat weitere gesetzliche Änderungen angekündigt – unter anderem bei der Abschiebehaft. Ausländer sollen künftig auch dann in Haft genommen werden können, wenn es bis zu ihrer Rückführung noch mehr als drei Monate dauert. Außerdem soll es weitere Haftgründe geben – etwa die „Terrorgefahr“.