Ausflug in längst vergangene Zeiten
Tournee-Theater Johann Strauß Operette Wien überzeugt mit „Der Bettelstudent“
- Das Tournee-Theater Johann Strauß Operette Wien hat am Samstagabend mit der Operette „Der Bettelstudent“von Carl Millöcker in der Stadthalle Station gemacht. Das Publikumsinteresse war groß, der Saal mit 450 Besuchern voll besetzt.
„Der Bettelstudent“ist bei weitem nicht Millöckers einzige Operette, aber sie ist seine mit Abstand erfolgreichste und auch die einzige, der man heute noch auf den Bühnen begegnet. Operetten sind quasi die Vorgänger der Musicals, die Uraufführung des „Bettelstudenten“fand 1882 im Theater an der Wien statt.
Die Handlung spielt noch früher, im Jahr 1704 in Krakau, im damals sächsisch besetzten Polen. Sie ist schnell erzählt. Der beleidigte sächsische Oberst Ollendorf (Giorgio Valenta) will der Grafentochter Laura (Angela Wandraschek), die er „nur auf die Schulter geküsst“hat, aus Rache einen „Bettelstudenten“(Camillo dell‘ Antonio) als adeligen Grafen und Bräutigam unterjubeln. Dadurch ergeben sich natürlich diverse Verwicklungen und am Schluss auch ein Happy End.
Die Vorstellung des Wiener Theaters überzeugte und nahm das Publikum mit auf einen Nostalgietrip ins 18. Jahrhundert. Die Bühnenbilder waren funktionell, für ein TourneeTheater aber ganz hübsch und gelungen. Die historischen Kostüme, vor allem die Uniformen, wirkten ausgesprochen original. Regie führte Peter Widholz. Er beschränkte sich darauf, mit ein paar wenigen Gags für Heiterkeit zu sorgen.
Musik kommt live aus dem Orchestergraben
Die Musik kam live – heutzutage nicht selbstverständlich – aus dem Orchestergraben. Dort stand Petra Giacalone am Pult, führte das kleine aber feine Orchester flott und straff und koordinierte souverän die Musik mit dem Gesang des zwar kleinen, aber trotzdem stimmgewaltigen Ensemblechors und den Solisten.
Von diesen konnte vor allem die Sopranistin Angela Wandraschek – obwohl nur Zweitbesetzung – als Laura überzeugen. Sie gestaltete ihre Arien wie etwa „Bei solchem Feste“am Schluss des ersten Aktes mit charmant-jugendlicher Anmut, aber auch mit dramatisch-forciertem Ausdruck. Mit ihrer geschmeidigen, wo nötig aber auch kraftvollen Stimme ging’s scheinbar mühelos auch hinauf in höchste Lagen.
Antonio war ihr als Bettelstudent und späterer Bräutigam schauspielerisch und stimmlich ein adäquater Partner. Sein lyrisch geprägter Tenor gefiel in „Höchste Lust und tiefstes Leid“durch romantischen Schmelz und ambitionierte Ausdruckskraft. Das Publikum genoss den szenischen und musikalischen Ausflug in längst vergangene Zeiten und spendete lebhaften Szene- und begeisterten Schlussapplaus.