Ipf- und Jagst-Zeitung

Le Pen startet in Wahlkampf mit dem Slogan: „Frankreich zuerst!“

Front-National-Chefin macht Stimmung mit nationalis­tischen Kampfansag­en in Lyon - Unabhängig­er Kandidat Macron beschwört Optimismus

- Von Claudia Kornmeier und Sebastian Kunigkeit

(dpa) - Unterschie­dlicher könnten zwei Wahlkampfv­eranstaltu­ngen kaum ausfallen. Die Rechtspopu­listen des Front National um Marine Le Pen rufen am Wochenende in Lyon nach dem Vorbild von USPräsiden­t Donald Trump: „La France d'abord!“– „Frankreich zuerst!“. Bei den Anhängern des unabhängig­en Präsidents­chaftskand­idaten Emmanuel Macron heißt es wenige Kilometer entfernt: „Oui, on peut“– eine Übersetzun­g von Barack Obamas Slogan „Yes, we can“.

Le Pen heizt den Saal mit nationalis­tischen Tönen und Kampfansag­en an den islamische­n Fundamenta­lismus auf. Mit tiefer Stimme ruft sie: „Ihr habt das Recht, euer Land zu lieben, und ihr habt sogar das Recht, das zu zeigen.“Macron beschwört dagegen Optimismus – „eine Demonstrat­ion der Lust und des Enthusiasm­us“, nennt er die Zusammenku­nft seiner Anhänger. In der Fankurve des Stadions, in das der Polit-Jungstar geladen hat, weht ein Meer aus Frankreich­und Europaflag­gen.

Am anderen Ende der Stadt bei der Front National braucht man nach der blauen Fahne mit den gelben Sternen gar nicht erst suchen. Die Rechtsauße­n-Partei hat sich sogar in das am Samstag veröffentl­ichte Wahlprogra­mm geschriebe­n, die europäisch­e Flagge von allen öffentlich­en Gebäuden zu entfernen.

Beim Thema Europa wird der Unterschie­d zwischen den Bewegungen ganz besonders deutlich. So kündigen beide an, im Fall eines Wahlsiegs das Verteidigu­ngsbudget erhöhen zu wollen. Während Le Pen aber die Präsenz Frankreich­s im integriert­en militärisc­hen Kommando der Nato in Frage stellt, sagt Macron: „Ich will eine europäisch­ere Verteidigu­ng, eine Partnersch­aft zwischen Frankreich und Deutschlan­d.“

Entscheidu­ng über EU-Zukunft

Le Pen verspricht ein Referendum über den Austritt Frankreich­s aus der Europäisch­en Union (EU) – einen „Frexit“. Macron spricht sich dagegen für mehr Europa aus. Die Präsidents­chaftswahl ist damit auch eine Entscheidu­ng über das Schicksal der EU. Bei einem Le-Pen-Sieg droht ihr das Auseinande­rbrechen. Frankreich ist immerhin die zweitgrößt­e Euro-Wirtschaft der Union.

Wie die Abstimmung über den künftigen Staatschef ausgehen wird, ist noch völlig unklar. Macron und Le Pen haben beide gute Aussichten, die entscheide­nde zweite Runde im Mai zu erreichen. Beiden nützt der Wirbel um die Vorwürfe gegen den konservati­ven Kandidaten François Fillon, seine Frau zum Schein beschäftig­t und ihr mehrere Hunderttau­send Euro gezahlt zu haben.

Noch vor wenigen Monaten schien ein Erfolg Macrons weit hergeholt. Mittlerwei­le liegt er in Umfragen bei um die 20 Prozent. Aber auch für die Front National sah es bei einer Präsidents­chaftswahl noch nie so gut aus. In Umfragen für den ersten Wahlgang im April liegt Le Pen mit um die 25 Prozent vorn. Für den zweiten Wahlgang sagen Umfragen ihr jedoch eine Niederlage voraus.

Aus dem Wochenende in Lyon geht Macron als Publikumsl­iebling hervor. Nach Angaben des Veranstalt­ers kommen am Samstag 16 000 Menschen in und vor das Stadion, in dem er seine Rede hält. Auf dem Weg zur Bühne lässt sich der Kandidat Zeit für ein Bad in der Menge - die johlt, ruft und in Vuvuzuelas bläst.

Bei der Front National bleiben die Ränge am ersten Tag halb leer. Während der Rede von Marine Le Pen am Sonntagnac­hmittag füllt sich das Amphitheat­er, das 3000 Menschen fasst, dann doch. Die Menschen bejubeln ihre Marine und singen immer wieder mit Inbrunst die Marseillai­se.

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FOTO: DPA Marine Le Pen begrüßt ihre Anhänger in Lyon.

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