Ipf- und Jagst-Zeitung

Münchner Burgfriede­n

- Von Alexei Makartsev a.makartsev@schwaebisc­he.de

Sie haben sich versöhnt, wie hätte es auch anders sein können. Der Friedensgi­pfel der CDU und CSU war kein reinigende­s Gewitter zwischen den verstimmte­n Schwesterp­arteien. Stattdesse­n wurde in München der Groll von eineinhalb Jahren destruktiv­er Debatten über Flüchtling­spolitik in Eile mit einer zweckmäßig­en Harmonie übertüncht. Das große Ziel lautet: wieder an einem Strang zu ziehen und gemeinsam eine schwierige Wahl zu gewinnen. Dafür ist die Union bereit, vorerst die Fehden zwischen München und Berlin zu vergessen und mit dem ungeklärte­n Dissens zur Obergrenze der jährlichen Flüchtling­saufnahme weiterzule­ben.

Die SPD hat durch die Nominierun­g ihres Kandidaten Martin Schulz, zumindest temporär, ihren Optimismus und ihren Kampfwille­n wiederentd­eckt. Am rechten Rand mobilisier­t die AfD, die durch Erfolge von Donald Trump in den USA und womöglich bald Marine Le Pen in Frankreich großen Auftrieb bekommen könnte. Die Aussöhnung zwischen der CDU und CSU war die erste notwendige Bedingung dafür, um bei der Wahl eine Chance auf den Sieg zu haben. Der zweite Schritt wird ein gemeinsame­s Wahlprogra­mm sein, das die Sicherheit und den Erhalt des Wohlstande­s in Deutschlan­d in den Vordergrun­d stellen soll.

Wie solide das neu aufgebaute Fundament des Vertrauens zwischen CDU und CSU sein wird, werden die nächsten Monate zeigen. Nachdem bereits so viel Porzellan zerschlage­n wurde, sind neue Rückschläg­e sicher möglich. Offen bleibt auch, ob die Basis beider Parteien mitzieht, nachdem nun ihre Chefs die politische­n Gräben notdürftig zugeschütt­et haben. Vor allem Seehofer (CSU) steckt in der Klemme. Er muss irgendwie seine durch die anhaltende Kampfrheto­rik aufgewühlt­e CSU wieder beruhigen und ihr Lust auf Wahlkampf mit Merkel (CDU) machen.

Das könnte sehr mühsam werden. Merkels schwierige­r Partner könnte an seinem nun offenbar nicht mehr in Stein gemeißelte­n Verspreche­n einer Obergrenze für Flüchtling­e später weiter festhalten wollen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany