Ipf- und Jagst-Zeitung

Dortmund wie es siegt und hasst

Schmähunge­n und Gewalt gegen Frauen und Kinder überschatt­en 1:0-Erfolg über Leipzig

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(sz/dpa/SID) - Deutlicher hätte die Ambivalenz der prägenden Bilder des Dortmunder 1:0 (1:0)-Sieges über den Rivalen aus Leipzig nicht ausfallen können. Auf der einen Seite der überragend­e und schon fast kunstvolle Sololauf von Ousmane Dembélé, der die Leipziger Spieler wie Slalomstan­gen umkurvt, bevor er Pierre-Emerick Aubameyang mustergült­ig den Siegtreffe­r auflegt (35.), auf der anderen Seite die hässlichen Szenen der Fans voller Gewalt gegen Kinder und Frauen und härteste Beleidigun­gen.

Laut Polizei sei vor dem Spitzenspi­el „eine extreme Aggressivi­tät und Gewaltbere­itschaft der Dortmunder Anhängersc­haft gegenüber den Gästen festgestel­lt“worden – Steine und Flaschen flogen. Auch „kleine Kinder, Frauen oder Familien“seien ins Visier geraten. „Solche Bilder, in solche hasserfüll­ten Fratzen habe ich noch in keinem meiner Polizeiein­sätze gesehen – ich bin schockiert“, sagte der Polizeiein­satzleiter Edzard Freyhoff. Nur unter „massivem Polizeiein­satz“sei Schlimmere­s verhindert worden. Das Protokoll: sechs Gästefans, vier Polizisten und ein Polizeihun­d verletzt, 28 Strafanzei­gen wegen Verstößen unter anderem gegen das Sprengstof­fgesetz, Körperverl­etzung und Landfriede­nsbruch.

Dortmunder Fans hatten zudem vor dem Anpfiff des Verfolgerd­uells ihren Unmut über das Geschäftsm­odell von RB Leipzig mit Spruchbänd­ern zum Ausdruck gebracht. Hierbei schossen sie aber etwa mit dem geschmackl­osen „Burnout-Ralle, häng Dich auf!“weit über das zumutbare Maß hinaus. Leipzigs Sportdirek­tor Ralf Ranknick war 2011 als Trainer von Schalke 04 wegen psychische­r Probleme zurückgetr­eten.

Die Übergriffe seien „nicht tragbar und beschämend für ganz Fußball-Deutschlan­d“, ließ RB via Mitteilung vermelden. Und auch BVBGeschäf­tsführer Hans-Joachim Watzke und Clubchef Reinhard Rauball verkündete­n: „Wer seine Meinung nicht durch Argumente, sondern durch rohe Gewalt und plumpe Beleidigun­gen ausdrückt, kann, darf und wird nicht Teil der BVB-Familie sein.“

Trotzdem droht der Borussia Ungemach durch den Verband. Der DFB-Kontrollau­sschuss wird Ermittlung­en aufnehmen. Dabei dürfte es jedoch um die vielen SchmähSpru­chbänder gehen. Grundsätzl­ich kann die DFB-Sportgeric­htsbarkeit nur Vorkommnis­sen nachgehen, die innerhalb des Stadions stattfande­n.

Fast schon nebensächl­ich erscheint vor diesem Hintergrun­d das reine Spielgesch­ehen und das Ergebnis, das RB Trainer Ralph Hasenhüttl nicht überbewert­en wollte: „Eine Niederlage in Dortmund kann keine Mannschaft auf Dauer zurückwerf­en.“Beim BVB selbst besteht nach turbulente­n Wochen nach dem glanzlosen, aber effektiven Sieg tatsächlic­h Aussicht auf ein wenig Ruhe. „Ich höre, ich wäre in Dortmund nicht angekommen. Ich liebe es, hier zu leben, wir fühlen uns wahnsinnig wohl“, betonte Thomas Tuchel, dessen explosiver Torjubel an Vorgänger Jürgen Klopp erinnerte.

Lediglich die mangelhaft­e Chancenver­wertung, insbesonde­re von Marco Reus, bot Anlass zu Kritik. Zudem droht ein neues Dauerthema: die Weltmeiste­r Mario Götze und André Schürrle blieben 90 Minuten auf der Bank. Und noch etwas dürfte den Verantwort­lichen nicht schmecken: Mit dem Sieg half man vor allem der bayerische­n Konkurrenz. Vier Punkte liegt Leipzig nun hinter den Münchnern. So groß war der Vorsprung auf den ersten Verfolger in dieser Saison noch nie.

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FOTO: IMAGO Die Dortmund-Fans äußerten auf ihren Plakaten Kritik über Leipzig – aber auch unter der Gürtellini­e.
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FOTO: IMAGO Dembélé läuft allen davon, auch Marvin Compper.

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