Münchner Burgfrieden
Sie haben sich versöhnt, wie hätte es auch anders sein können. Der Friedensgipfel der CDU und CSU war kein reinigendes Gewitter zwischen den verstimmten Schwesterparteien. Stattdessen wurde in München der Groll von eineinhalb Jahren destruktiver Debatten über Flüchtlingspolitik in Eile mit einer zweckmäßigen Harmonie übertüncht. Das große Ziel lautet: wieder an einem Strang zu ziehen und gemeinsam eine schwierige Wahl zu gewinnen. Dafür ist die Union bereit, vorerst die Fehden zwischen München und Berlin zu vergessen und mit dem ungeklärten Dissens zur Obergrenze der jährlichen Flüchtlingsaufnahme weiterzuleben.
Die SPD hat durch die Nominierung ihres Kandidaten Martin Schulz, zumindest temporär, ihren Optimismus und ihren Kampfwillen wiederentdeckt. Am rechten Rand mobilisiert die AfD, die durch Erfolge von Donald Trump in den USA und womöglich bald Marine Le Pen in Frankreich großen Auftrieb bekommen könnte. Die Aussöhnung zwischen der CDU und CSU war die erste notwendige Bedingung dafür, um bei der Wahl eine Chance auf den Sieg zu haben. Der zweite Schritt wird ein gemeinsames Wahlprogramm sein, das die Sicherheit und den Erhalt des Wohlstandes in Deutschland in den Vordergrund stellen soll.
Wie solide das neu aufgebaute Fundament des Vertrauens zwischen CDU und CSU sein wird, werden die nächsten Monate zeigen. Nachdem bereits so viel Porzellan zerschlagen wurde, sind neue Rückschläge sicher möglich. Offen bleibt auch, ob die Basis beider Parteien mitzieht, nachdem nun ihre Chefs die politischen Gräben notdürftig zugeschüttet haben. Vor allem Seehofer (CSU) steckt in der Klemme. Er muss irgendwie seine durch die anhaltende Kampfrhetorik aufgewühlte CSU wieder beruhigen und ihr Lust auf Wahlkampf mit Merkel (CDU) machen.
Das könnte sehr mühsam werden. Merkels schwieriger Partner könnte an seinem nun offenbar nicht mehr in Stein gemeißelten Versprechen einer Obergrenze für Flüchtlinge später weiter festhalten wollen.