Höhenflug der SPD setzt Union unter Druck
Debatte über Wahlstrategie auf dem Münchner Gipfel
- Nach außen hin gibt man sich demonstrativ gelassen. Die Euphorie bei der SPD, der Hype um deren Kanzlerkandidaten Martin Schulz und der Sprung der Sozialdemokraten in den Meinungsumfragen – kein Grund zur Sorge, heißt es bei den Spitzen von CDU und CSU offiziell. „Dass die SPD sich ein bisschen an sich selber berauscht, sei ihr gegönnt. Je länger sie das tut, desto stärker wird der Kater am Wahlabend sein“, erklärt CDU-Generalsekretär Peter Tauber vor Beginn des Versöhnungsgipfels der Schwesterparteien in München am Sonntag.
Glaubt man den Demoskopen, ist der stattliche Vorsprung der Unionsparteien in einer Woche stark weggeschmolzen. Die SPD liegt plötzlich nah an der Dreißig-Prozent-Marke, die Union nur noch bei 33 Prozent – seit fünf Jahren waren die beiden großen Volksparteien nicht mehr so nah beieinander. Schluss mit dem Dauerstreit über Flüchtlingsobergrenzen, lautet jetzt die Devise der CDU und CSU. Ende der monatelangen Attacken, Wiedervereinigung in München: Am heutigen Montag wollen Angela Merkel und Horst Seehofer nach dem Strategietreff ihrer Parteipräsidien dies gemeinsam vor den Kameras besiegeln.
Ende des vergangenen Jahres hatte sich das noch ganz anders angehört. Ein Treffen mache überhaupt nur Sinn, wenn man sich zuvor auf die Grundzüge der der Sicherheitsund Flüchtlingspolitik verständigt habe, hatte da noch CSU-Chef Seehofer gedroht. Jetzt klammert man den Streit und die Forderung nach Flüchtlingsobergrenzen einfach aus.
Welche Strategie verspricht für die Union Erfolg bei der Bundestagswahl? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Während CSU-Chef Seehofer und sein Generalsekretär Andreas Scheuer eher auf den bewährten Lagerwahlkampf setzen und eine rot-rot-grüne Mehrheit im Bund als Schreckensszenario entwerfen wollen, setzen Merkel und ihre Vertrauten darauf, die SPD als Hauptgegner zu bekämpfen, Wähler in der Mitte zu gewinnen und die eigenen Stärken zu betonen.
Vom Münchner Versöhnungstreff werde das klare Signal ausgehen, dass man gemeinsam „gegen eine linke Republik“kämpfen werde, so CSU-Mann Scheuer. „Rot-Rot-Grün hat jetzt ein Gesicht: Martin Schulz“, sagt er. Ganz anders klingt das bisher bei seinem CDU-Kollegen Tauber: Hauptgegner sei die SPD, einen klassischen Lagerwahlkampf werde es nicht geben.
Für CDU-Rebell Wolfgang Bosbach sind die aktuellen Umfrageergebnisse „ein Weckruf“für die Union. Man brauche jetzt einen klaren politischen Kurs und müsse aufpassen, „dass wir nicht auf der Suche nach einem neuen Wähler zwei Stammwähler verlieren“, warnt er.