Kandidat aus dem Hut gezaubert
US-Präsident Trump inszeniert Vorstellung des möglichen neuen Richters als Show – Demokraten sind skeptisch
- Von seinem Hang zur großen Show konnte Donald Trump wieder nicht lassen. Als der US-Präsident im Kronleuchterglanz des Weißen Hauses stand, um seinen Kandidaten fürs Oberste Gericht vorzustellen, bemühte er einmal mehr den Superlativ. Neil Gorsuch, der an einem Berufungsgericht in Denver arbeitet, sei der „allerbeste Richter“im Land, sagte Trump.
Gorsuch sei ein brillanter Kopf und genieße parteiübergreifende Unterstützung. Zudem sei das Verfahren, das mit seiner Nominierung endete, der „vielleicht transparenteste juristische Auswahlprozess der Geschichte“gewesen.
Tatsächlich war es ein Verfahren, das manche an „Apprentice“denken ließ, die Reality-Show, in der sich der Fernsehstar Trump als Entscheider inszeniert hat. Vor der Zeremonie waren zwei Namen im Gespräch. Und als der US-Präsident endlich wissen ließ, wer von beiden den Zuschlag bekommt, tat er es im Stile eines Magiers, der gerade ein Kaninchen aus dem Hut gezogen hatte. „Na, war das eine Überraschung? War es das?“, fragte Trump.
Abgesehen vom ganzen Drumherum, es ist eine Personalie mit Langzeitwirkung. Weil US-Verfassungsrichter auf Lebenszeit berufen werden, könnte der 49 Jahre alte Gorsuch noch Recht sprechen, wenn Trump längst nicht mehr im Weißen Haus residiert. Zunächst aber muss er vom Senat auf seinem Posten bestätigt werden. Das Verfahren könnte ein Hindernisrennen werden.
Schutz der Verfassungsrechte
Gorsuch müsse beweisen, dass er sich im Mainstream der Rechtsprechung befinde und gewillt sei, die Verfassungsrechte ausnahmslos aller Amerikaner gegen Übergriffe der Regierung zu schützen, betont Chuck Schumer, der Fraktionschef der Demokratischen Partei im Senat. Dringender als je zuvor brauche das Land einen Höchstrichter, der einem Staatschef die Stirn biete, der schon jetzt bewiesen habe, dass er bereit sei, die Verfassung zu verbiegen.
Dass der Widerstand so ausgeprägt ist, liegt einerseits an dem tiefen Groll, den die Demokraten angesichts der vorangegangen Totalopposition der Republikaner empfinden. Es ist fast elf Monate her, da präsentierte Barack Obama einen Kandidaten, der den im Februar 2016 verstorbenen Antonin Scalia im Supreme Court ersetzen sollte. Merrick Garland, einen liberalen Richter, für den sich nicht nur die Demokraten, sondern auch Republikaner der gemäßigten Schule erwärmen konnten. Die Senatsführung der Konservativen aber weigerte sich, Garland auch nur anzuhören. Schon das erklärt manches, was nun an scharfen Tönen gegen Trumps Favoriten aus den demokratischen Reihen zu hören ist.
Andererseits gilt der Harvard-Absolvent Gorsuch als ein stramm konservativer Richter, milde im Ton, aber hart in der Sache. Viele Liberale fürchten, dass er bei Themen wie Abtreibung, Waffengesetzen und Sterbehilfe auf einen kompromisslos konservativen Kurs einschwenkendürfte.