SPD fühlt sich von der Landesregierung falsch informiert
In der Debatte um Papier von Innenminister Thomas Strobl seien Sachverhalte nachträglich „angepasst“worden
- Die SPD wirft der grün-schwarzen Landesregierung vor, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Anlass ist die seit November laufende Debatte um ein Papier zur Asylpolitik von Innenminister Thomas Strobl (CDU).
Es geht um ein Detail, aber um ein entscheidendes: Wann hat Staatssekretär Martin Jäger jenes Dokument verfasst, in dem sein Chef Strobl eine verschärfte Abschiebepraxis fordert? Die SPD wirft Strobl vor, gesetzeswidrig seinen Regierungsapparat für Parteiarbeit der CDU genutzt zu haben. Denn Strobl hatte die Forderungen offiziell in seiner Funktion als Bundesvize der Christdemokraten veröffentlicht.
Daraufhin wollte die SPD wissen, ob es einen Bezug zwischen dem Papier und Strobls Regierungsamt gebe. In einer ersten Antwort des Innenministeriums hieß es dazu unter anderem, das Papier habe Staatssekretär Jäger verfasst. Außerdem seien Erkenntnisse des Regierungspräsidiums Karlsruhe und einiger Fachabteilungen des Innenministeriums eingeflossen. Aus Sicht der SPD ist das ein Verstoß gegen das Trennungsgebot. Dieses verbietet es, Ressourcen der Regierung umfangreich für Parteiarbeit zu nutzen. „Natürlich hat Herr Strobl immer zwei Hüte auf: den des Innenministers und den des CDU-Bundesvize. Das er aber seinen kompletten Apparat einsetzt und sogar Regierungspräsidien mit hinzuzieht, geht zu weit“, erklärt Sascha Binder (SPD).
Kretschmann gibt sich gelassen
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagierte gelassen. Er sah keine gravierenden Verstöße in Strobls Vorgehen. Binder sah das weiter anders und fragte bei Kretschmanns Staatsministerium nach. Die Antwort liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor. Darin lässt der Chef der Staatskanzlei die Kollegen des Innenministeriums erneut zu Wort kommen. Sie stellen klar: Jäger habe das Papier während seiner Freizeit geschrieben – ein Umstand, der in der ersten Antwort nicht erwähnt wurde. Das hätte die Sache direkt entschärft.
„Das Staatsministerium hat die Antwort des Innenministeriums auf meine Anfrage verbessert und sie der Version des Ministerpräsidenten angepasst“, lautet Binders Fazit. „Ich erwarte, dass Anfragen von Abgeordneten ehrlich beantwortet werden. Nun gibt es zwei Versionen von Antworten zum selben Sachverhalt.“
Natürlich sei das Vorgehen Jägers und Strobls mit der Argumentation aus dem Staatsministerium durchaus zu rechtfertigen. Naturgemäß seien Regierungsmitglieder auch Parteipolitiker. Sprich: Grundsätzlich verbietet die Verfassung es nicht, dass Amtsträger sich parteipolitisch einbringen. Sie dürfen eben nur nicht in nennenswertem Maß den Regierungsapparat nutzen. Selbstverständlich, so urteilte das Bundesverfassungsgericht, können die Sphären nie strikt voneinander getrennt sein.
Dennoch wirft Binder Kretschmann und Strobl vor, den Sachverhalt zu ihren Gunsten umzudeuten: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass diese Landesregierung ein schwieriges Verhältnis zur Wahrheit hat.“
Im März wird das Thema auf Initiative der FDP im Landtag debattiert. Sowohl die Liberalen als auch die SPD wollen vor allem wissen, wie sich die Landesregierung inhaltlich zu Strobls Forderungen verhält – dieser Frage war Kretschmann zuletzt ausgewichen. Wohl auch, um den Frieden in der eigenen Landespartei zu wahren. Denn die Grünen stehen Strobls Wünschen ablehnend gegenüber.