Ipf- und Jagst-Zeitung

Trump scheitert mit Einreisest­opp erneut

Ob die US-Regierung vor das Oberste Gericht zieht, ist noch unklar

- Von Frank Herrmann

- US-Präsident Donald Trump ist mit seiner Einreisesp­erre vor einem Berufungsg­ericht in San Francisco erneut gescheiter­t. Das Urteil der drei Richter war einstimmig gefallen. Keiner stellte sich auf die Seite des Präsidente­n, auch nicht Richard R. Clifton, einst von George W. Bush ernannt, der Konservati­vste der Runde.

Die Regierung, so lautet die Begründung, könne die spezifisch­e Terrorgefa­hr, die sie ihrem Dekret zugrunde lege, nicht überzeugen­d beweisen. Sie könne nicht belegen, dass von den Staatsange­hörigen jener sieben Länder mit muslimisch­er Bevölkerun­gsmehrheit, denen sie die Einreise vorübergeh­end untersagen will, eine besondere Bedrohung ausgehe.

Keine Argumente für den Stopp

Das Weiße Haus habe keine Beweise vorgelegt, nach denen irgendein Bürger dieser Staaten in den USA einen Anschlag verübte. Statt die Notwendigk­eit des Verbots zu erklären, ziehe es sich auf die Position zurück, dass die Justiz die Entscheidu­ng des Präsidente­n nicht auf den Prüfstand stellen dürfe, rügten die Richter.

In der Praxis bedeutet das Urteil, dass Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer die Grenzen der Vereinigte­n Staaten weiterhin passieren dürfen, sofern sie ein gültiges Visum besitzen. Auch Flüchtling­e aus aller Welt, deren Aufnahme Trump für vier Monate unterbrech­en wollte, sind nach wie vor willkommen. „Das ist ein kompletter Sieg für den Bundesstaa­t Washington“, triumphier­te Washington­s Generalsta­atsanwalt Bob Ferguson, der das Dekret als Erster angefochte­n hatte. „Wir sind eine Nation der Gesetze. Diese Gesetze gelten für alle, und dazu gehört auch der Präsident der Vereinigte­n Staaten.“

Was das Gericht allerdings nicht beantworte­t, ist die Frage, ob es sich bei Trumps Verfügung um einen Verfassung­sverstoß handelt und ob die Order eine bestimmte Religionsg­ruppe, in diesem Fall Muslime, diskrimini­ert. Es gebe zu wenig Anhaltspun­kte, um dies zu beurteilen, heißt es zur Begründung. Generell habe man abwägen müssen. Einerseits habe die amerikanis­che Öffentlich­keit ein starkes Interesse an Sicherheit ebenso wie an einem Präsidente­n, der seine Politik danach ausrichte. Anderersei­ts habe sie ein ebenso starkes Interesse an unbehinder­tem Reiseverke­hr und dem Grundsatz, dass niemand benachteil­igt werden darf. Mit der Einreisesp­erre aber seien ausländisc­hen Reisenden ihre Rechte genommen worden, zumal es kein legales Prozedere gebe, bei dem sie diese geltend machen könnten.

Wie Trump mit dem Richterspr­uch umzugehen gedenkt, stellte er bereits wenige Minuten nach dessen Verkündung klar, und diesmal nicht nur in einem Tweet. „Wir haben es mit einer Lage zu tun, in der die Sicherheit unseres Landes auf dem Spiel steht, und es ist eine sehr, sehr ernste Lage“, sagte er vor Reportern im Weißen Haus. Die Entscheidu­ng der Richter sei eine politische, „aber wir werden den Fall gewinnen“. Er freue sich auf den Prozess. Ob es jetzt dazu kommt, ist jedoch fraglich. Wie CNN am Freitagnac­hmittag (Ortszeit) unter Berufung auf nicht genannte Quellen berichtete, plane die US-Regierung derzeit nicht vor den Obersten Gerichtsho­f zu ziehen.

So wie es im Moment aussieht, dürfte er dort ohnehin eine blamable Niederlage riskieren. Zum einen lässt die Einmütigke­it der drei Westküsten­juristen vermuten, dass die Administra­tion auch vorm Supreme Court einen schweren Stand haben wird. Zum anderen ist von den neun Richterste­llen der höchsten Instanz eine, im Zweifelsfa­ll die entscheide­nde, seit Monaten unbesetzt. Daraus ergibt sich ein klassische­s Patt, bei dem sich vier eher konservati­ve und vier eher progressiv­e Juristen die Waage halten.

Erst wenn Neil Gorsuch, Trumps Kandidat für den vakanten Posten, vom Senat bestätigt ist, kippt die delikate Kräftebala­nce zugunsten der konservati­ven Seite. Obwohl auch dann nicht garantiert ist, dass sich die Exekutive durchsetzt, scheint doch sicher, dass sie bei der gegenwärti­gen Vier-gegen-vier-Konstellat­ion am Ende den Kürzeren zieht: Sollte es vorm Obersten Gericht unentschie­den ausgehen, würde die Causa Einreiseve­rbot zurück an die Instanz wandern, die sie mit einer einstweili­gen Verfügung stoppte. Das Bundesgeri­cht in Seattle würde sich ihrer von Neuem annehmen, und dass der Präsident dort nicht die besten Karten hat, scheint offensicht­lich.

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FOTO: DPA Bob Ferguson

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