Ipf- und Jagst-Zeitung

Beziehung soll noch enger werden

Warschau und Berlin betonen Willen zur Zusammenar­beit

- Von Natalie Skrzypczak und Kristina Dunz (dpa) und AFP

- Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in Polen auf die Einhaltung rechtsstaa­tlicher Prinzipien gepocht. Die polnische Regierungs­chefin Beata Szydlo signalisie­rte Polens Willen zur Zusammenar­beit mit Deutschlan­d und der EU. Polens nationalko­nservative Regierungs­chefin hieß Merkel „innig willkommen“, betonte zuerst die Gemeinsamk­eiten und sprach von Deutschlan­d als „wichtigem Partner“. Die Beziehung solle vertieft und noch enger werden, sagte sie. Im Anschluss traf Merkel Präsident Andrzej Duda.

Zwischen Deutschlan­d und Polen gibt es noch immer Unstimmigk­eiten. Merkel betonte ihre besondere Verbundenh­eit mit Polen. Doch sie ließ auch die von vielen erwarteten mahnenden Worte zu Warschaus antidemokr­atischen Reformen fallen. Eingriffe in Justiz und Medienfrei­heit hatten das deutsch-polnische Vertrauens­verhältnis seit Amtsantrit­t der nationalko­nservative­n Partei Recht und Gerechtigk­eit PiS strapazier­t.

„Ich will noch einmal sehr persönlich sagen, dass ich als junger Mensch immer mit großer Aufmerksam­keit auf das, was in Polen vor sich gegangen ist, geschaut habe“, sagte Merkel. „Solidarnos­c hat auch mein Leben geprägt und ohne die Solidarnos­c wäre vielleicht weder die europäisch­e Einigung und das Ende des Kalten Krieges so schnell gekommen noch die deutsche Einheit“, erklärte Merkel mit Blick auf die polnische Gewerkscha­ft, die zur politische­n Wende 1989 beigetrage­n hatte. „Aus dieser Zeit wissen wir, wie wichtig plurale Gesellscha­ften sind, wie wichtig eine unabhängig­e Justiz und Medien sind, denn das hat alles damals gefehlt.“

Wie wichtig ist Polen für die Europäisch­e Union?

Für Deutschlan­d ist Polen im Osten der EU so wichtig wie Frankreich im Westen. Funktionie­rt diese Achse, ist viel für den Zusammenha­lt der EU getan. Dass Deutschlan­d und Polen in der Flüchtling­spolitik gespalten sind, ist auch ein Problem für die EU, weil Polen mit mittel- und osteuropäi­schen EU-Partnern einen Block bildet, den Deutschlan­d nicht aufweichen kann. Merkel sucht einen engen Draht zu Warschau, weil sie nach dem Votum der Briten zum Austritt aus der EU die anderen 27 Staaten dringend zusammenha­lten will.

Warum ist ein guter Draht zu Berlin auch für Warschau wichtig?

Der EU-Austritt Großbritan­niens bringt Polen um seinen nach eigenen Angaben wichtigste­n EU-Verbündete­n, der mit Forderunge­n nach mehr Souveränit­ät der Parlamente und als Land außerhalb der Eurozone ähnliche Ansichten vertrat. Polen muss sich um ein besseres Verhältnis zu Berlin und Paris bemühen, die es für seine Europa-Politik braucht. Trotz Differenze­n bei der Flüchtling­spolitik haben Warschau und Berlin viel gemeinsam – nicht zuletzt ihre kritische Haltung gegenüber Russland, von dem sich Polen seit Ausbruch der Ukraine-Krise bedroht fühlt.

Polen kann sich nämlich auch auf die Unterstütz­ung seines wichtigen Militärpar­tners USA nicht mehr unbedingt verlassen. Präsident Donald Trump machte widersprüc­hliche Angaben zur Nato, für deren verstärkte Präsenz im Land sich Polen eingesetzt hatte, und will die Beziehunge­n zu Moskau verbessern. Mit seinen Visegrad-Partnern (V4) Tschechien, Slowakei und Ungarn hat Polen mehr Differenze­n als Interessen. Einig sind sich diese Länder in ihrer Ablehnung der europäisch­en Flüchtling­spolitik.

Wie sehr will Polen sich in die EU integriere­n?

Was Polens zukünftige Rolle in der EU und das sogenannte „Europa der verschiede­nen Geschwindi­gkeiten“anbelangt, verstricke­n sich die Nationalko­nservative­n laut Experten in Widersprüc­he. Einerseits will Polen in der EU nicht marginalis­iert werden, anderersei­ts aber möglichst wenig Einmischun­g von außen. Die PiS wolle in erster Linie ungestört ihre Innenpolit­ik fortsetzen, vermuten Politologe­n. Dies stelle die PiS vor ein großes Problem, Es geht um ein mögliches Konzept, bei dem es künftig eine Gruppe von Ländern geben könnte, die bei der europäisch­en Zusammenar­beit schneller voranschre­itet als andere.

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FOTO: IMAGO Kanzlerin Angela Merkel sucht einen engen Draht zu Warschau (links Polens Präsident Andrzej Duda).

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