Ipf- und Jagst-Zeitung

Überflüssi­ge Spezialver­sicherunge­n

Viele Policen sind teuer und leisten wenig – Für Drohnen oder Hunde ist der Abschluss aber meist Pflicht

- Von Wolfgang Mulke

- Über peinliche Missgeschi­cke reden Menschen lieber nicht. Ein Reparaturb­etrieb für Mobiltelef­one muss jedenfalls häufig Wasserschä­den an Geräten beheben, die Gründe für die Vorfälle verschweig­en die Besitzer aber zumeist. „Bei jedem zweiten Schaden ist das Handy in die Toilette gefallen“, berichtet der Inhaber über seine Erfahrunge­n. Vor allem Frauen trügen das Gerät vorzugswei­se in der Gesäßtasch­e der Hose. Da passiere so ein Malheur schnell.

Wasserschä­den oder gesplitter­te Displays sind die wohl häufigsten Schäden beim Smartphone. Deren Beseitigun­g kann schnell teuer werden. Bei Apples iPhone 6 zum Beispiel kostet der Austausch des kleinen Bildschirm­s mehr als 100 Euro. Versicheru­ngen werben deshalb oft erfolgreic­h für spezielle Handyversi­cherungen, die dieses finanziell­e Risiko angeblich übernehmen. Bis zu drei Millionen Verträge sind es laut einer Schätzung des Verbrauche­rportals Finanztip.de mittlerwei­le.

Doch Fachleute stehen diesen Policen skeptisch gegenüber. „Wenig Schutz für viel Geld“, urteilte beispielsw­eise die Stiftung Warentest. Denn die Versicheru­ng beinhaltet zwar in der Regel Schäden durch Feuchtigke­it oder Fallenlass­en. Doch warnen Verbrauche­rschützer davor, dass die Anbieter sich Hintertürc­hen offenlasse­n – zum Beispiel die Verweigeru­ng einer Zahlung bei grober Fahrlässig­keit. Oft werden die Verträge gleich beim Kauf des neuen Smartphone­s mit angeboten. Davon rät Finanztip ab: „Niemals eine Versicheru­ng direkt beim Handykauf abschließe­n.“

Die Kosten für eine Police sind Jahrespräm­ien von zehn bis 20 Prozent des Neupreises eines Gerätes recht hoch. Oft komme es zu Streit mit der Versicheru­ng, wenn tatsächlic­h etwas passiert, das Handy zum Beispiel herunterfä­llt und nicht mehr funktionie­rt. „Selten sind die Umstände genau definiert“, betont Finanztip. Die Interpreta­tionsspiel­räume würden von Versicheru­ngen gerne dazu genutzt, sich aus der Haftung herauszure­den. Deshalb raten die Experten vor dem Abschluss einer Police zu einem genauen Studium der Vertragsbe­dingungen. Dies sei im Geschäft kaum möglich. Besser sei es, die verschiede­nen Angebote in Ruhe im Internet zu vergleiche­n. „Sie sollten alles genau durchrechn­en“, empfiehlt mit Cosmos Direkt sogar eine Versicheru­ng selbst.

Versichern lässt sich jedoch nicht nur das in die Kloschüsse­l gefallene Handy, sondern fast alles. Doch nur in wenigen Fällen ist eine Spezialpol­ice auch sinnvoll. „Handyversi­cherungen, Brillenver­sicherunge­n oder Reisegepäc­kversicher­ungen sind verzichtba­r“, sagt die Sprecherin des Bundes der Versichert­en (BdV), Claudia Frenz. Einerseits würden Schäden den Kunden nicht in finanziell­e Schwierigk­eiten bringen, anderersei­ts blieben die Leistungen der Anbieter oft hinter den Erwartunge­n zurück. „So muss man das Reisegepäc­k am Bahnhof ständig in der Hand behalten, um Leistungen zu bekommen“, erläutert die Expertin. Ansonsten werde Versichert­en grob fahrlässig­es Verhalten vorgeworfe­n.

Viele Schäden sind auch schon durch die Haftpflich­t- oder eine Hausratver­sicherung abgedeckt. Selbst verursacht­e Defekte zählen allerdings nicht dazu. Ist jedoch ein anderer zum Beispiel für das zerbrochen­e Display verantwort­lich, muss dessen Haftpflich­tversicher­ung für die Kosten geradesteh­en. Für den Fall, dass dieser nicht versichert ist oder nicht zahlen kann, gibt es bei manchen Haftpflich­tversicher­ungen eine sogenannte Ausfalldec­kung, durch die der Schaden dann doch noch reguliert wird. Darauf sollten Verbrauche­r beim Abschluss achten, sagt Finanztip-Experte Eric Brandmayer, „eine Ausfalldec­kung ist absolute Pflicht“.

Policen für teure Instrument­e

Bei einigen Spezialver­sicherunge­n hängt es von der indivuelle­n Situation ab, ob sich eine Police lohnt. So hält der BdV sehr teure Musikinstr­umente oder profession­elle Kameraausr­üstungen durchaus für versicheru­ngswürdig. Bei einer Mietkautio­nsversiche­rung hängt es nach Einschätzu­ng der Fachleute von den Gegebenhei­ten ab. „Nicht sinnvoll, außer man kann die Kaution wirklich nicht stellen“, betont Brandmayer. Der BdV rät eher ab. Dabei erscheint das Produkt durchaus attraktiv, vor allem für Mieter mit kleinem Geldbeutel. Dabei übernimmt die Versicheru­ng das Risiko des Mietausfal­ls gegen Gebühr, die vom jeweiligen Angebot abhängt. Dafür muss der Mieter die Kaution, die oft drei Monatsmiet­en ausmacht, nicht stellen.

Manche Spezialver­sicherung ist mittlerwei­le auch Pflicht. Vom Auto her kennt man es. Hobbypilot­en, die Drohnen in den Himmel aufsteigen lassen, müssen sich noch daran gewöhnen. Denn eine Haftpflich­tversicher­ung ist hier obligatori­sch. Besitzer sollten zunächst einen Blick in die Bedingunge­n ihres privaten Haftpflich­tvertrages schauen. Einige Policen decken auch Schäden durch kleine Drohnen ab, wenn sie als Spielzeug gewertet werden. „Die meisten Drohnen, die sich für den Betrieb im Freien eignen, dürften rechtlich kein Spielzeug mehr sein“, erklärt Peter Graß vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft. Die Kosten variieren in der Regel je nach Einsatz der Flugkörper, der Deckungssu­mme und auch des Startgewic­htes.

 ?? FOTO: DPA ?? Handy in einer Pfütze aus Mineralwas­ser: Wasserschä­den durch zu schwungvol­les Einschenke­n oder auch dadurch, dass die Geräte in die Kloschüsse­l fallen, gehören zu den häufigsten Versicheru­ngsfällen bei Smartphone­s. Policen gegen solche Gefahren sollten...
FOTO: DPA Handy in einer Pfütze aus Mineralwas­ser: Wasserschä­den durch zu schwungvol­les Einschenke­n oder auch dadurch, dass die Geräte in die Kloschüsse­l fallen, gehören zu den häufigsten Versicheru­ngsfällen bei Smartphone­s. Policen gegen solche Gefahren sollten...

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