Großer Glamourtag im Parlament
Parteien lassen Prominente über den Bundespräsidenten abstimmen – Schauspieler, Sänger und Spitzensportler sind dabei
- Promi-Schaulaufen bei der Bundesversammlung: Jogi Löw, Hape Kerkeling, Peter Maffay und Veronica Ferres gehören zu den vielen bekannten Gesichtern aus Sport und Showbusiness, die den nächsten Bundespräsidenten wählen dürfen. „Für mich ist es eine große Ehre“, sagte Sänger Roland Kaiser der „Schwäbischen Zeitung“. Er wurde von der SPD in Mecklenburg-Vorpommern nominiert und will seine Stimme für Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier abgeben, den er seit Langem kennt.
Es gehört zur Tradition der Parteien, zur Wahl Berühmtheiten nach Berlin zu schicken. Sie demonstrieren damit Bürgernähe und hoffen, dass etwas vom Glamour der Stars auf sie abstrahlt. So gehöre Hape Kerkeling „zu den vielfältigsten und geistreichsten deutschen Künstlern“, begründete NRW-CDU-Chef Armin Laschet die Nominierung des in Recklinghausen aufgewachsenen Komikers und Autors.
Die Sozialdemokraten aus Nordrhein-Westfalen schicken zum zweiten Mal die Schauspielerin Renan Demirkan. Auch sie wird Steinmeier wählen: „Ich weiß, dass er ein profunder Humanist ist“, sagte die sozial engagierte Darstellerin der „Schwäbischen Zeitung“. Und sie empfahl dem Favoriten ein Vorbild: „Ich glaube, dass das Staatsoberhaupt in erster Linie versöhnen sollte statt zu spalten, wie es einst der wunderbare Johannes Rau versucht hat.“
Auch auf der Gästeliste der baden-württembergischen SPD steht eine Schauspielerin, Natalia Wörner. Ihre Kollegin Iris Berben stimmt für die Hessen-SPD ab.
Fußballnationaltrainer und Weltmeister Joachim Löw sitzt für die Grünen aus Baden-Württemberg in der Bundesversammlung. Die SPD aus Brandenburg nominierte KanuOlympiasieger Sebastian Brendel und die SPD aus Niedersachsen Fußball-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. Verena Bentele, zwölffache Paralympics-Siegerin und Bundesbehindertenbeauftragte, wählt auf Ticket der Bayern-SPD. Auffallend ist in diesem Jahr allerdings, dass aus Bayern kaum Prominenz jenseits der Politik vertreten ist.
Ein politisches Signal will die von den Grünen aus Niedersachsen nominierte Dragqueen Olivia Jones senden. Bislang habe es immer nur Wahlfrauen oder -männer gegeben, sagte die Travestie-Künstlerin. „Jetzt gibt es eben mal was dazwischen.“Das sei „ein kleiner Lichtblick für all diejenigen, die in diesen schwierigen Zeiten für Toleranz und Vielfalt kämpfen“. Toleranz ist auch das Leitmotiv von Tabaluga-Schöpfer Peter Maffay. Der Sänger und Komponist sei „mit seiner Stimme gegen rechte Hetze“eine Stimme der Vernunft, begründete die Saarland-SPD ihre Entscheidung. Sängerin Katja Ebstein darf für die Brandenburger Sozialdemokraten abstimmen.
Medienprominenz macht mit
Auch reichlich Medien-Prominenz wird am Sonntag im Bundestag vertreten sein. Friede Springer, Mehrheitseignerin des Springer-Verlages und Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wurde von der Berliner CDU eingeladen. Langzeit-FDP-Mitglied Helmut Markwort, Gründer und Herausgeber des Focus, reist für die Liberalen aus Baden-Württemberg an.
Die Ehre, den neuen Bundespräsidenten zu wählen, ist für die Auserkorenen übrigens finanziell nicht besonders lukrativ: Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung von 70 Euro sowie eine Hotelpauschale von bis zu 198 Euro. Die meisten Promis in der Bundesversammlung erhalten deutlich höhere Gagen.