Le Pen startet in Wahlkampf mit dem Slogan: „Frankreich zuerst!“
Front-National-Chefin macht Stimmung mit nationalistischen Kampfansagen in Lyon - Unabhängiger Kandidat Macron beschwört Optimismus
(dpa) - Unterschiedlicher könnten zwei Wahlkampfveranstaltungen kaum ausfallen. Die Rechtspopulisten des Front National um Marine Le Pen rufen am Wochenende in Lyon nach dem Vorbild von USPräsident Donald Trump: „La France d'abord!“– „Frankreich zuerst!“. Bei den Anhängern des unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron heißt es wenige Kilometer entfernt: „Oui, on peut“– eine Übersetzung von Barack Obamas Slogan „Yes, we can“.
Le Pen heizt den Saal mit nationalistischen Tönen und Kampfansagen an den islamischen Fundamentalismus auf. Mit tiefer Stimme ruft sie: „Ihr habt das Recht, euer Land zu lieben, und ihr habt sogar das Recht, das zu zeigen.“Macron beschwört dagegen Optimismus – „eine Demonstration der Lust und des Enthusiasmus“, nennt er die Zusammenkunft seiner Anhänger. In der Fankurve des Stadions, in das der Polit-Jungstar geladen hat, weht ein Meer aus Frankreichund Europaflaggen.
Am anderen Ende der Stadt bei der Front National braucht man nach der blauen Fahne mit den gelben Sternen gar nicht erst suchen. Die Rechtsaußen-Partei hat sich sogar in das am Samstag veröffentlichte Wahlprogramm geschrieben, die europäische Flagge von allen öffentlichen Gebäuden zu entfernen.
Beim Thema Europa wird der Unterschied zwischen den Bewegungen ganz besonders deutlich. So kündigen beide an, im Fall eines Wahlsiegs das Verteidigungsbudget erhöhen zu wollen. Während Le Pen aber die Präsenz Frankreichs im integrierten militärischen Kommando der Nato in Frage stellt, sagt Macron: „Ich will eine europäischere Verteidigung, eine Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland.“
Entscheidung über EU-Zukunft
Le Pen verspricht ein Referendum über den Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union (EU) – einen „Frexit“. Macron spricht sich dagegen für mehr Europa aus. Die Präsidentschaftswahl ist damit auch eine Entscheidung über das Schicksal der EU. Bei einem Le-Pen-Sieg droht ihr das Auseinanderbrechen. Frankreich ist immerhin die zweitgrößte Euro-Wirtschaft der Union.
Wie die Abstimmung über den künftigen Staatschef ausgehen wird, ist noch völlig unklar. Macron und Le Pen haben beide gute Aussichten, die entscheidende zweite Runde im Mai zu erreichen. Beiden nützt der Wirbel um die Vorwürfe gegen den konservativen Kandidaten François Fillon, seine Frau zum Schein beschäftigt und ihr mehrere Hunderttausend Euro gezahlt zu haben.
Noch vor wenigen Monaten schien ein Erfolg Macrons weit hergeholt. Mittlerweile liegt er in Umfragen bei um die 20 Prozent. Aber auch für die Front National sah es bei einer Präsidentschaftswahl noch nie so gut aus. In Umfragen für den ersten Wahlgang im April liegt Le Pen mit um die 25 Prozent vorn. Für den zweiten Wahlgang sagen Umfragen ihr jedoch eine Niederlage voraus.
Aus dem Wochenende in Lyon geht Macron als Publikumsliebling hervor. Nach Angaben des Veranstalters kommen am Samstag 16 000 Menschen in und vor das Stadion, in dem er seine Rede hält. Auf dem Weg zur Bühne lässt sich der Kandidat Zeit für ein Bad in der Menge - die johlt, ruft und in Vuvuzuelas bläst.
Bei der Front National bleiben die Ränge am ersten Tag halb leer. Während der Rede von Marine Le Pen am Sonntagnachmittag füllt sich das Amphitheater, das 3000 Menschen fasst, dann doch. Die Menschen bejubeln ihre Marine und singen immer wieder mit Inbrunst die Marseillaise.