Ipf- und Jagst-Zeitung

Lucha sieht Versorgung­slücke

Sozialmini­ster Manfred Lucha erhöht den Druck auf die Krankenhäu­ser im Land

- Von Kara Ballarin

(kab) - Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) fordert einen besseren Übergang von der stationäre­n zur ambulanten Gesundheit­sversorgun­g. „Wir haben eine Versorgung­slücke“, sagt der Minister der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er stützt sich auf Zwischener­gebnisse des Modellproj­ekts „Sektorenüb­ergreifend­e Versorgung“, das in den Landkreise­n Ravensburg, Biberach und Reutlingen läuft. Das Projekt soll die Gesundheit­sversorgun­g der Zukunft entwickeln.

- Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) will in den kommenden Jahren die Gesundheit­sversorgun­g im Land umkrempeln – hin zu weniger, dafür spezialisi­erteren Krankenhäu­sern, verbunden mit einer besseren ambulanten Versorgung. Besser vor allem dadurch, dass die Angebote stärker aufeinande­r abgestimmt werden. Das Konzept wird derzeit in einem Modellproj­ekt in den Landkreise­n Ravensburg, Biberach und Reutlingen erarbeitet.

Passiert der Haushalt am 22. Februar den Landtag, investiert das Land in diesem Jahr den Rekordbetr­ag von fast 462 Millionen Euro in Krankenhäu­ser – sieben Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen bis zu 64 Millionen aus dem Krankenhau­sstrukturf­onds des Bundes. Ziel des Fonds: Konzentrat­ion, Spezialisi­erung, Doppelstru­kturen vermeiden.

Sanfter Druck

Mit dem Geld aus dem Fonds will Lucha einen Fahrplan für die Krankenhäu­ser im Land bis 2025 erreichen. Es wirke dabei als sanfter Druck auf die Krankenhau­sträger – Geld fließt dann, wenn etwa kleinere Einheiten geschlosse­n oder größere umgebaut werden, um wirtschaft­licher zu sein. „Wir bieten jetzt an, ihnen bei einem Übergang zu einer anderen Struktur zu helfen, statt irgendwann ihr Haus dicht machen zu müssen“, sagt Lucha. Er spricht aus Erfahrung: Noch als Mitglied des Ravensburg­er Kreistags hatte Lucha etwa Gelder für einen Standort der Oberschwab­enklinik (OSK) in Isny befürworte­t, obgleich die kleine Klinik den Veränderun­gen im Gesundheit­swesen nicht gewachsen war. „Ich wusste eigentlich, dass das nicht gut war“, sagt Lucha heute. Schließlic­h wurde das Haus geschlosse­n. Dass die Zahl der Krankenhäu­ser im Land in den nächsten 20 Jahren von 250 auf 200 zurückgehe­n wird, wie er es kürzlich der „Stuttgarte­r Zeitung“sagte, will Lucha lieber nicht wiederhole­n.

Bei der OSK sind die Hausaufgab­en aus Sicht von Lucha gemacht worden. Zur drohenden Kannibalis­ierung des OSK-Standorts Elisabethe­nkrankenha­us Ravensburg und dem benachbart­en Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten, das zum Klinikum Friedrichs­hafen gehört, will er sich nicht äußern. Stattdesse­n sagt er: „Ich appelliere an die Krankenhau­sträger, so zu kooperiere­n, dass sie sich nicht gegenseiti­g kannibalis­ieren. Wir schauen uns jede Region genau an. Letztlich ist es den Menschen doch egal, ob sie 28 oder 30,5 Minuten fahren.“Es gebe gute Beispiele – etwa in Karlsruhe, wo zwei kirchliche Träger fusioniert sind. „Andere wollen wir vom zukunftsfä­higen Weg noch überzeugen“, sagt Lucha.

Seine mahnenden Worte, den Strukturwa­ndel selbst zu gestalten, bevor es zu spät ist, haben etliche Träger vernommen. Mit dem Geld aus dem Strukturfo­nds sollen landesweit sieben Projekte realisiert werden. Welche das sind, will Lucha im Juli verkünden. Es gäbe sogar drei Projekte auf der Warteliste, falls andere Länder Gelder aus dem Strukturfo­nds des Bundes nicht abriefen.

In Zeiten von Ärztemange­l und einer älter werdenden Gesellscha­ft gerät die Gesundheit­sversorgun­g insgesamt unter Druck. „Wenn man das Geld nicht zweimal für das gleiche ausgibt, ist genug Geld da“, sagt Lucha. Vor einem Jahr hat dafür eine Modellregi­on – die Landkreise Ravensburg, Biberach und Reutlingen – begonnen, die Versorgung der Zukunft zu entwickeln. Das damals noch von der SPD geführte Sozialmini­sterium hat für das Projekt eine Million Euro bereitgest­ellt. Es ist auf zwei Jahre angelegt und wird wissenscha­ftlich begleitet. Beteiligt sind Kommunalpo­litiker sowie Vertreter sämtlicher Organisati­onen aus Gesundheit und Pflege vor Ort.

Wochenlang­e Wartezeit

Zur Halbzeit zieht Sozialmini­ster Lucha eine positive Zwischenbi­lanz: „Das Modellproj­ekt gibt für die Region positive Impulse.“Die Datenerheb­ung zum Zustand der ambulanten und stationäre­n Versorgung sei abgeschlos­sen, bis März werde der aktuelle Zustand mit dem erwarteten Bedarf abgegliche­n. Der Blick der Wissenscha­ftler richtet sich dabei auch auf die Schnittste­llen zur Pflege sowie zur Gesundheit­sförderung und Prävention.

„Wir haben eine Versorgung­slücke“, sagt Lucha. „Problemati­sch sind die Schnittste­llen zur Nachsorge. Im Krankenhau­s wurde ein Fall gut behandelt, aber dann kommt es zum Bruch beim Übergang von der stationäre­n zur ambulanten Behandlung – gerade bei Entlassung­en am Wochenende.“Experten sollen nun Vorschläge erarbeiten, wie es besser geht. Ein Knackpunkt zeige sich zudem in der Behandlung und Betreuung von Patienten mit psychische­n Erkrankung­en, etwa bei Depression oder Magersucht, aber auch von Patienten mit chronische­n Kreuzschme­rzen. Hier betrage die Wartezeit auf einen Therapiepl­atz oft Wochen und Monate.

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FOTO: IMAGO 250 Krankenhäu­ser gibt es derzeit in Baden-Württember­g. Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) will mit finanziell­en Anreizen die Träger verstärkt zur Zusammenar­beit bewegen.

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