Trump scheitert mit Einreisestopp erneut
Ob die US-Regierung vor das Oberste Gericht zieht, ist noch unklar
- US-Präsident Donald Trump ist mit seiner Einreisesperre vor einem Berufungsgericht in San Francisco erneut gescheitert. Das Urteil der drei Richter war einstimmig gefallen. Keiner stellte sich auf die Seite des Präsidenten, auch nicht Richard R. Clifton, einst von George W. Bush ernannt, der Konservativste der Runde.
Die Regierung, so lautet die Begründung, könne die spezifische Terrorgefahr, die sie ihrem Dekret zugrunde lege, nicht überzeugend beweisen. Sie könne nicht belegen, dass von den Staatsangehörigen jener sieben Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, denen sie die Einreise vorübergehend untersagen will, eine besondere Bedrohung ausgehe.
Keine Argumente für den Stopp
Das Weiße Haus habe keine Beweise vorgelegt, nach denen irgendein Bürger dieser Staaten in den USA einen Anschlag verübte. Statt die Notwendigkeit des Verbots zu erklären, ziehe es sich auf die Position zurück, dass die Justiz die Entscheidung des Präsidenten nicht auf den Prüfstand stellen dürfe, rügten die Richter.
In der Praxis bedeutet das Urteil, dass Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer die Grenzen der Vereinigten Staaten weiterhin passieren dürfen, sofern sie ein gültiges Visum besitzen. Auch Flüchtlinge aus aller Welt, deren Aufnahme Trump für vier Monate unterbrechen wollte, sind nach wie vor willkommen. „Das ist ein kompletter Sieg für den Bundesstaat Washington“, triumphierte Washingtons Generalstaatsanwalt Bob Ferguson, der das Dekret als Erster angefochten hatte. „Wir sind eine Nation der Gesetze. Diese Gesetze gelten für alle, und dazu gehört auch der Präsident der Vereinigten Staaten.“
Was das Gericht allerdings nicht beantwortet, ist die Frage, ob es sich bei Trumps Verfügung um einen Verfassungsverstoß handelt und ob die Order eine bestimmte Religionsgruppe, in diesem Fall Muslime, diskriminiert. Es gebe zu wenig Anhaltspunkte, um dies zu beurteilen, heißt es zur Begründung. Generell habe man abwägen müssen. Einerseits habe die amerikanische Öffentlichkeit ein starkes Interesse an Sicherheit ebenso wie an einem Präsidenten, der seine Politik danach ausrichte. Andererseits habe sie ein ebenso starkes Interesse an unbehindertem Reiseverkehr und dem Grundsatz, dass niemand benachteiligt werden darf. Mit der Einreisesperre aber seien ausländischen Reisenden ihre Rechte genommen worden, zumal es kein legales Prozedere gebe, bei dem sie diese geltend machen könnten.
Wie Trump mit dem Richterspruch umzugehen gedenkt, stellte er bereits wenige Minuten nach dessen Verkündung klar, und diesmal nicht nur in einem Tweet. „Wir haben es mit einer Lage zu tun, in der die Sicherheit unseres Landes auf dem Spiel steht, und es ist eine sehr, sehr ernste Lage“, sagte er vor Reportern im Weißen Haus. Die Entscheidung der Richter sei eine politische, „aber wir werden den Fall gewinnen“. Er freue sich auf den Prozess. Ob es jetzt dazu kommt, ist jedoch fraglich. Wie CNN am Freitagnachmittag (Ortszeit) unter Berufung auf nicht genannte Quellen berichtete, plane die US-Regierung derzeit nicht vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen.
So wie es im Moment aussieht, dürfte er dort ohnehin eine blamable Niederlage riskieren. Zum einen lässt die Einmütigkeit der drei Westküstenjuristen vermuten, dass die Administration auch vorm Supreme Court einen schweren Stand haben wird. Zum anderen ist von den neun Richterstellen der höchsten Instanz eine, im Zweifelsfall die entscheidende, seit Monaten unbesetzt. Daraus ergibt sich ein klassisches Patt, bei dem sich vier eher konservative und vier eher progressive Juristen die Waage halten.
Erst wenn Neil Gorsuch, Trumps Kandidat für den vakanten Posten, vom Senat bestätigt ist, kippt die delikate Kräftebalance zugunsten der konservativen Seite. Obwohl auch dann nicht garantiert ist, dass sich die Exekutive durchsetzt, scheint doch sicher, dass sie bei der gegenwärtigen Vier-gegen-vier-Konstellation am Ende den Kürzeren zieht: Sollte es vorm Obersten Gericht unentschieden ausgehen, würde die Causa Einreiseverbot zurück an die Instanz wandern, die sie mit einer einstweiligen Verfügung stoppte. Das Bundesgericht in Seattle würde sich ihrer von Neuem annehmen, und dass der Präsident dort nicht die besten Karten hat, scheint offensichtlich.